Viele Verletzte in Jerusalem: Kämpfe auf dem Tempelberg

Israelische Sicherheitskräfte dringen in die Al-Aqsa-Moschee ein, im Westjordanland gibt es mehrere Razzien. Die Angst vor weiterer Eskalation wächst.

Drei Männer – einer mit Besen und einer mit Kehrmaschine – säubern den Boden der Al-Aqsa-Moschee von Steinen und anderen Hinterlassenschaften der vorherigen Auseinandersetzung.

Spuren der Kämpfe: Palästinenser säubern am Freitagmorgen die Al-Aqsa-Moschee Foto: Ammar Awad/reuters

TEL AVIV taz | Kämpfe auf dem Tempelberg zwischen Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und der israelischen Polizei haben die trügerische Ruhe in Jerusalem gebrochen. Laut Polizei hätten maskierte Männer mit Hamas-Fahnen Steine geschmissen und Feuerwerkskörper abgeschossen. Die Polizei habe mit ihrem Eingreifen gewartet, bis das Morgengebet um 4 Uhr früh beendet war. Dann drangen sie in die Al-Aqsa-Moschee ein. Videos in den Sozialen Medien zeigen das Abfeuern von Granaten im Innenraum. Rund 150 Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen und 3 Po­li­zis­t*in­nen wurden verletzt.

In diesem Jahr fallen die drei höchsten Feste der drei abrahamitischen Religionen auf einen Freitag zusammen: Karfreitag, der zweite Freitag des Ramadan und der Beginn des Pessachfestes. Besonders festlich ist die Stimmung nicht – angesichts der Gewalt sowohl in Israel als auch im Westjordanland und der Sorgen vieler vor einer weiteren Eskalation.

Seit den Anschlägen der vergangenen Wochen in vier israelischen Städten, bei denen 14 Menschen getötet worden sind, ist Israel in Alarmbereitschaft. Das Militär stockt die Verteidigungskräfte auf – wohl auch, um das erschütterte Sicherheitsgefühl der israelischen Bür­ge­r*in­nen wiederherzustellen. Innerhalb von Israel werden verstärkt Po­li­zis­t*in­nen und Sol­da­t*in­nen postiert.

Im Westjordanland führt das israelische Militär Razzien durch. In den ersten Tagen nach den Anschlägen konzentrierten sie sich vor allem auf Jenin – die Stadt im Westjordanland, aus der die Attentäter der Anschläge in Tel Aviv und Bnei Brak stammten. Als weitere Maßnahme wurden vielen der Ein­woh­ne­r:in­nen von Jenin die Passierscheine nach Israel und Ost-Jerusalem entzogen. Außerdem dürfen Israelis die Stadt nicht mehr betreten. Das sorgt gerade während des Ramadan für Unmut unter den Ge­schäfts­in­ha­be­r*in­nen, denn palästinensisch-stämmige Israelis machen einen großen Teil ihrer Umsätze aus.

Der Konflikt um den Tempelberg hat besondere Sprengkraft

In den vergangenen Tagen weitete das Militär die Hausdurchsuchungen und Festnahmen auch auf andere Teile des Westjordanlandes aus: Am vergangenen Mittwoch wurden dabei drei Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen getötet, unter ihnen auch ein 14-Jähriger aus Husan in der Nähe von Bethlehem. In den vergangenen zwei Wochen wurden fünfzehn Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen vom israelischen Militär getötet, teilweise nachdem sie dieses zuvor angegriffen hatten.

In Jerusalem wurde die Atmosphäre zusätzlich angeheizt von der Ankündigung einiger extremistischer Jüd*innen, vor dem Beginn von Pessach – gemäß einem alten Ritual – Ziegen auf dem Tempelberg opfern zu wollen. Eine Gruppe, die es tatsächlich versucht hatte, wurde von der israelischen Polizei am Donnerstag festgenommen. Dieser Vorstoß ist nicht ungewöhnlich, fällt aber in diesem Jahr in den Ramadan-Monat und ist dadurch besonders kontrovers.

Der Tempelberg, auf dem die Al-Aqsa-Moschee steht, ist sowohl im Judentum als auch im Islam eine der bedeutendsten religiösen Stätten. Laut derzeitigem Status Quo dürfen Jü­d*in­nen den Tempelberg zwar zu bestimmten Zeiten betreten, jedoch nicht dort beten. Ein Rütteln an dieser Vereinbarung könnte eine weitere Eskalation hervorrufen.

Am Donnerstag hatten die Anführer der militanten Organisation Hamas im Gazastreifen vor „zionistischen Bedrohungen“ des Tempelbergs gewarnt und zu einer Eskalation gegen Israel aufgerufen. In der vergangenen Woche hatten sie mit vorerst vagen Worten Jerusalem und die Al-Aqsa-Moschee zu roten Linien erklärt.

Für den Beginn des jüdischen Pessachfestes hat das israelische Militär die Schließung der Grenzen des Westjordanlandes nach Israel verkündet. Diese soll von Freitagabend bis Samstagnacht gelten.

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