Verurteilung von chinesischer Bloggerin: Peking hat Angst vor Zhang Zhan
Dass sich Chinas Machthaber:innen vor einer Bürgerjournalistin wie Zhang fürchten, hält dem Regime den Spiegel vor. Am Ende stärkt es den Einfluss von Blogger:innen.
C hina hat die Coronapandemie zweifellos viel besser unter Kontrolle bekommen, als viele in- und außerhalb des Landes zunächst erwartet hatten. Das hat die autoritär regierte Volksrepublik mit drastischen Maßnahmen geschafft, die in westlichen Demokratien so meist kaum durchsetzbar gewesen wären. Doch ist dies weniger ein Beleg für die von Peking beanspruchte Überlegenheit seines von der Kommunistischen Partei dominierten politischen Systems als vielmehr von insgesamt entschlossenem und richtigem Handeln.
Denn das hat zum Beispiel auch die von Peking verhasste Regierung in Taiwan geschafft, die das Virus ebenso schnell und beeindruckend besiegt hat – innerhalb eines demokratischen, pluralistischen und rechtsstaatlichen Systems.
Für Peking ging es nie nur um die Kontrolle der Pandemie, sondern mindestens ebenso um die Kontrolle des damit verbundenen Narrativs. Also das Verschweigen anfänglicher Vertuschung wie die Verhinderung einer kritischen Durchleuchtung bis hin zur Infragestellung einzelner Maßnahmen.
Genau deshalb sind unabhängige Bürgerjournalist*innen wie die am Montag zu vier Jahren Haft verurteilte 37-jährige Zhang Zhan für Peking so gefährlich. Dabei ist es kein Zufall, dass die Prozessfarce gegen Zhang ausgerechnet in den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester stattfindet wie der jetzt ebenso am Montag begonnene Prozess gegen zwölf Demokratieaktivisten aus Hongkong.
Die Zensur führt dazu, dass sich Fehler wiederholen
Sie waren beim Fluchtversuch nach Taiwan von Chinas Küstenwache gefangen worden. China setzt bei dieser Terminierung darauf, dass potenzielle Beobachter*innen wie westliche Diplomat*innen und Journalist*innen in dieser Zeit bei ihren Familien sind und die Verurteilung dann ohne große Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit stattfinden kann.
Dass sich Chinas Machthaber vor einer Bürgerjournalistin wie Zhang fürchten, hält ihrem Regime den Spiegel vor. Denn statt sich selbstbewusst der meist wenig professionell vorgetragenen Kritik zu stellen, wird hier ein Exempel statuiert. Ironischerweise trägt dies dazu bei, dass bei der nächsten Krise die offiziellen und zur Propaganda missbrauchten Medien zu Recht nur über eine geringe Glaubwürdigkeit verfügen und genau dies die Macht von Bloggern stärkt.
Und zugleich führt diese Art der Zensur dazu, dass sich Fehler wiederholen, die auf mangelnde Transparenz zurückzuführen sind. Chinas Machthaber bleiben so stets auf die Kontrolle des Narrativs angewiesen. Das könnte ihnen eines Tages auf die Füße fallen – nämlich dann, wenn sie selbst auf akkurate Informationen angewiesen sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga