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Volksbegehren Grundeinkommen in BerlinKlar gescheitert

Erstmals seit langem findet ein Volksbegehren nicht genug Unterschriften. Für einen Entscheid fehlen der Initiative zehntausende Unterstützer*innen.

Un­ter­stüt­ze­r*in­nen eines bedingungslosen Grundeinkommens am Alexanderplatz Foto: dpa

Berlin taz | Der Initiative Expedition Grundeinkommen ist es nicht gelungen, genügend Unterschriften für einen Volksentscheid über einen Modellversuch zum Grundeinkommen zu sammeln. In den vergangenen vier Monaten haben lediglich 125.000 Menschen in Berlin unterschrieben, teilte die Initiative am Dienstagmorgen mit. Mindestens 175.000 gültige Unterschriften wären für einen Entscheid nötig gewesen. Montagnacht war die Sammelphase zu Ende gegangen.

Laura Brämswig, Gründerin der Initiative, bewertete das Volksbegehren dennoch grundsätzlich positiv. „Natürlich sind wir enttäuscht, dass es erst einmal keinen Volksentscheid geben wird“, erklärte sie laut einer Mitteilung. „Aber wenn sich 125.000 Ber­li­ne­r*in­nen für den ersten staatlichen BGE-Modellversuch in Deutschland aussprechen, ist das ein klarer Handlungsauftrag an die Politik.“ Man habe „Großartiges erreicht“, indem in Berlin wieder über ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert werde.

Gesammelt wurde nicht für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle, sondern für einen wissenschaftlich organisierten und begleiteten Versuch, um empirische Daten zu sammeln, wie ein solches Grundeinkommen am besten umzusetzen sei. Der Plan der Initiative: 3.500 Menschen in Berlin sollten im Rahmen dieses Versuchs drei Jahre lang ein Grundeinkommen erhalten und damit machen können, was sie wollen. Die Kosten für das Land hätten etwa 70 Millionen Euro betragen.

Damit es in Berlin zu einem Volksentscheid kommt, müssen rund 175.000 für das Abgeordnetenhaus Wahlberechtigte innerhalb von vier Monaten unterschreiben. Ausgeschlossen sind damit Menschen unter 18, vor allem aber jene ohne deutschen Pass. Laut Angaben der Initiative betrug die Zahl der ungültigen Stimmen zwischen 20 bis 25 Prozent. Damit hätte sie insgesamt mindestens 240.000 Unterschriften zusammen tragen müssen, damit diese Hürde sicher genommen wird.

Das Scheitern war schon länger absehbar

Schon länger war klar gewesen, dass die Sammlung nicht so erfolgreich sein würde wie etwa jene der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Grund dafür waren offenbar fehlende Unterstützer*innen: „Wir waren zu wenig Sammelnde in den ersten Wochen. Wir hätten in dieser Zeit präsenter sein müssen“, hatte Brämswig der taz am vergangenen Freitag gesagt. Zudem habe die Initiative mit der Pandemie zu kämpfen gehabt: „Es waren einfach viele Un­ter­stüt­ze­r*in­nen krank.“

Dennoch hofft Brämswig darauf, dass das Thema nicht von der Tagesordnung verschwindet. „Teile der Berliner Koalition haben sich bei der Anhörung im Abgeordnetenhaus im vergangenen Sommer durchaus offen für unsere Forderungen gezeigt“, erklärte sie am Montagabend. „Wir hoffen sehr, dass sie daraus jetzt die richtigen Schlüsse ziehen, und sind offen für Gespräche.“

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6 Kommentare

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  • Hmmm die Idee ist super.. ABER an der Verlosung nehmen nur Spender teil und der Rest, der kein Geld spendet nimmt nur virtuell Teil, d.h. du bekommst eine Losnummer aber nimmst nicht an der Verlosung teil.

    Keine Ahnung ob es da um Hartz 4 EmpfängerInnen geht oder oder oder

    Lg

  • Ein Versuch(!) mit 3.500 Beteiligten? Jede/r empirisch arbeitende Wissenschaftler/in würde vor Freude in die Luft springen. Aber wenn es um eine aussagekräftige Studie gehen soll, genügen weitaus kleinere Teilnehmergruppen.



    Schon mit 100 Personen erreicht man eine sehr niedrige Fehlertoleranz. Und bereits ab 1000 Teilnehmenden kann man quer über alle Alters- und Einkommensschichten urteilen.

    Ich bin generell für ein BGE, allerdings sollte es so installiert werden, damit wir alle nicht das Gefühl erhalten, jeden Monat eine großzügige Spende erhalten zu haben. Wir leben bereits jetzt schon in einer Zeit, in der alle die Erwartung haben, der Staat kann und muss alles regeln.

    • @Mopsfidel:

      So ein Versuch klappt beim BGE aber nicht. Bei einem “richtigen” Versuch müsste man auch die Auswirkungen auf die gesamte Volkswirtschaft untersuchen, insbesondere auf Preise und Mieten. Ein BGE hat eben nicht nur individuelle und persönliche Effekte, sondern hätte enorme Konsequenzen für die ganze Wirtschaft. Was zB hindert Produzenten und Vermieter, ihre Preise bzw Mieten deutlich zu erhöhen, wenn sie wissen, dass die Konsumenten bzw Mieter mindestens tausend Euro zur Verfügung haben?

  • Schwer vorstellbar, dass es in Deutschland ganz anders ist als anderswo.



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    taz.de/Kommentar-S...inkommen/!5307085/



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    taz.de/Kommentar-F...inkommen/!5501274/



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    Ich denke, das Projekt ist nicht endgültig gescheitert, sondern prospektiv als Initiative/ Petition mit Volksbegehren auf 'Wiedervorlage'.

  • Mit den bedingungslosen grundeinkommen entlässt man wieder die aus der Verantwortung die eigentlich die Verantwortung zu tragen haben nämlich die Arbeitgeber. Faire Löhne und Faire arbeitsbedingungen die ehrenamtliches Engagement und berufliche Weiterbildung ermöglichen sind keine Sache von staatlicher alimentierung sondern grundrechte von Arbeitnehmern. Die Rechnung tragen dann wieder alle steuerzahler außer den großkonzernen die sich durch ihre steuersparmodelle wieder fein aus der Nummer herausziehen können.

  • Respekt, sich so einen Tritt aus der Bevölkerung noch schön zu reden.... Daraus ergibt sich einzig und allein dass diese Schnapsidee keine Mehrheit findet und auf die große Halde der unrealistischen Forderungen gehört.