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Vorratsdatenspeicherung und EU-RechtAuf Kosten des Datenschutzes

EU-Staaten wollen bei der Vorratsdatenspeicherung die strenge Linie des Europäischen Gerichtshofs aufweichen. Der EuGH-Generalanwalt plädiert dagegen.

Wie lange, wann und mit wem er telefoniert? Das wird gespeichert, die Polizei könnte es wissen wollen Foto: Danny Lawson/dpa

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) soll auch weiterhin „allgemeine und unterschiedslose“ Vorratsdatenspeicherungen als Verstoß gegen EU-Recht beanstanden. Das hat der unabhängige Generalanwalt Manuel Campos Sánchez-Bordona dem EuGH jetzt in drei Gutachten, sogenannten Schlussanträgen, empfohlen.

Bei der Vorratsdatenspeicherung müssen Telekom-Unternehmen speichern, wer wann wie lange mit wem telefoniert oder gesimst hat. Auch die Bewegung von Mobiltelefonen wird festgehalten. Die Daten sollen zur Verfügung stehen, falls die Polizei sie braucht.

Allerdings kassierte der EuGH 2014 die zugrundeliegende EU-Richtlinie als unverhältnismäßig. 2016 beanstandete der EuGH zudem nationale Speichergesetze in Schweden und Großbritannien. Bei vielen EU-Staaten stieß die EuGH-Linie auf Empörung und Ablehnung. Sie behielten ihre Vorratsdatenspeicherungen einfach bei.

Auf Klage von Bürgerrechtlern haben drei nationale Gerichte jetzt den EuGH gefragt, ob er auch mit Blick auf die Terrorbekämpfung an seiner harten Linie festhält. Konkret geht es um die Gesetze in Frankreich, Großbritannien und Belgien.

Hierzu nahm jetzt der aus Spanien stammende Generalanwalt Campos Sánchez-Bordona Stellung und empfahl dem EuGH, seine Linie fortzusetzen. „Wenn sich der Rechtsstaat allein auf die Wirksamkeit konzentriert, verliert er die Eigenschaft, die ihn auszeichnet, und kann im Extremfall selbst zu einer Bedrohung für den Bürger werden“, argumentierte Campos Sánchez-Bordona. Der Generalanwalt erkennt an, dass vor allem die Nationalstaaten für „nationale Sicherheit“ zuständig sind. Die EU könne aber Vorgaben machen, wenn der Staat Privatunternehmen zur Speicherung von Kundendaten zwinge.

Datenspeicherung im Notstand

Für denkbar hält der Generalanwalt eine Vorratsspeicherung mit einem Minimum an Daten. Zulässig könnte eine allgemeine Vorratsdatenspeicherung auch in einem „Notstand“ sein, etwa nach einem Terroranschlag. Eine „gezielte Vorratsdatenspeicherung“ in bestimmten Regionen und bei bestimmten Personengruppen hält der Generalanwalt aber für problematisch, da dies zu Stigmatisierungen führen könne.

Der EuGH wird in einigen Monaten sein Urteil verkünden. In Datenschutzfragen ist der EuGH meistens strenger als der Generalanwalt.

In Deutschland steht die Vorratsdatenspeicherung zwar im Gesetz, wird wegen der EuGH-Rechtsprechung aber nicht praktiziert. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Ende 2019 dem EuGH die Frage vorgelegt, ob auch das deutsche Gesetz mit seinen relativ kurzen Speicherfristen gegen EU-Recht verstößt. Die Große Koalition wartet derzeit auf diese EuGH-Urteile.

Der Verband der Internetwirtschaft (eco) freute sich über das Gutachten: „Eine allgemeine Vorratsdatenspeicherung ist immer diskriminierend und widerspricht jeder Unschuldsvermutung.

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1 Kommentar

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  • Schön, dass der Generalanwalt sich nicht so leicht überrumpeln lässt. Den "Notstand" auszurufen geht aber schneller als viele denken. Also ist selbst diese Ausnahmeregel mit Vorsicht zu geniessen.