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Völkermord an den ArmeniernGraue Wölfe im Audimax

Türkische Nationalisten relativieren in Duisburg den Genozid an den Armeniern. Die Uni hatte ihnen Räumlichkeiten bereitgestellt.

Der „Wolfsgruß“, auch bei den „Grauen Wölfen“ beliebt Foto: dpa

Duisburg taz | Zu Tumulten kam es am Dienstagabend an der Universität Duisburg-Essen. Anlass war eine Veranstaltung mit dem Buchautor Şahin Ali Söylemezoğlu, die sich um den Überfall auf die „Osmanische Bank“ in Konstantinopel im Jahr 1896 drehen sollte. Da Söylemezoğlu als Leugner des Genozids an den Armeniern bekannt ist, regte sich im Vorfeld und während des Vortrags selbst Protest gegen die Veranstaltung.

Im Vorfeld der vom Verein Türkischer Studenten organisierten Veranstaltung hatte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) die Raumvergabe der Universität für eine solche Veranstaltung kritisiert. In der Stellungnahme heißt es: „Die Bereitstellung universitärer Räumlichkeiten verhilft dem selbst ernannten Historiker, seinen kruden Thesen einen wissenschaftlichen Anstrich zu verpassen.“

Die Leitung der Universität veröffentlichte eine Pressemitteilung unter dem Titel: „Keine Zensur“. Darin sprach sie sich für einen „sachorientierten“ Diskurs aus, verurteilte gleichzeitig aber deutlich Thesen, die den Völkermord leugnen.

Zu der Veranstaltung im alten Audimax der Uni hatten sich etwa 80 Zuhörer eingefunden. Rund die Hälfte sympathisierte mit den Thesen Söylemezoğlus, der Rest protestierte im Saal und stellte immer wieder kritische Nachfragen. Dadurch kam es während des Vortrags mehrmals zu kleinen Tumulten. Türkische Nationalisten fertigten Porträtfotos von Kritikern an, diese protestierten lautstark dagegen. Zwischendurch baute sich ein Mann, im T-Shirt einer Kampfsportschule und mit Quarzsandhandschuhen ausgestattet, vor den Kritikern auf.

Am Rand der Veranstaltung wurde mehrfach der Gruß der rechtsextremen Grauen Wölfe gezeigt. Darauf angesprochen, sagte ein Grüßender, dies sei unter „türkischen Männern“ normal.

Inhaltlich nicht viel zu bieten

In einer weiteren Stellungnahme kritisierte der AStA, dass kein Vertreter des Rektorats anwesend war, um das Hausrecht auszuüben. Marcus Lamprecht, Vorsitzender der Studierendenvertretung, äußerte sich sehr kritisch: „Es kann nicht sein, dass an unserer Universität genozidleugnende Veranstaltungen stattfinden, in deren Rahmen außerdem noch Anwesende massiv bedroht und beleidigt werden.“

Inhaltlich hatte der Vortrag nicht viel zu bieten. Şahin Ali Söylemezoğlu stellte eine These vor nach der Großbritannien, Russland und armenische Gruppen den Überfall im Sommer 1896 inszeniert hatten um im Anschluss Istanbul zu besetzen. Als Beleg lieferte er dubiose „Geheimdokumente“.

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21 Kommentare

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  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Warum immer die Uni für so einen Mist herhalten müssen versteh ich einfach nicht. Die Uni ist kein Veranstaltungszentrum. Wenn ein Prof jemanden zu nem Gastvortrag einlädt, ist das eine Sache. Aber der Bund bunter Studentx (sic!) könnte seine Clubtreffen auch in der Shisha-Bar um die Ecke abhalten. Wieso die Uni für sowas ihre Räumlichkeiten und ihren guten Namen hergibt, ist mir schleierhaft.

  • Der Begriff der "Zensur" wird mir eindeutig zu inflationär gebraucht.

     

    Wenn ich die Vertreter bestimmter Thesen nicht bei mir haben will, dann ist das noch lange keine Zensur.

    • @sart:

      Sondern?

      • @H.G.S.:

        Hausrecht.

         

        Solange der Staat nicht gezielt praktikable Ausweichmöglichkeiten, bei denen man seine Thesen verbreiten kann, samt und sonders verhindert, kann man nicht von Zensur sprechen.

         

        Genauso wenig ist es ja Zensur, wenn Kommentare in einem Forum oder einer Kommentarspalte gelöscht werden.

  • Nach mir vorliegenden Geheimdokumenten gibt es tatsächlich weder graue Wölfe, noch türkische Männer - mit Ausnahme des Sultans Erdogan natürlich. Ein Sultan kann einfach keine Sultanine sein.

  • Asta ist zunächst ein weiblicher Vorname. Es gibt Hundehalter-/innen, die ihren Hund so nennen, aber ein Name ist nicht primär ein "Hunde- oder Schäferhundename". Nur am Rande ..

  • Und noch einmal, liebe taz-AutorInnen:

     

    AStA ist eine Abkürzung für ein Organ der verfassten demokratischen StudentInnen-Vertretung und wird folgendermaßen auch "AStA" geschrieben und nicht wie der Schäferhundname.

     

    "Der AStA wird in der Regel vom Studierendenparlament gewählt und besteht aus einem oder mehreren Vorsitzenden sowie einer Reihe von Referenten für verschiedene Aufgabengebiete." https://de.wikipedia.org/wiki/Allgemeiner_Studierendenausschuss

     

    Ihr schreibt ja auch nicht Brd oder Ard und Zdf, Cdu.

     

    Abgesehen davon ist der Inhalt des Textes meines Erachtens unfassbar. Wo leben wir nochmal? Haben die PEGIDA-Läufer und AfD etwa im Ansatz doch recht?

    • Bruno , Moderator
      @Hanne:

      Danke für Ihren Hinweis, wir haben die Schreibweise korrigiert.

      • @Bruno:

        Danke :-)

    • @Hanne:

      Grundsätzlich gefragt: Sollte man nicht besser sagen: PEGIDA-Laufende, in Analogie zu Studierende.

      • @Horst07:

        Das mit dem "-ierenden" ist rein formal sowieso nicht ganz richtig, wurde einfachheitshalber eingeführt, um es einfach(er) geschlechtsneutral zu formulieren. Nur studieren kann jede/r, in welcher Form auch immer, ein Student/eine Studentin ist dagegen immatrikuliert und hat einen Studentenstatus. Und nur diese StudentInnen können an den Wahlen an der Hochschule teilnehmen. Daher eigentlich bei den einigen Unis auch immer noch als StudentInnenschaft bezeichnet.

        http://gremien.hu-berlin.de/de/stupa/satzung

        http://www.sub.unibe.ch/de/

         

        Bei den "Spaziergänger/innen" bin ich auch drüber gestolpert, Sie haben selbstverständlich recht. Da genau diese aber die Feinheiten nicht stören (sondern eher lächerlich finden), hatte ich dort nur die männliche Form gewählt :-)

        • @Hanne:

          .. ist eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, diese Menschengruppe nicht als homogene Masse zu begreifen - wie es die Politik - "vereinfachendereweise" gern tut. Kurz vor den nächsten Wahlen wird dass dann anders aussehen. Ich seh schon den Gabriel die "lieben AFDler-innen" umwerben. Warten wir's ab.

          • @Horst07:

            .. dass vs. das sorry hierfür

    • @Hanne:

      Cum grano salis?

    • @Hanne:

      sorry, muss natürlich heißen "der verfassten StudentInnenschaft", AStA ist die regierende Vertretung

  • ...sicher, dass das Zeichen ein Wolf sein soll? Erinnert mich eher an ein Lama.

    • @linus o'carson:

      Also wirklich, das erkennt man doch: Das ist der Schweigefuchs!

    • @linus o'carson:

      Vielleicht ein lahmer Wolf?

  • Die Regierung der Türkei ist aktuell der wichtigste Partner Deutschlands. Frau M. hat das mehrfach eindeutig unterstrichen. Da müssen andere zurückstecken. Völkermord? War da was? Sicher wird auch unser Buprä Frau M gleich beispringen und von "Meinungen" sprechen. Schön, wenn man Partnern, die die eigenen Politikfehler ausbügeln sollen, nicht weh tun muss.

    • @Horst07:

      Zumal bis heute, noch nicht mal eine Entschuldigung vorliegt, für den durch die deutsche Kolonialmacht verübten Völkermord an den Hereros und Namas.

      • @H.G.S.:

        Jo, mit den Taten unserer Väter Väter tun wir uns wohl alle etwas schwer. Gut, dass andere da den Finger reinlegen. Auch deswegen käme es uns Europäern zu, über den großen Teich zu zeigen. Aber nein. Freunden und Partnern erspart man sowas lieber. Man nimmt lieber Auszeichnungen entgegen und lächelt wie ein Schulmädchen bei nem guten Zeugnis.