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Vormarsch der US-AbtreibungsgegnerEtappensieg für Frauenfeinde

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Der Allianz aus Religiösen, Nationalisten und radikal Rechten geht es nicht um vermeintlich gute Gründe. Ihnen geht es ums Prinzip.

Ihnen geht es um das Prinzip: Abtreibungsgegner in Mississippi Foto: Jonathan Ernst/reuters

M anche mögen meinen, dass Abtreibungen nur in seltenen Ausnahmefällen möglich sein sollten. Und dass der Bundesstaat Mississippi das Richtige tue, wenn er das Zeitfenster für den Eingriff um Wochen verkürzen will.

Den radikalen Abtreibungsgegnern geht es jedoch weder um Fristen noch darum, ob eine Frau vergewaltigt worden ist oder welche Gründe auch immer sie zu der Entscheidung ­gegen das Kind bringen. Ihnen geht es um das Prinzip.

Die Allianz von konservativen Religiösen, Nationalisten und radikal Rechten kämpft seit einem halben Jahrhundert gegen das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Mit systematischer Methode setzen sie immer neue Gesetze, Regeln und finanzielle Hürden durch, die alle das eine große Ziel verfolgen: das generelle Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen.

Schon vor dem Grundsatzurteil von 1973 „Roe gegen Wade“ hat es in den USA Abtreibungen gegeben. Und es wird sie auch in Zukunft geben. Aber sie werden gefährlicher und sozial ungerechter sein. Frauen, die sich teure Reisen und Ärzte leisten können, werden sich zu helfen wissen.

Heuchelei, die zum Himmel stinkt

Wer kein Geld hat, wird die ungewollten Kinder bekommen oder bei EngelmacherInnen Hilfe suchen, bei denen die Eingriffe tödlich enden können.

Die Heuchlerei der selbst ernannten „Lebensschützer“ stinkt zum Himmel. Denn sie verteidigen zugleich „Freiheiten“, die nichts mit dem Schutz von Leben zu tun haben. Sie treten ein für das Recht auf Schusswaffen und für die Todesstrafe. Sie kämpfen weder gegen die extreme Armut noch gegen das Fehlen einer Krankenversicherung für Millionen.

Ihr Engagement gilt dem Festhalten an der alten Ordnung und Macht. Der Rest der Welt kann über die Rückwärtsgewandtheit der Konservativen in den USA den Kopf schütteln. Doch sollte sich niemand der Illusion hingeben, dass der Kreuzzug bei dem Verbot von Abtreibung und an den Grenzen der USA haltmachen wird. Ihre Netzwerke agieren längst global.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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5 Kommentare

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  • Selbst als Abtreibungsgegner gebe ich der Autorin vollkommen recht. Lebensschützer, die auf der anderen Seite für Schusswaffen und für die Todesstrafe sind, sind einfach nur Heuchler.

    Glaubwürdiger ist da die Position der christlichen Linken:



    - beim Umwelt- und Klimaschutz: für das Leben.



    - in der Seenotrettung: für das Leben.



    - gegen Kriege und Kriegswaffen: für das Leben.



    - in der Strafjustiz: für das Leben.



    - in Fragen zur sogenannten Sterbehilfe: für das Leben.



    - in der Abtreibungsfrage: für das Leben.

    Immer für das Leben.

  • Ich bin immer dafür Ross und Reiter klar zu benennen und meiner Meinung nach steht es nur den betroffenen Frauen alleine zu zu entscheiden ob Sie abtreiben möchten oder nicht.

    Nur die Überrschrift verwirrt mich, da bei den Abtreibungsgegnern auch genügend radikale Frauen dabei sind.

    Wäre "Ettappensieg für Abtreibungsgegner" nicht die bessere/richtige Überrschrift?

    Es kann aber auch sein dass ich ein Gedankenfehler habe, dann wäre es cool wenn mir jemand den Sinn hinter der Überschrift erklären könnte.

    • @Müller Christian:

      Da haben Sie recht. Umso mehr, weil ja auch etwa die Hälfte der Abtreibungsopfer ebenfalls weiblich sind. In manchen Ländern sind es sogar weitaus mehr, weil z.B. in Indien gezielt und diskriminierend Mädchen abgetrieben werden.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Wo sind die vielen Film- und Popstars, die sich lautstark gegen die religiös verwirrten Abtreibungsgegner stellen?



    Marlon Brando hat einst gezeigt wie es geht, als er sich für die First Nations eingesetzt hat - allein auf weiter Flur!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Die haben wahrscheinlich ins Gesetz geschaut und festgestellt, dass die jetzt durch den Supreme Court verhandelte Regelung von Mississippi mehr Rechte einräumt als die Deutsche Regelung?



      Oder aber sie sind dagegen, dass bis zur Geburt abgetrieben werden kann.



      Denn fast 2% der Abtreibungen finden im 6. Monat statt.



      Gibt es hier irgendjemanden der Abtreibungen (ohne medizinische Indikation) im 6. Monat verteidigt?