Vor Parteitag am Wochenende: AfD sucht Spitzenkandidat:in
Am Wochenende will die AfD ihr Wahlprogramm beschließen. Für Streit sorgt die Frage, mit wem an der Spitze sie in den Wahlkampf ziehen will.
Fünf Anträge dafür fordern, auf dem Parteitag auch die Spitzenkandidat:innen für die Bundestagswahl zu bestimmen. Das ist bislang nicht vorgesehen. In einer jüngst durchgeführten Onlinebefragung hatte sich die große Mehrheit der Teilnehmenden dafür ausgesprochen, die Spitzenkandidat:Innen in einer Urwahl zu küren.
Dass es dazu überhaupt kam, hat durchaus machttaktische Gründe. Das Lager um Jörg Meuthen im Parteivorstand dachte, so könne es missliebige Kandidat:innen besser verhindern. Damit aber hat sich die Partei in eine schwierige Lage manövriert. Denn die Urwahl soll erst durchgeführt werden, wenn alle Länder ihre Landeslisten aufgestellt haben.
Bis die Spitzenkandidat:innen gekürt sind, könnte es demnach noch Monate dauern. Die Anträge, die unter anderem von den Landesvorständen der fünf östlichen Bundesländer sowie von Niedersachsen und dem Saarland unterstützt, wollen sich deshalb über das Mitgliedervotum hinwegsetzen.
Meuthen bleibt wohl vorerst
Ein weiterer Antrag sieht die Abwahl von AfD-Chef Meuthen vor. Zudem soll Meuthen für die Kosten von fast 270.000 Euro, die durch Annahme einer illegalen Parteispende entstanden sind, in Regress genommen werden. Den Antrag haben 50 Mitglieder eingebracht, inzwischen soll er über 150 Unterzeichner:innen haben.
Dass dieser Antrag Erfolg haben wird, ist allerdings unwahrscheinlich. Zur Abwahl eines Parteichefs wird eine Zweidrittelmehrheit gebraucht, so viele Delegierte hat Meuthen dann doch noch nicht gegen sich aufgebracht.
Hinzu kommt, dass viele selbst aus dem „Flügel“-Lager, die Meuthen gern loswären, eher auf die reguläre Neuwahl des Bundesvorstands Ende des Jahres setzen. Von dem Parteitag in Dresden soll mit Blick auf die Bundestagswahl nicht erneut ein Signal der Spaltung ausgehen. Möglich also, dass es dieser Antrag gar nicht auf die Tagesordnung schafft.
Interessanter, allerdings auch deutlich komplizierter, ist der Streit um die Frage, ob die Delegierten in Dresden die Spitzenkandidat:innen wählen sollen – und wer die AfD in die Wahl führen soll. Eine Neubestimmung ist schon deshalb nötig, weil Fraktionschef Alexander Gauland diesen Job nicht noch einmal machen will. „Die Lage ist derzeit nicht so, dass ich mich danach dränge“, sagte der 80-Jährige bereits vor Wochen der taz.
Viel spricht für Tino Chrupalla
Seine Co-Chefin Alice Weidel gilt als angeschlagen. Sie ist, wie Meuthen, in eine Spendenaffäre verwickelt, wird in der Fraktion wegen mangelnder Führung und häufiger Abwesenheit kritisiert und hat sich tief in einen Kleinkrieg mit Meuthen verstrickt. Zudem hat die „Flügel“-kompatible Weidel noch gar nicht kundgetan, ob sie für den Posten noch einmal kandidieren will.
Viel spricht dafür, dass Tino Chrupalla auf Gauland folgen wird, auch wenn sich der Malermeister aus Görlitz öffentlich dazu noch nicht erklärt hat. Wie Gauland gilt Chrupalla, der auch AfD-Co-Chef ist, als „Flügel“-nah, der sächsische Landesverband hat ihn auf Platz eins der Landesliste gewählt. Offen aber scheint die Frage, wer aus dem Westen die zweite Hälfte des Spitzenteams wird.
Neben Weidel und NRW-Chef Rüdiger Lucassen wurde zuletzt die hessische Bundestagsabgeordnete Joana Cotar genannt, die erst Ende letzten Jahres in den Bundesvorstand aufgerückt ist. Die 47-Jährige, die aus Rumänien stammt, hatte der Jungen Freiheit gesagt, sie stehe „grundsätzlich bereit“. Cotar gilt als eine mögliche Kandidatin des Meuthen-Lagers. Denn natürlich ist der Streit um die Spitzenkandidatur auch ein Streit um die Macht in der Partei.
Wie dieser auf dem Parteitag am Wochenende ausgehen wird, ist nach Ansicht vieler in der AfD offen. Inzwischen wird sogar erwogen, einen der beiden Spitzenkandidat:innen auf dem Parteitag, den zweiten über eine Urwahl zu bestimmen. Strömungsübergreifend geht man aber davon aus, dass das Wahlprogramm, in dem vor allem Altbekanntes steht, weitgehend konfliktfrei abgesegnet wird.
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