piwik no script img

Vorsitz der Unionsfraktion im BundestagVolker Kauder ist abgewählt

Die Unions-Fraktion im Bundestag wählt den langjährigen Vorsitzenden Volker Kauder ab. Für die Kanzlerin ist das ein schwerer Rückschlag.

Abgelöst: Merkels Vertrauter Volker Kauder Foto: ap

Der Neue will keine Zeit verlieren. Während der laufenden Fraktionssitzung verlässt Ralph Brinkhaus für drei Minuten den Saal, um sein erstes Statement als Fraktionschef abzugeben. „Jetzt geht es darum, ganz schnell wieder an die Arbeit zu kommen“, sagt der 50-Jährige auf der Fraktionsebene des Bundestags. „Wir haben anspruchsvolle Projekte vor und insofern ist es auch gut und richtig, dass wir gleich unsere Fraktionsführung weiter durchwählen. Dann sind wir morgen auch wieder dabei, das zu tun, was die Menschen von uns erwarten – nämlich an der Sache zu arbeiten.“ Dann verschwindet Brinkhaus wieder im Fraktionssaal.

Kurz zuvor war ihm am Dienstagnachmittag die Überraschung gelungen: Mit 125 zu 112 Stimmen gewann er die turnusmäßige Wahl zum Unionsfraktionschef gegen Amtsinhaber Volker Kauder. Der hatte den Posten 13 Jahre lang inne, musste sich zuvor nie einem Gegenkandidaten stellen und galt als Vertrauter der Parteichefin. Er organisierte Merkel zuverlässig Mehrheiten unter den Unionsabgeordneten. Die Kanzlerin hatte ihn auch dieses Mal zur Wiederwahl vorgeschlagen und stärkte ihm bis zuletzt den Rücken.

Ein Abgeordneter berichtet der taz, Merkel habe am Dienstag noch in der Fraktionssitzung Wahlkampf für Kauder betrieben. Ihr Argument: In schwierigen Zeiten sei ein vertrautes Verhältnis zum Fraktionschef wichtig, Kauder sei ihr ein treuer Gefährte. Warum es für den Amtsinhaber am Ende trotzdem nicht reichte? Den Ausschlag gegeben habe wohl die missratene Diskussion um Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, glaubt der Abgeordnete.

Viele Fraktionsmitglieder, besonders aus Ostdeutschland, hätten wohl auch Angst, ihre Wahlkreise an die AfD zu verlieren. „Die wollten etwas tun.“ Entsprechend klangen nach der Entscheidung die Reaktionen aus der Fraktion. So twitterte zum Beispiel Christian Hirte, stellvertretender Landeschef in Thüringen: „Wir haben in den letzten Jahren und Monaten bei Stimmungen im Land nicht immer richtig hingehört.“

Damit hatte niemand gerechnet

Mit einem Wahlsieg für Brinkhaus hatten sie auch in der Fraktion nicht gerechnet

Als Gradmesser für die Stimmung in der Union galt die Abstimmung schon vorab: Ein klarer Sieg Kauders hätte gleichzeitig Merkel bestätigt, ein knapper Sieg hätte sie bereits beschädigt. Und eine Niederlage? Damit hatte bis zum Nachmittag niemand wirklich gerecht.

Umso heftiger fielen nach Kauders Schlappe die Reaktionen aus den anderen Fraktionen aus. „Das ist ein Aufstand gegen Merkel“, sagte Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD). „Das ist der Anfang vom Ende der Groko. Die Autorität der Kanzlerin in ihrer eigenen Fraktion ist offiziell zerstört“, sagte Alexander Graf Lambsdorff (FDP). „Die Wahl ist ein Ausdruck dafür, dass das System Merkel zu Ende geht“, sagte Sahra Wagenknecht (Linkspartei).

Und die Kanzlerin selbst? Merkel kam erst vierzig Minuten nach Brinkhaus aus dem Fraktionssaal und gestand dann ganz nüchtern ihre Niederlage ein. „Wir hatten ja heute die Wahl zum Fraktionsvorsitzenden“, sagte sie. „Ralph Brinkhaus hat heute die Mehrheit der Stimmen bekommen und ich habe ihm natürlich gratuliert und ihm auch gute Zusammenarbeit angeboten. Das ist eine Stunde der Demokratie, in der gibt es auch Niederlagen und da gibt es nichts zu beschönigen.“ Fragen beantwortete sie danach nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • Aber hallo! Ist das nicht eher eine satte Niederlage für Kramp Karrenbauer?



    Müsste nicht sie als Generalsekretärin eher am Puls der Zeit sein!



    Ich bin kein Fan von Merkel, aber in dem Fall: es ist Aufgabe ihrer Hansel, ein Ohr für Stimmungen zu haben! Es ist eine verdammt hohe Niederlage, also war vorher schon nicht alles eiapopeia!



    ('uns' Merkel muß sich mit außer-Haus Despoten rumschlagen!)

  • Ja wie*?* Ist doch auch mal schön.

    Wenn in der CDU mal was richtig gemacht worden ist.



    Endlich mal. Schön dock - daß wir dsas noch zu Lebzeiten erleben dürfen. Woll.



    &



    Dieser Ralph Brinkhaus - gestern erstmals wahrgenommen -



    Kommt zwar wat slim - bemüht-staccatohaft rüber.



    Aber doch allemal gut - Wenn der unsägliche Herr Kauder -Dee ahl Schmierlapp van Insuffizienz! Newahr.



    Sich in der zweiten Reihe mal wieder einen - Jau.



    Da bin ich Maoist! - Ha no. Verkaudern muß. Gellewelle.



    Dieser Schwaadlapp - mit´m Rückgrat einer Salatschnecke. Newahr. Normal.

    unterm-----Na. Luurens all --;)



    Nu. Unser FDJ-Winkelement - Sitzt sich das doch eh wat locker. Kohlweis. Aber Sowat Von - kerr!



    Ja wie*?*: Da hett die doch Abo&Rente drauf



    Na - Si´cher dat. Da mähtste liggers - nix so fix.



    Njorp.

  • Es bröckelt...

  • Bemerkenswert, wie nicht ein Wort bzgl. Kauders politischer Überzeugungen verloren wird.

    • @BigRed:

      Wer den Cheflobbyisten von Heckler & Koch noch nicht kennt, kann sich hier schlau machen:



      de.wikipedia.org/w...itionen_und_Kritik



      Insgesamt so ein richtig nettes Kerlchen.

    • @BigRed:

      Kauders politische Überzeugungen? Hat er welche? Ich meine außer den Umsatz von H&K zu steigern.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        "außer den Umsatz von H&K zu steigern"



        Ja klar, Leben schützen.



        Ungeborenes natürlich.