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Vorwurf der WildereiPrinz Emanuel und Bär Arthur

Heiko Werning
Kommentar von Heiko Werning

Ein Prinz hat den falschen Bären abgeschossen. Ihm wird Wilderei vorgeworfen. Warum Empörung über die Jägerei oft zu billig ist.

Arthur war wahrscheinlich der größte Braunbär Europas Foto: Agent Green

P rinz Emanuel und Bär Arthur – klingt nach einem rührenden Disney-Trickfilm, hat aber definitiv kein Happy End. Dabei wären die Voraussetzungen günstig: Arthur streift im Einklang mit der Natur durch die Wälder der rumänischen Karpaten, Prinz Emanuel von und zu Liechtenstein ist Nebenerwerbsadeliger und Arzt aus Österreich, der sich nach Wildnis und Natur sehnt. Eines Tages treffen die beiden ungleichen Charaktere aufeinander – nun müssten beide nur noch singen. In der tristen Realität allerdings fällt Arthur prompt tot um. Erschossen vom Prinzen.

Eine Zufallsbegegnung war das nicht. Der Prinz ist leidenschaftlicher Jäger und hat den Abschuss nach wohl von langer Hand über einen entsprechenden Anbieter vorbereitet. Eigentlich ist die Bärenjagd in Rumänien verboten, Ausnahmegenehmigungen gibt es aber für „Problembären“, die dem Menschen oder seinen Nutztieren chronisch zu nahe kommen. Der Abschuss kann dann ganz legal an solvente Jäger aus dem Ausland verkauft werden, die ein fünfstelliges Sümmchen dafür zu zahlen bereit sind.

Arthur allerdings war kein Problem-, sondern ein Prachtbär. Vermutlich sogar der größte Bär Europas, der sich klugerweise bislang offenbar tunlichst von Menschen ferngehalten hat, also keine Gefährdung darstellte. Die Abschussgenehmigung des Prinzen lautete auf eine bedeutend kleinere Bärin, Verwechslung ausgeschlossen. Entsprechend wird ihm nun Wilderei vorgeworfen und der Fall nun auch behördlicherseits untersucht. Der Prinz dagegen beliebt zu schweigen und will sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Tierschützer fordern angesichts des offensichtlichen Missbrauchs, die Trophäenjagd bei bedrohten Arten ganz zu verbieten.

Man muss ja nicht alles verstehen, was andere Leute in Wallung versetzt. Was Jäger dazu treibt, noch in den entferntesten Winkeln der Welt die schönsten und imposantesten Tiere abzuknallen, ist für Außenstehende kaum nachvollziehbar. Allerdings ist es für andere Menschen wiederum ganz rätselhaft, warum massenhaft Leute allsamstaglich in Fußballstadien ziehen oder sich Gedanken darüber machen, ob die Farbe ihrer Schuhe mit dem Top harmoniert.

Empörung ist zu billig

Die Empörung über die Jägerei im Allgemeinen und die Trophäenjagd im Besonderen ist daher oft allzu billig. Ist es wirklich amoralischer, ein Tier zum Spaß abzuschießen, das bis dahin immerhin gut gelebt hat, als sich Würstchen von zeitlebens gequälten Massentierhaltungsopfern auf den Grill zu hauen, obschon das eigene Überleben nun auch nicht gerade vom Bratmaxe-Konsum abhängt?

Bei großen Wildtieren gibt es heute praktisch keine Populationen mehr, die nicht gemanagt werden müssen. Auch die Elefanten in der afrikanischen „Wildnis“ unterliegen letztlich der Bestandskontrolle durch den Menschen, weil es so gut wie keine Gebiete mehr gibt, die groß genug sind, als dass die Tiere dort ungestört einfach leben könnten, wie sie wollen. „Management“ heißt in diesen Fällen schlicht: Abschuss.

Da ist der Gedanke naheliegend, die unschöne Notwendigkeit wenigstens zu nutzen, um Geld für den Artenschutz oder Einnahmen für eine arme Region zu generieren. Seit Jahrzehnten ist dieser Jagdtourismus eine wichtige Geldquelle für den Naturschutz. Zunehmend kommt dieses Vorgehen aber aus ethischen und fachlichen Gründen in Verruf. Es gibt gute Gründe für beide Positionen.

Ganz schlecht allerdings wäre es, die Trophäenjagd einfach zu verbieten, ohne für einen entsprechenden finanziellen Ausgleich für die betroffenen Länder und Schutzprojekte zu sorgen. Denn dann könnte Arthur und seinen Freunden dasselbe Schicksal wie vielen anderen Tieren drohen, für die sich niemand groß interessiert: Sie werden einfach ausgerottet.

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Heiko Werning
Autor
Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).
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10 Kommentare

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  • Eine kleine Anmerkung:



    Durch Fleischessen disqualifiziert man sich NICHT automatisch dafür, kritische Argumente gegen die Jagd vorzubringen.



    siehe:



    de.wikipedia.org/wiki/Whataboutism

    Gemeinsam nach vorn streiten!



    Gemeinsam um die beste Lösung ringen!

  • 'Die Empörung ist zu billig' lautet die Überschrift eines Abschnitts. Aber in diesem Fall ist es nur falsch.

    Er hat bezahlt für den Abschuss einer Bärin, die Schaden angerichtet hat. Er aber bildet sich ein er könne sich nach Gutdünken Über diese Vorgabe hinwegsetzen. Er meint, sein Dünkel wäre mehr als Gesetze. Das erinnert mich an Kohl, für den die selbst gemachten Gesetze nicht galten.

    Was ist die Konsequenz dieser Totballerei eines Nachfahrens von Dieben. Der Bär, der weiterleben sollte, ist tot, das andere Tier lebt weiter und wird sicherlich weiter Probleme machen. Es wird ziemlich sicher bald auch abgeschossen. Der bestimmt nicht ehrbare Herr hat also für einen weiteren Abschuss gesorgt.

    Im Artikel ist erwähnt, dass eine Verwechslung eigentlich nicht möglich ist. Wer einen Jagdschein hat, dem kann einen solch ein Irrtum eigentlich nicht passieren. Auch in anderen Medien wird genau gleich berichtet - ich habe nachgelesen!

    Er hat sich benommen wie einige seiner Kollegen mit einem 'von und zu' vor dem Nachnamen. Vor einiger Zeit hat der spanische Ex-König in Afrika für gleiche Schlagzeilen gesorgt. In deren Mentalität gilt der absurde Wunsch, ein möglichst großes Tier abzuknallen.

    Wahrscheinlich wird es für den Schießwütigen keine Konsequenzen haben. Rumänien ist nicht gerade für für allzu wenig Korruption bekannt. Ein bisschen Schmieren durch blaues Blut hilft. In Österreich wird er wegen seiner Besitztümer wohl weiter ein gern gesehener Gast sein. Seinen Jagschein wird er auch nicht verlieren.

  • Wäre die Wilderei in Kenya begangen worden, würde es gar nicht bekannt werden.



    vgl. den Film 'Safari' von Ulrich Seidl 2016 www.ulrichseidl.co...sseur/filme/safari

  • "Ist es wirklich amoralischer, ein Tier zum Spaß abzuschießen, das bis dahin immerhin gut gelebt hat, als sich Würstchen von zeitlebens gequälten Massentierhaltungsopfern auf den Grill zu hauen,"

    Ein typischer Fall falscher Dichotomie. Man braucht keine Tiere essen.

  • Ich finde die im Artikel aufgemachte kritische Perspektive interessant. Die als Heuchelei demaskierte Empörung seitens Omnivorer*innen und Vegetarier*innen, wo sie doch selbst an der Einteilung der Tiere in "Nutztiere" und von dessen unter Qualen erzeugten Produkten profitieren. Neben dem Ziele Fleischproduktion werden eben auch für Milch und Eierproduktion Millionen Tiere gequält und getötet. Auf der anderen Seite die idealisierte Natur, der die "Wildtiere" zugeordnet werden. Eine Natur, die es kaum noch gibt, sondern zunehmend von Menschen zerstört, vergiftet und zersiedelt ist - gerade hierzulande. Hiesige "Wildtiere", um die gestritten wird, ab wann es gerechtfertigt wäre, sie zu töten, um sich gleichermaßen über "Wilderei" in anderen Ländern zu empören. Das Eintreten für "Wildtiere", der "Tierschutz" (diesbezüglich sind "Haustiere mitzudenken) als Farce, als Feigenblatt für die imperiale Lebensweise. Ginge es tatsächlich um die Tiere, deren Wesen und Interessen, müsste mensch sich grundlegender Gedanken über menschliches Handeln machen und Verhältnisse verändern.

  • .... Das Etikett »größtes Raubtier des Planeten« hätte sich Homo sapiens aus moralischer Sicht allerdings verdient...



    ... Der 17-jährige Arthur, wie der Bär genannt wird, genießt in Rumänien eine gewisse Popularität. Allein aufgrund des Größenunterschieds ist es unwahrscheinlich, dass Arthur versehentlich erschossen wurde. Tierschützer*innen sprechen von einer Trophäenjagd und prüfen Klagen wegen des Verstoßes gegen das Jagdgesetz. Auch die rumänischen Behörden ermitteln....



    Wie das ausgeht, dürfte schon wieder feststehen.



    Problemprinz



    www.neues-deutschl...-problemprinz.html

    Enteignen!

    de.wikipedia.org/w...n_S%C3%BCden_1.JPG



    Die Kohle für Schutzprojekte einsetzen.

  • Eigentlich geisterte mir irgendwas mit Französischer Revolution im Hinterkopf herum. Habe ich aber wieder vergessen.

    Würstchen? Versuche ich zu vermeiden. Aus Billigfleisch um so mehr.

    Und Fussball am Samstag? Verstehe ich auch nur sehr bedingt.

    Nein, ehrlich. Diesen reichen Adel, der sich einbildet, ihm stünde alles mögliche zu, den brauchen wir nicht mehr. Ab nach Disneyland mit.

    • @tomás zerolo:

      Künstlerisch ist nichts vergessen!

      Zum grandios komponierten, weihevoll voranschreitenden Finale, über das sich das letzte "Salve Regina" der Karmeliterinnen erhebt, klettern schwarz gekleidete Chordamen auf ein Podest.



      Immer wenn das scharfe Geräusch der Guillotine



      im Orchester erklingt, geht eine zum zentral postierten Kopiergerät, legt ihren Kopf auf die Glasfläche und hängt das entstandene Porträt an eine Wäscheleine.

    • 0G
      04970 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      "Diesen reichen Adel, der sich einbildet, ihm stünde alles mögliche zu, den brauchen wir nicht mehr. Ab nach Disneyland mit."

      Und die sogenannten "Adelsexpert*Innen" (die mit "Adelsgroupies" sehr viel treffender bezeichnet wären) gleich dazu.

      • @04970 (Profil gelöscht):

        Wenn die Adelsexperten auftauchen, bekomme ich auch immer zu hören, bleib ruhig, keinen Waffeneinsatz.



        Da habe ich aber schon meine Paintball- Gun inne Hand und mähe, erbarmungslos Seels und Manns und Berts umme Ecke wech.