Votum in Papua-Neuguinea: Die Unabhängigkeit lockt

Bougainville stimmt für die Unabhängigkeit. Das könnte die strategischen Kräfteverhältnisse im Südpazifik weiter zugunsten Chinas verschieben.

Fröhliche Frauen

Stolze Teilnehmerinnen des Unabhängigkeitsreferendums in Buka Ende November Foto: Jeremy Miller/BRC/Reuters

BERLIN taz | Wird die Unabhängigkeit der Südsee-Inselgruppe Bougainville, die einst deutsches Kolonialgebiet war und deren Bewohner jetzt für die Trennung von Papua-Neuguinea stimmten, Pekings Einfluss im Südpazifik vergrößern? Das fürchten Strategen in Australien, Neuseeland und den USA.

Peking hatte den Südpazifik schon vor einiger Zeit in seine „Belt and Road Initiative“ aufgenommen, die als „Neue Seidenstraße“ bezeichnet wird, längst aber eine globale Ausdehnung hat.

Dabei dürfte der Ausgang des Referendums, das vom 23. November bis 7. Dezember stattfand, niemanden überrascht haben. Beobachter hatten mit einem Ja zur Unabhängigkeit gerechnet.

Trotzdem war das Ergebnis vom Mittwoch mit 97,7 Prozent Zustimmung unerwartet deutlich. Das erhöht jetzt den Druck auf Papua-Neuguinea, Bougainville wirklich in die Unabhängigkeit zu entlassen.

Papua-Neuguinea „braucht Zeit“

„Ich bitte um etwas Zeit, damit die Menschen in Papua-Neuguinea das Ergebnis annehmen und verarbeiten können“, sagte ein Regierungssprecher in Port Moresby.

Foto: Infotext Berlin

Positiv ist, dass es bei und nach dem Referendum absolut friedlich blieb, ein starker Kontrast etwa zur massiven Gewalt proindonesischer Milizen nach dem Unabhängigkeitsreferendum in Osttimor 1999, die eine internationale Interventionstruppe beenden musste.

Als Nächstes müssen Bougainvilles Autonomieregierung und die Regierung in Port Moresby das weitere Prozedere aushandeln. Das letzte Wort hat Papua-Neuguineas Parlament.

Der Chef der Referendumskommission, Irlands Ex-Premier Bertie Ahern, forderte am Mittwoch, das Ergebnis des Referendums anzuerkennen. Offiziell ist es unverbindlich. Mit der Unabhängigkeit der Inselgruppe mit 300.000 Einwohnern ist erst in einigen Jahren zu rechnen.

Tödliche Seeblockade

Das Referendum war Teil des Friedensabkommen von 2001, das den Bürgerkrieg (1988 bis 1998) auf der rohstoffreichen Inselgruppe beendete. Damals starben rund 15.000 Menschen, die meisten durch eine Seeblockade, die keine Lebensmittel und Medikamente mehr auf die Inselgruppe ließ.

Als Papua-Neuguinea jetzt nicht genug Geld für das 7,4 Millionen US-Dollar teure Referendum hatte, sprangen sofort die USA, Australien, Neuseeland und Japan mit 2 Millionen ein. Laut einem Agenturbericht ging es darum, China draußen zu halten, bevor es überhaupt angefragt wurde. China sollte nicht Geburtshelfer von Bougainvilles Unabhängigkeit werden.

Dabei ist Papua-Neuginea, bis 1975 eine Kolonie Australiens, längst der größte Empfänger chinesischer Hilfe im Pazifik. Das Land erhielt laut Lowy-Institute in Sydney von 2006 bis 2016 632 Millionen Dollar aus Peking.

China war es zuletzt im September gelungen, mit den beiden Pazifikstaaten Salomonen und Kiribati diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Voraussetzung dafür war, dass beide Länder ihre langjährigen Beziehungen mit Taiwan beenden, das Peking als abtrünnige Provinz sieht.

Die Regierungen der beiden Inselstaaten ließen sich jetzt von Chinas großzügigen Versprechen kaufen, die offenbar opulenter waren als die in Aussicht gestellten Mittel Taiwans.

Inzwischen gelten die pazifischen Marschall-Inseln, eines von nur noch 15 Ländern mit diplomatischen Beziehungen zu Taiwan, als womöglich nächster Staat, der von Taiwan zu China wechselt und damit Pekings Einfluss in der Region weiter vergrößern könnte. Die Inseln sind für die Kontrolle großer Seegebiete durch das US-Militär wichtig und waren der Ort vieler US-Atomtests.

Institut: Bougainville wird länger Hilfe brauchen

Laut Lowy-Institut ist Bougainville auf längere Zeit ökonomisch nicht allein lebensfähig. Die größte potenzielle Einnahmequelle wäre die Panguna-Mine, eine der weltgrößten Kupfer- und Goldminen. Der Wert der Vorkommen dort wird auf 58 Milliarden Dollar geschätzt.

Der einst weltgrößte Kupfertagebau in der Mine trug in den 1980er Jahren zu zwei Dritteln der Einnahmen Papua-Neuguineas bei. Doch die Anwohner hatten davon nichts außer massiven Umweltproblemen. Ihre Proteste nährten eine bewaffnete Unabhängigkeitsbewegung, deren „Ökokrieg“ 1989 Panguna stilllegte. Die Regierung von Papua-Neuguinea versuchte zum Teil mit ausländischen Söldnern den Widerstand zu brechen – vergeblich.

Inzwischen sind Schätzungen zufolge Investitionen von 4,5 Milliarden Dollar nötig, um die Panguna-Mine wieder starten zu können. Doch auch hier wird damit gerechnet, dass China daran das größte Interesse haben dürfte und am ehesten die benötigte Summe aufbringen kann. Geht das schief, könnte Bougainville seine Unabhängigkeit schnell wieder verlieren.

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