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Vorwahlniederlage von Liz CheneyFür die Demokratie verloren

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

US-Politikerin Liz Cheney, einst Trump-Anhängerin, ist politisch kaltgestellt worden. Die Vorwahlen zeigen den Verfall der Republikanischen Partei.

Eine Anhängerin der siegreichen Kandidatin Harriet Hageman in Wyoming Foto: Eli Imadali/reuters

W äre die US-Politik noch geprägt von leidlich zivilisiertem Streit zwischen politischen Ansichten, Ideologien, Interessen, Haltungen und Argumenten – Linke und Liberale würden die konservative Abgeordnete Liz Cheney aus Wyoming aus vollem Herzen als politische Gegnerin angehen. In keinem einzigen Punkt ihrer Agenda gibt es Überschneidungspunkte mit einer modernen, aufgeklärten und vernunftbasierten Politik, egal ob es nun um Frauenrechte, Sozialpolitik, Waffengesetze oder Klimaschutz geht.

In all diesen Fragen bewegt sich die Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney, einem der Architekten des völkerrechtswidrigen Irakkriegs, mitten im rechten Mainstream der Republikanischen Partei.

So hatte sie auch kein Problem damit, Donald Trumps Politik vier Jahre lang engagiert zu unterstützen. Wie so viele andere Republikaner*innen, die ganz genau wussten, was da für ein Präsident regierte, nahm sie seine Tausenden von Lügen genauso hin wie die fortschreitende Vergiftung des politischen Diskurses. Nur die letzte große Lüge über den angeblichen Wahlbetrug machte Cheney nicht mit – vielleicht in der Annahme, dass das auch den meisten anderen zu weit gehen würde.

Ein Irrtum. In der Partei, deren Übernahme durch den Trumpismus auch sie schweigend ermöglicht hat, reichte das, um ihre politische Karriere zu beenden. Bei der Vorwahl am Dienstag unterlag sie krachend der Trump-Kandidatin Harriet Hageman und wird im Januar aus dem Kongress ausscheiden.

Für die einen ist sie damit eine Märtyrerin für Demokratie und Rechtsstaat. Die Häme, die Trump-Un­ter­stüt­ze­r*in­nen jetzt kübelweise über Cheney ausschütten, bestätigt sie in der Verklärung Cheneys als Heldin.

Dabei ist die Botschaft dieser Niederlage erst einmal genau die von Trump gewünschte: Wer sich gegen mich stellt, wird zerquetscht. Und noch immer sucht man vergeblich nach Anzeichen dafür, dass sich daran irgendetwas ändern könnte. Die Republikanische Partei gibt es nicht mehr – es ist eine Partei aus der Parallelwelt, dem Führerkult ergeben, für die Demokratie verloren.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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4 Kommentare

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  • Was ist denn in den letzten Tagen los, wen interssiert denn diese Cheney?

    • @Fabian Wetzel:

      Mich.



      Cheney ist so ein bisschen der Lackmus Test, ob da noch irgendein Fünkchen Demokratiefähigkeit in der GOP vorhanden ist.



      Nein.

  • "...den Verfall der Republikanischen Partei"? Nein, es zeigt, dass die Trumpisten nicht aufgehört haben, an den Unfug erzählenden Dauerwellen-Clown zu glauben. Schöpfen sie doch Hoffnung, dass er die nächste Präsidentenwahl doch wieder gewinnt und fleissig Posten verteilt.

  • "In keinem einzigen Punkt ihrer Agenda gibt es Überschneidungspunkte mit einer modernen, aufgeklärten und vernunftbasierten Politik".

    Wär Vernunftbasiertheit nur für die eigene Weltsicht reklamiert und sie dem politischen Gegner ständig und vollumfänglich abspricht, dürfte für die Demokratie auch verloren sein.