Vor Abstimmung zu Griechenland: Hilfe beim Ausverkauf
Der Bundestag wird trotz Abweichlern das Hilfspaket für Griechenland verabschieden. In Athen könnte es zum Bruch bei Syriza kommen.
Bosbach übt seit Jahren massive Kritik an seiner eigenen Partei in der Griechenland-Frage. Er hält das Haftungsrisiko für die deutschen Steuerzahler für zu hoch, weil er glaubt, dass Griechenland die Kredite nicht pünktlich und vollständig zurückzahlt. Ähnlich sieht das Hans Michelbach von der CSU. Solange die „Schuldentragfähigkeit“ Griechenlands nicht gegeben sei, werde es sehr schwierig zuzustimmen, sagte der bayerische Landesvorsitzende der Mittelstandsunion.
Um ein Fiasko am Mittwoch im Bundestag zu verhindern, hatte Unions-Fraktionschef Volker Kauder Abweichlern damit gedroht, ihnen wichtige Ausschussposten zu entziehen. Das wiederum löste Widerspruch in der Union aus. Von „Druck“ war die Rede und von „freier Gewissensentscheidung“, die möglich sein müsse.
Deutlich ernster ist die Lage in Athen, wo Premierminister Alexis Tsipras nur noch mit Hilfe der Opposition regieren kann. In seiner Linkspartei Syriza vertiefte sich bei der Abstimmung über den neuen, bis zu 86 Milliarden schweren Bailout am Freitag die Kluft zwischen seiner Anhängern und dem linken Flügel, der das Hilfsprogramm und die damit verbundenen drastischen Sparmaßnahmen ablehnt. „Es zeichnet sich ein offener Bruch in Syriza ab“, berichtete die griechische Online-Zeitung Tovima.
Bei Vertrauensabstimmung droht Niederlage
Unklar ist, ob Tsipras die Krise schon in dieser Woche durch eine Vertrauensabstimmung lösen will. In diesem Fall droht ihm eine Niederlage, da die Opposition angekündigt hat, dem Linkspolitiker nicht das Vertrauen aussprechen zu wollen. Tsipras braucht jedoch Rückhalt, wenn er das unpopuläre neue Spar- und Reformprogramm umsetzen will. Es sieht unter anderem den massiven Ausverkauf griechischen Staatseigentums, eine Heraufsetzung des Rentenalters, die Aufhebung des Verbots von Massentlassungen und viele andere soziale Härten vor. Gegen die meisten der Maßnahmen hatte sich Tsipras noch im Juli selbst gesträubt.
Hart sind auch die finanziellen Auflagen. Um überhaupt Hilfe zu bekommen, muss Athen den Budgetüberschuss vor Schulden auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung steigern, also noch mehr sparen. Die nun zugesagten neuen Kredite ändern daran nichts. Von den ersten 26 Milliarden Euro fließen nämlich 10 Milliarden in die Rekapitalisierung der griechischen Banken. Der Rest geht zur Begleichung alter Schulden drauf, in Athen bleibt nichts hängen.
Kein Schuldenschnitt
Auch das drängende Schuldenproblem ist ungelöst. Auf Druck Schäubles und anderer Hardliner wurde die Entscheidung über mögliche Erleichterungen auf den Herbst vertagt. Einen Schuldenschnitt, also einen Verzicht der Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen, soll es jedoch nicht geben. Schäuble möchte Athen überhaupt nur entgegenkommen, wenn es alle Reformen komplett umsetzt.
Demgegenüber fordert der Internationale Währungsfonds (IWF) „entscheidende Schuldenerleichterungen“. Sollten die Europäer dabei nicht mitmachen, könne der IWF aus dem Griechenland-Programm aussteigen, deutete IWF-Chefin Christine Lagarde am Wochenende an. Genau das will Schäuble jedoch verhindern; ohne den IWF will er Griechenland nicht helfen. Der nächste Streit ist also programmiert – das Land ist noch längst nicht „gerettet“.
Im Bundestag dürfte trotz des Widerstands aus der Union das Rettungspaket verabschiedet werden. Die Frage ist nur, wie viele Abgeordnete am Ende dagegen votieren. Mitte Juni stimmten 60 Unions-Parlamentarier gegen weitere Hilfen für Griechenland.
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