Volker Beck über den Asylkompromiss: „Das schwächt die Menschenrechtler“
Die neu erklärten „sicheren Herkunftsländer“ verletzen Menschenrechte. Besonders für LGBT-Aktivisten und Roma ist die Lage schwer, kritisiert der Grünen-Abgeordnete.
taz: Herr Beck, was bedeutet die Entscheidung für MenschenrechtsaktivistInnen in Ländern wie Serbien?
Volker Beck: Die Entscheidung von Bundestag und Bundesrat hat nicht nur Auswirkungen auf das Asylrecht, sondern auch auf die Menschenrechtsauseinandersetzung vor Ort. Schon jetzt vermarktet der serbische Botschafter das Prädikat „sicherer Herkunftsstaat“ als menschenrechtlichen Persilschein. Das schwächt die Menschenrechtler vor Ort: Wie kann man einem Land das Prädikat „sicheres Herkunftsland“ ausstellen, in dem die Polizei erklärt, dass sie nicht willens oder in der Lage ist, seine BürgerInnen vor Gewalt zu schützen, wie beispielsweise beim Belgrade Pride, oder in dem Roma massiven Diskriminierungen ausgesetzt sind?
Sind die Nöte der Bundesländer nicht auch nachvollziehbar?
Die Änderung wird die Länder tatsächlich überhaupt nicht entlasten. Der Bund muss Länder und Kommunen entlasten und unterstützen. Das hätte man etwa durch Aufhebung des ohnehin verfassungswidrigen Asylbewerleistungsgesetzes tun können. Dadurch hätten Flüchtlinge endlich auch eine anständige Gesundheitsversorgung bekommen.
Welcher Kompromiss wäre aus Ihrer Sicht noch vertretbar gewesen?
Das Konzept der sicheren Herkunftsländer differenziert nicht zwischen der Situation der Gesamtbevölkerung und besonders verletzlichen Gruppen, wie auf dem Balkan die Roma oder LGBTTI. Eine Erweiterung der Liste um diese drei Staaten ohne Änderung hieran halte ich für falsch.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten