Vorstoß für Parität in Niedersachsen: Der schwache Wille der CDU
Die Vorschläge der niedersächsischen SPD für ein Paritätsgesetz werden dank der mutlosen CDU wohl nur Vorschläge bleiben. Wie schade.
P aritätsgesetze sind juristisch umstritten, ja. Die Parteienautonomie und das Benachteiligungsverbot aufgrund des Geschlechts übertrumpfe Artikel 3, Absatz 2 des Grundgesetzes, so die Kritik. Darin heißt es: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“
Trotzdem haben Brandenburg und Thüringen 2019 mutig vorgelegt und Paritätsgesetze verabschiedet, die bereits bei den nächsten Landtagswahlen gelten und quotierte Landeslisten vorsehen. CDU und AfD stimmten in beiden Landtagen gegen das Gesetz – weil es verfassungswidrig sei.
Aber noch hat das Bundesverfassungsgericht nicht geurteilt – und über was sollte es urteilen, wenn die Landtage aus Sorge, es könnte kassiert werden, erst gar nichts beschließen? Paritätsgesetze sind die logische Konsequenz auf ein massives Problem mit der gesellschaftlichen Repräsentanz in den Parlamenten: Die Frauenquoten von gut 30 Prozent im Bundestag und von 20 bis 40 Prozent in den Landtagen sprechen für sich.
Und es hat sich gezeigt, dass Selbstverpflichtungen keinen zufriedenstellenden Effekt haben. Auch wenn die niedersächsische CDU sagt, sie sei auf einem guten Weg: Ihre männlich dominierte Landesliste und zahlreiche Direktkandidaten sagen etwas anderes. Und dabei erkennt die Partei das Problem ja an, wie sie behauptet. Sie traut sich jedoch nicht, eine gewagte, aber naheliegende Lösung mitzutragen. Das ist mutlos.
Niedersachsen könnte Neuland beschreiten
Sollten die Paritätsgesetze tatsächlich vom Bundesverfassungsgericht kassiert werden, so kann dem vom Gesetzgeber mit einer Grundgesetzänderung begegnet werden. Selbigen Weg beschritt Frankreich bereits im Jahr 2000, um den Weg für ein Paritätsgesetz freizumachen. Und die Präzedenzwirkung eines Urteils aus Karlsruhe, welches den Grundsatz der Geschlechtergerechtigkeit höher gewichtet als die Parteienautonimie, ist leicht auszumalen.
Ebenfalls verfassungsrechtlich kritisch: die Rolle des dritten Geschlechts. Hier kann sich Niedersachsen aber an Brandenburg und Thüringen orientieren, wo Menschen, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen, auf allen Listenplätzen kandidieren dürfen. So könnte in Niedersachsen künftig in einem Wahlkreis etwa eine Trans*-Person der SPD und eine Frau der CDU gewinnen. Alles machbar also, genauso wie monetäre Sanktionen für Parteien, die einfach nicht genug Frauen zu finden meinen.
Mit zwei Vorschlägen könnte die SPD in Niedersachsen sogar Neuland beschreiten, denn sie wollen im Gegensatz zu Thüringen und Brandenburg die Direktmandate antasten, nicht nur die Landeslisten. Dies bietet mehr Kritikpunkte, aber auch weit mehr erhoffte Wirkung.
Aber soweit ist Niedersachsen wohl noch nicht. Dank der CDU wird das Land in dieser Legislaturperiode wohl nicht mehr mit Brandenburg und Thüringen gleichziehen. Vieles ist am Ende eben eine Frage des politischen Willens.
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