Volksinitiative gegen Werbung in Hamburg: Grüne mögen Flimmerwerbung
Die Volksinitiative „Hamburg Werbefrei“ will das Aufstellen digitalisierter Werbetafeln beenden. SPD und Grüne sind noch nicht überzeugt.
Doch vor dem heutigen Treffen mit den Spitzen der Regierungsfraktionen von SPD und Grünen sollte sich die Initiative nicht allzu große Hoffnungen darauf machen, dass die Fraktionen dem Ziel der Initiative zustimmen oder wenigstens Kompromissbereitschaft signalisieren werden: Sowohl SPD als auch Grüne halten die wachsende Zahl großer digitalisierter und damit energieintensiver Werbeflächen für weitgehend unproblematisch. Die nächste Stufe auf dem Weg zu einem Volksentscheid bahnt sich damit an.
Nachdem die Aktivist:innen bis Oktober vergangenen Jahres rund 15.000 Unterschriften für ein Regulierungsgesetz von Werbetafeln im öffentlichen Raum gesammelt hatten, konnten sie am Dienstag ihre Argumente und ihren Gesetzesvorschlag den Abgeordneten vorstellen. So will Hamburg Werbefrei zum einem die in den vergangenen Jahren rapide gewachsene Zahl an digitalisierten Werbetafeln wieder auf null reduzieren: „Sie verbrauchen derzeit mindestens 6,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr“, beklagte Weise vor dem Ausschuss.
Damit würde mehr Strom verbraucht als die Haushalte von Stadtteilen wie der Veddel oder der Hafencity. „SPD und Grüne haben sich im Koalitionsvertrag selbst auf die Fahnen geschrieben, Hamburg zur ‚Modellstadt für den Klimaschutz‘ machen zu wollen“, sagte Weise.
Unfälle und Stromverbrauch
Auch die sinkende Verkehrssicherheit durch das zuletzt sprunghaft gestiegene Austauschen von herkömmlichen Plakatwechselanlagen führt die Initiative als Argument an. So sei die sogenannte Fixierungsdauer von Autofahrer:innen – wie lang sie also während der Fahrt auf eine hell glimmernde Tafel am Straßenrand schauen und damit nicht auf die Straße – deutlich gestiegen. Dies gehe aus Untersuchungen der Firmen hervor, die auch in Hamburg Betreiber der Werbetafeln sind.
Zwar hatte der Hamburger Senat bereits erklärt, dass ihm keine Unfälle in der Stadt bekannt seien, die auf den Einfluss von Werbetafeln zurückzuführen seien – jedoch weisen die Volksinitiator:innen darauf hin, dass geringere Ablenkungsmöglichkeiten die allgemeine Verkehrssicherheit erhöht.
Mit ihrem vorgeschlagenen Gesetz zur Regulierung von Außenwerbung auf öffentlichem Grund will die Initiative auch die Größe der Tafeln einschränken: Während an Hamburgs Straßenrändern immer mehr 10,5 Quadratmeter große Screens stehen, soll die maximale Plakatgröße auf einen Quadratmeter beschränkt sein.
Dadurch würden sich Werbetafeln, die auf öffentlichen Flächen stehen, nicht mehr „negativ auf das Straßen-, Orts- oder Landschaftsbild sowie die architektonische und städtebauliche Gestaltung auswirken“, argumentiert die Initiative.
Wichtige Einnahmequelle für Hamburg
Doch kaum eines der Argumente wollen SPD und Grüne gelten lassen. „Wir als SPD-Fraktion können der Initiative nicht viel abgewinnen“, sagt Ole Thorben Buschhüter, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. „Werbung gehört zu einer großen Metropole dazu“, findet er.
Eine Regulierung würde für die Stadt zudem finanzielle Einbußen bedeuten: Mehrere Millionen Euro kassiert sie jährlich von den Werbefirmen. Wie weit die Einnahmen durch ein Werberegulierungsgesetz sinken würden, wissen jedoch weder die Stadt noch die Initiative.
Ähnlich sieht es beim grünen Koalitionspartner aus, von dem sich die Volksinitiative durchaus Unterstützung erwartet hatte. Zwar erklärt auch Fraktionschef Dominik Lorenzen seine Sympathie für die Ziele der Initiative: „Die Frage, wie der öffentliche Raum aussehen soll, ist ein grünes Ur-Anliegen.“
Jedoch halten die Grünen die digitale Außenwerbung in bisheriger Form und im Ausmaß für einwandfrei: „Die Verträge, die wir darüber mit den Betreiberfirmen geschlossen haben, regulieren bereits angemessen die Außenwerbung in der Stadt“, sagt Lorenzen.
Kompromiss nicht in Sicht
Somit ist auch nach dem heute geplanten Gespräch zwischen den Volksinitiator:innen und den Fraktionsspitzen von Grünen und SPD kaum damit zu rechnen, dass sich ein Kompromiss abzeichnet. Sollte der Hamburger Senat nicht noch nach juristischer Prüfung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Initiativenziels anmelden und damit das Hamburgische Verfassungsgericht einschalten, könnte schon bald die nächste Phase in der Volksgesetzgebung beginnen.
Dann muss die Initiative 65.000 Unterschriften sammeln, damit sich die Bürgerschaft erneut mit der Initiative auseinandersetzen muss.Würde sie dann erneut ablehnen, käme es zum Volksentscheid.
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