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Vorgaben für mehr KlimaschutzUnion bremst Umweltministerin

Nach dem Wahldebakel für SPD und Union bei der Europawahl macht Umweltministerin Schulze (SPD) beim Klimagesetz Druck. Die Union mauert jedoch.

Seit Jahren schiebt die Regierung die teure Wärmedämmung von Wohnhäusern vor sich her Foto: Imago-Images/Marius Schwarz

BERLIN taz | Wenn an diesem Mittwoch zum zweiten Mal das Klimakabinett tagt, könnte die Bundesregierung Konsequenzen aus der Europawahl ziehen. Nicht nur in Deutschland hatten Umwelt- und Klimathemen dominiert. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) machte bereits am Montag Druck, indem sie ihren umstrittenen Entwurf des Klimaschutzgesetzes an die anderen Ministerien sandte. Die Frage ist nun, ob die Unionsminister*innen konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen vorschlagen. Von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) war zunächst nichts zu hören.

Die Untätigkeit vieler Politi­ker*innen angesichts der Erwärmung der Erdatmosphäre wird als eine Ursache für die Stimmenverluste der Union, SPD und weiterer Regierungsparteien in Nachbarländern am vergangenen Sonntag gewertet. Schulze zog daraus den Schluss, das Klimaschutzgesetz einfach am Bundeskanzleramt vorbei in die Ressortabstimmung zu schicken. „Als Ressortchefin für Klimaschutz kann ich nicht länger auf die Befindlichkeiten in der Union Rücksicht nehmen“, kommentierte sie.

Der Gesetzentwurf, den die Bundesregierung bis Jahresende beschließen will, hing seit Februar in Kanzlerin Angela Merkels Verwaltung fest. Denn Spitzenpolitiker*innen von CDU und CSU wehren sich dagegen, für ihre Bereiche Verkehr, Bauen und Industrie konkrete Schritte zu benennen, um den Klimagas-Ausstoß entsprechend den internationalen Zusagen der Regierung zu verringern.

Deadline bis Mittwoch

Einen Kompromiss soll das Klimakabinett erarbeiten, in dem unter anderem die Minis­ter*innen für Umwelt, Verkehr, Bauen, Wirtschaft und Landwirtschaft sitzen. Es tagt im Anschluss an die normale Kabinettssitzung. An diesem Mittwoch müssen die Ressorts nun eigentlich Vorschläge für ausreichenden Klimaschutz bis 2030 nennen. Unterstützung erhielt Schulze von einigen Umweltverbänden. So forderte der BUND „den dringend nötigen stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien sowie eine Kehrtwende im Verkehrsbereich“.

Als besonders schwieriger Kandidat gilt Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), zuständig auch für den Wohnungsbau. Die teure Wärmedämmung alter Wohnhäuser ist ein heikles Thema, das die Regierung seit Jahren vor sich herschiebt. Laut Gesetzentwurf muss der Kohlendioxid-Ausstoß von Gebäuden bis 2030 um etwa 50 Millionen Tonnen auf etwa 72 Millionen im Jahr sinken. Seehofer „wird bei der morgigen Sitzung des Klimakabinetts Vorschläge für Maßnahmen im Bereich der Kohlendioxid-Reduktion im Gebäudebereich machen“, sagte nun ein Sprecher des Ministeriums. Seehofer selbst sprach kürzlich von einer „schrittweise steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung“.

Ob und was aus dem Wirtschaftsministerium kommt, wollten Altmaiers Mit­ar­bei­ter*innen nicht verraten. Das Ressort muss eine Reduzierung der Industrie-Abgase um rund 40 Millionen Tonnen bis 2030 bewerkstelligen.

„Als Ressortchefin für Klimaschutz kann ich nicht länger auf die Befindlichkeiten in der Union Rücksicht nehmen“

Svenja Schulze, Umweltministerin

Das Verkehrsministerium verweigerte ebenfalls einen Kommentar. Die Reduktionsverpflichtung beträgt hier rund 60 Millionen Tonnen, knapp 40 Prozent der heutigen Menge. Als Einzige hat bislang die Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) eine Liste mit weiteren Klimaschutz-Maßnahmen – beispielsweise weniger Stickstoffdünger und mehr Ökolandbau – vorgelegt.

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13 Kommentare

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  • News : Massiver Widerstand in der Union gegen Pläne zum Kohleaustieg www.faz.net/agentu...tieg-16213218.html

  • War doch klar, dass die Union mit Blick nach rechts und mit dem Ohr bei den Wirtschafts-Lobbyisten jetzt a) Zeit schindet um b) Vorschläge zu bringen, die ein wenig besser sind als der Müll, den sie bisher verzapft haben (Kohleausstieg 2038). Dann hoffen sie, dass das alle schlucken als "bestmögliche, alternativlose Lösung" nach dem Motto "besser das als gar nichts".

  • Tolle Lernkurve...



    Die CSU Minister sind erwartungsgemäss wie immer unterirdisch, bleibt zu hoffen dass die Union in den Wahlergebnissen der SPD möglichst bald folgt

  • es nuetzt nix, mit der CDU ist kein staat zu machen. solange die schluessel ressorts in echten wortsinn besetzt werden, wird sich nichts bewegen.

  • Hätte die SPD eigentlich die Möglichkeit das Gesetzt ohne Zustimmung der CDU dem Bundestag vorzulegen?

    Ob es dann eine Mehrheit hat, ist eine andere Frage, aber die Grünen würden mächtig unter Druck gesetzt und auch die Linke müsste Farbe bekennen.

  • Der Artikel ist schlicht und einfach falsch!



    Frau Schulze hatte schon Wochen vor der Wahl den Druck erhöht und Gesetzesvorschläge gemacht um die Unionsminister zur Umsetzung der Klimaziele zu zwingen.

    Sie stellen Frau Schulzes Engagement jedoch als eine Reaktion auf das Wahlergebnis dar, was schon rein chronologisch falsch ist. Nicht leugnen, das wird schon in der Artikelvorschau klar und direkt formuliert.



    Ich wusste nicht dass Grüne solche Nummern nötig haben.

    • @GrünerTee:

      Nur weil sie vor der Europawahl auch schon den Druck erhöht hat, widerspricht das doch nicht dem Artikel, auch nicht der Artikelvorschau. Die Ergebnisse der Europawahl haben ihr zusätzlichen Rückenwind gegeben.



      Ich kann ja verstehen, dass man sich als SPD-Anhänger wie ein Prügelknabe fühlen könnte, aber ihre Empörung ist dann doch ein bischen übertrieben.

  • Und die Neoliberalisten in der SPD mauern mit...

  • Wäre doch für die SPD die ideale Gelegenheit, die GrKo platzen zu lassen und den Schwarzen Peter den Blockierern von der Union zuzuschieben, statt weiter zu wurschteln bis man wirklich im einstelligen Prozentbereich angelangt ist!

    • @petermann:

      die SPD ist doch schon Geschichte.... und die CDU macht das einzig richtige..... Sie kloppt sich selbst den Sargnagel rein.... Danke CDU.... Die Zukunft ist Grün....

  • "Kanzlerin will beim Klimaschutz "noch bessere Antworten finden"" (ZEITonline, ebenfalls heute nachmittag)



    Ein Klimagesetz wär ein möglicher Anfang.



    "Die Union mauert jedoch."

    Naja, was sonst. Und die Institution die das Mauern begrünen soll ist das Klimakabinett. Wer fällt darauf noch rein.

  • Hat jemand was anderes erwartet? Solange Merkel am Ruder sitzt ändert sich Garnichts. Sie macht was ihr der Tiefe Staat ins Ohr flüstert. Dafür ist sie da.

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Die Damen und (vor allem) Herren der CDU/CSU haben den Warnschuss am letzten Sonntag wohl nicht gehört. Genau diese Untätigkeit ist es, die es für verantwortungsvoll denkende Menschen unmöglich macht, sie zu wählen! Und jetzt geht das offenbar genau so weiter, wie in den letzten verschenkten Jahren...