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Volksbegehren Enteignen in BerlinKompromiss mit Potential

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Die Einigung auf eine Expertenkommission ist eine Chance – falls sie keine verfassungsrechtlichen Probleme findet.

Wollen im Regen tanzen, nicht im Regen stehen: Teil­neh­me­r:in­nen einer Mietendemo in Berlin Foto: imago-images

E s ist ein Minimalkompromiss, auf den sich SPD, Grüne und Linke in Bezug auf die Umsetzung des Enteignungs-Volksbegehrens geeinigt haben. Und doch ist es ein Kompromiss, mit dem gearbeitet werden kann, denn er bietet Perspektiven. Die Diskussion über die Vergesellschaftung der Bestände der großen privaten Wohnungskonzerne ist jedenfalls nicht vom Tisch. Im Gegenteil: Sie wird noch an Fahrt gewinnen.

Fast wäre die werdende Koalition geplatzt. Wie hätte es auch anders kommen können angesichts einer SPD-Chefin Franziska Giffey, die Enteignungen als rote Linien bezeichnet hatte, und einer Linken, für die die Umsetzung des Volksentscheids höchste Priorität genießt. Nun soll also eine Expertenkommission Wege einer verfassungsgemäßen Umsetzung prüfen.

Eine Kommission, die in drei Monaten ihre Arbeit aufnimmt, an der die Initiative beteiligt werden soll und die mit eigener Geschäftsstelle auch öffentlich ihre Ergebnisse kommuniziert, wird die Debatte mit Leben und Inhalt füllen – sofern ihre Besetzung überparteilich erfolgt. Wer sich sicher ist, dass Vergesellschaftung rechtssicher möglich ist, kann gelassen auf das Ergebnis warten und muss nicht befürchten, dass sie nur dazu dient, den mehrheitlichen Willen der Ber­li­ne­r:in­nen versanden zu lassen.

Das Ziel, 240.000 Wohnungen in die öffentliche Hand zu bringen, erstmals unter Zuhilfenahme von Artikel 15 des Grundgesetzes, ist nicht ohne umfangreiche Prüfungen zu erreichen. Die Hoffnung der Initiative, das von ihr erarbeitete Vergesellschaftungsgesetz könnte sofort umgesetzt werden, war überhöht.

Was fehlt, ist die Zusage, dass auch wirklich vergesellschaftet wird, wenn es einen rechtssicheren Weg gibt. Der SPD bleibt also die spätere Möglichkeit, sich – etwa mit Verweis auf die Kosten – gegen ein Gesetz zu stellen, was keine große Überraschung wäre. Die Initiative ist aber in dem Fall gerüstet, auf Grundlage der Ergebnisse einen neuen Volksentscheid anzustreben – diesmal gleich mit einem fertigen Gesetz.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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9 Kommentare

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  • 0G
    02854 (Profil gelöscht)

    "Was fehlt, ist die Zusage, dass auch wirklich vergesellschaftet wird, wenn es einen rechtssicheren Weg gibt."

    Gibt ja noch andere Faktoren z.B. die Kosten. Wenn ganz Berlin Pleite ist, ist auch niemanden geholfen.

  • Neo-SPD'ler wie Giffey oder ihr Chef Olaf Scholz waren immer gute "Freunde" von mancher Lobbys und der Industrie..

    Deswegen in letzer Wahlen viele ex CDU/FPD-Wählern haben den Herrn Scholz gewählt... Aufgrund der Angst vor Grünen und Linke...

  • Wie soll den die Besetzung einer solchen Kommission unparteilich erfolgen? Bereits durch die geplante Beteiligung der Initiative ist Parteilichkeit gegeben.

    Auch die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission ist nicht vereinbart, da sich der Senat die letzte Entscheidung vorbehalten hat.

    Letztendlich ist der Bruch der Koalition damit lediglich verschoben.

  • Ich frage mich ernsthaft, was die SPD veranlasst, bei der Vergesellschaftung von Wohnungen grundsätzlich eine rote Linie zu ziehen. Ist es wahltaktisches Kalkül, um nicht Wähler zu verschrecken, oder ist sie tatsächlich grundsätzlich dagegen? Ohne Diskussion, ohne Abwägung der Folgen, ohne ergebnisoffene Beratungen zur Wohnungslage?



    Diese Frage hätte ich wirklich gerne mal von Frau Giffey ehrlich beantwortet.

    • @Flachköpper:

      Weil es einfach Unsinn ist, zu glauben, dass die insuffiziente Berliner Verwaltung den Wohnungsbestand irgendwie besser (oder gerechter) an die Mieter bekommt. Berlin sollte sich aufmachen selbst Wohnungen zu bauen, bisher wurde das nur angekündigt. Vom Wegnehmen wird der Wohnraum nicht gerechter verteilt, im Gegenteil.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @Flachköpper:

      die spd will das viele geld wahrscheinlich für neue wohnungen ausgeben anstatt es vonovia und co in den rachen zu werfen. diese frage hat giffey übrigens während des wahlkampfs immer ganz ehrlich beantwortet

    • @Flachköpper:

      Ich bin zwar kein Anhänger der SPD und kann und will diese auch nicht vertreten, es sprechen jedoch sehr viele Dinge gegen eine Vergesellschaftung von Wohnungen:

      Rechtsordnung (die Vergesellschaftung ist aus guten Gründen noch nie angewandt worden), widersprüchliches Verhalten (man verkauft nicht etwas, was man sich zwangsweise zurück holt), unmittelbare Folgen für den Etat (da die Kosten nicht kalkulierbar sind), mittelbare Folgen für den Etat (da das Kreditrating sinkt und die Zinsen steigen), u.s.w.

      All das kann man ja Parteiintern beraten und braucht dafür keinen öffentlichen Kuschelreis.

      • @DiMa:

        Immobilien-Investoren bzw.



        -MehrfachBesitzer können langsam sehen, welche Probleme die andere Bürger haben...

        Und Zinsen würden wegen Enteignungen hochgehen???



        Ich konnte nicht mal lachen...

        Die Zinsen sind bei uns "künstlich" niedrig, weil viele Süd-Europäische Länder sonst pleite gehen würden..



        Mario Draghi und Christine Lagarde arbeiten hart dran, die Zinsen Null/Minus zu halten...

        Mit Inflation-Raten so hoch, nicht nur in DE, müssen Zinsen höher gehen..

        Nicht nötig zu sprechen über, dass die niedrige Zinsen so teuere Immobilien-Preise mitverursachen...

        • @Robert Boyland:

          "Und Zinsen würden wegen Enteignungen hochgehen???"

          Na klar Robert. Kreditagenturen berücksichtigen Ereignisse wie Enteignungen und stufen das Rating bei dann weit runter. Das konnten wir jüngst in Griechenland beobachten. Zinsen auf Staatsschulden (Land Berlin zuletzt rd. EUR 63 Mrd.) gehen dann bei der Refinanzierung schön rauf.

          Ist auch nicht weiter verwunderlich, keine Bank mag Sozialisierungen.

          Dann schließt sich der Kreis wieder. Die Wohnungen mussten damals wegen zu hoher Schulden/ Zinsen veräußert werden.

          Mit der EZB und den privaten Krediten hat das mal zu tun.