Vorratsdatenspeicherung ohne Gesetz: Heiko Maas für europäische Lösung
Der Bundesjustizminister wartet auf eine VDS-Richtlinie aus Brüssel. Außerdem ist er optimistisch, dass Edward Snowden sich auch in Moskau befragen lässt.
BERLIN/HAMBURG afp/rtr | Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) schließt einen nationalen Alleingang bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung aus. Bevor nicht eine europäische Richtlinie vorliege, werde es in Deutschland kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung geben, sagte Maas Spiegel Online.
„Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs geht noch über die Entscheidung des Verfassungsgerichts hinaus, so dass ich mir neue Pläne für eine völlig anlasslose Speicherung von Daten nur schwer vorstellen kann.“ Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte der geplanten Speicherung von Daten ohne Verdacht auf Straftaten in einem Urteil vom April einen Riegel vorgeschoben.
Maas rechnet nicht damit, dass das Vorhaben in dieser Legislaturperiode noch einmal auf die Agenda der Bundesregierung kommt. Eine neue europäische Richtlinie würde Zeit brauchen, so der Justizminister. „Es besteht große Unsicherheit, ob eine anlasslose Speicherung, wie sie sich einige wünschen, rechtlich überhaupt noch möglich ist“, sagte Maas. Er kritisierte zudem Planspiele des Bundesnachrichtendienstes, künftig auch soziale Netzwerke in Echtzeit auszuspähen. „Rechtlich wäre eine massenhafte Ausspähung sozialer Netzwerke kaum zu begründen. Wer mitlesen will, braucht dafür gesetzliche Grundlagen“, sagte Maas.
Im selben Interview hat Maas eine Vernehmung des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden in Deutschland abgelehnt und ihn zur vollen Kooperation aus seinem russischen Exil heraus aufgefordert. „Aufklärung ist sein Anliegen, und deswegen gehe ich davon aus, dass er am Ende auch zu einer Befragung bereit sein wird, egal wo“. „Die Qualität seiner Aussage kann doch nicht am Aufenthaltsort hängen, das fände ich jedenfalls sehr merkwürdig“, fügte er hinzu.
Die Debatte über den Ort der Aussage Snowdens für den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags könne er „nur schwer nachvollziehen“, sagte Maas weiter. „Warum soll er das, was er längst öffentlich gesagt hat, nicht auch in Moskau wiederholen?“, fragte der Minister. Snowden habe „die Chance, dadurch zur weiteren Aufklärung beizutragen“. „Ich bin mir sicher, dass er diese nutzen wird“, sagte Maas.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen