Volksbegehren Grundeinkommen in Berlin: Klar gescheitert
Erstmals seit langem findet ein Volksbegehren nicht genug Unterschriften. Für einen Entscheid fehlen der Initiative zehntausende Unterstützer*innen.
Laura Brämswig, Gründerin der Initiative, bewertete das Volksbegehren dennoch grundsätzlich positiv. „Natürlich sind wir enttäuscht, dass es erst einmal keinen Volksentscheid geben wird“, erklärte sie laut einer Mitteilung. „Aber wenn sich 125.000 Berliner*innen für den ersten staatlichen BGE-Modellversuch in Deutschland aussprechen, ist das ein klarer Handlungsauftrag an die Politik.“ Man habe „Großartiges erreicht“, indem in Berlin wieder über ein bedingungsloses Grundeinkommen diskutiert werde.
Gesammelt wurde nicht für die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens für alle, sondern für einen wissenschaftlich organisierten und begleiteten Versuch, um empirische Daten zu sammeln, wie ein solches Grundeinkommen am besten umzusetzen sei. Der Plan der Initiative: 3.500 Menschen in Berlin sollten im Rahmen dieses Versuchs drei Jahre lang ein Grundeinkommen erhalten und damit machen können, was sie wollen. Die Kosten für das Land hätten etwa 70 Millionen Euro betragen.
Damit es in Berlin zu einem Volksentscheid kommt, müssen rund 175.000 für das Abgeordnetenhaus Wahlberechtigte innerhalb von vier Monaten unterschreiben. Ausgeschlossen sind damit Menschen unter 18, vor allem aber jene ohne deutschen Pass. Laut Angaben der Initiative betrug die Zahl der ungültigen Stimmen zwischen 20 bis 25 Prozent. Damit hätte sie insgesamt mindestens 240.000 Unterschriften zusammen tragen müssen, damit diese Hürde sicher genommen wird.
Das Scheitern war schon länger absehbar
Schon länger war klar gewesen, dass die Sammlung nicht so erfolgreich sein würde wie etwa jene der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Grund dafür waren offenbar fehlende Unterstützer*innen: „Wir waren zu wenig Sammelnde in den ersten Wochen. Wir hätten in dieser Zeit präsenter sein müssen“, hatte Brämswig der taz am vergangenen Freitag gesagt. Zudem habe die Initiative mit der Pandemie zu kämpfen gehabt: „Es waren einfach viele Unterstützer*innen krank.“
Dennoch hofft Brämswig darauf, dass das Thema nicht von der Tagesordnung verschwindet. „Teile der Berliner Koalition haben sich bei der Anhörung im Abgeordnetenhaus im vergangenen Sommer durchaus offen für unsere Forderungen gezeigt“, erklärte sie am Montagabend. „Wir hoffen sehr, dass sie daraus jetzt die richtigen Schlüsse ziehen, und sind offen für Gespräche.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“