Vietnams Nationalversammlung: Premierminister abgewatscht

Bei einer Vertrauensabstimmung im Parlament des Einparteienstaates erzielt Premier Nguyen Tan Dung ein schlechtes Ergebnis. Ihm wird Missmanagement angelastet.

Bald nicht mehr im Winkmodus? Vietnams Premier Nguyen Tan Dung. Bild: Reuters

BERLIN taz | Bei einer neuartigen Vertrauensabstimmung in Vietnams Nationalversammlung haben die schlechten Werte für den Zentralbankchef und den Ministerpräsidenten für Aufsehen gesorgt. 492 Abgeordnete stimmten am Montag in Hanoi erstmals in geheimer Wahl über die gesamte politische Führung des Landes ab.

Die Abgeordneten, die zu 90 Prozent der Kommunistischen Partei angehören und deren Rest mit dem Segen dieser Partei kandidiert hatte, mussten den 47 höchstrangigen Amtsträgern individuell ihr Vertrauen aussprechen. Dabei konnten die Abgeordneten nur zwischen „hohem Vertrauen“, „Vertrauen“ und „niedrigem Vertrauen“ wählen. Zuvor mussten die 47 Amtsträger schriftlich Rechenschaft ablegen und dabei auch Auskünfte über ihren Lebenswandel geben.

Zwar kamen laut den Ergebnissen vom Dienstag alle 47 zur Abstimmung stehenden Offiziellen auf Vertrauenswerte von über 50 Prozent. Doch Zentralbankchef Nguyen Van Binh und Premierminister Nguyen Tan Dung erzielten mit 209 und 160 Voten für „geringes Vertrauen“ dabei das schlechteste und drittschlechteste Ergebnis.

Finanz- und Wirtschaftsprobleme sowie Korruption

Zentralbankchef Binh bekam damit die Quittung für die Probleme in Vietnams Bankensektor. Der leidet unter faulen Krediten, über deren Umfang die Abgeordneten bisher nur widersprüchlich informiert wurden.

Und Premierminister Dung war schon 2010 in der Nationalversammlung von einem unabhängige Abgeordneten zum Rücktritt aufgefordert worden. Ein Votum blieb damals aber aus. Dem 63jährigen werden das Missmanagement von Staatsunternehmen, grassierende Korruption und das enttäuschende Wirtschaftswachstum angelastet. Im Oktober 2012 entschuldigte er sich öffentlich und gelobte Besserung.

Doch im November beschloss die ebenfalls unter Druck stehende Nationalversammlung eine jährliche Vertrauensabstimmung für die hächsten politischen Amtsträger. Damit will sich die als Scheinparlament kritisierte Versammlung zugleich selbst mehr Legitimität und Einfluss verschaffen.

Das sonst recht KP-treue Parlament hatte schon 2010 für Aufsehen gesorgt, als es Regierungspläne zum Bau einer 56 Milliarden US-Dollar teuren Hochgeschwindigkeitszugstrecke zwischen Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt zu Fall brachte.

„Schritt in richtige Richtung“

„Natürlich sprechen jetzt viele von Scheindemokratie“, sagt Erwin Schweisshelm, der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Hanoi, zur taz. „Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht.“

Einige seiner Gesprächspartner meinten, KP-Führer mit schlechten Ergebnissen müssten schon jetzt mit Konsequenzen rechnen oder diese selbst ziehen, so Schweisshelm. „Mittelfristig werden auch andere, die zwar einen hohen Rang haben, aber nur im Mittelfeld gelandet sind, in Erklärungsnot geraten.“

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