piwik no script img

Verschwundene Studenten in Mexiko„Guerreros Unidos“ gesteht Massaker

Die mexikanische Verbrecherbande hat sich zum Mord an den vermissten Studenten bekannt. Zuvor wurden Leichen in einem Massengrab gefunden.

Erschreckende Aktualität: Erinnerung an ein Massaker an Studenten in 1968. Bild: dpa

MEXIKO-STADT dpa | Rund eine Woche nach dem Verschwinden Dutzender Studenten im Südwesten Mexikos gibt es Hinweise, dass mehrere von ihnen mit Hilfe der Sicherheitskräfte ermordet worden sein könnten. Zwei gefasste Mitglieder einer Verbrecherbande hätten gestanden, 17 der 43 vermissten Hochschüler getötet und in einem Massengrab verscharrt zu haben, teilte der Staatsanwalt des Bundesstaates Guerrero, Iñaky Blanco, am Sonntag (Ortszeit) mit. Die beiden Kriminellen und ein ebenfalls festgenommener Polizist hätten die Ermittler zu dem Grab nahe der Stadt Iguala geführt.

Nach den vorliegenden Aussagen habe der örtliche Sicherheitschef angeordnet, die Studenten festzunehmen und an den Ort zu bringen, wo dann das Massengrab gefunden wurde. Der Befehl, sie zu töten, sei demnach vom Anführer der Verbrecherbande „Guerreros Unidos“ gekommen. Dabei handele es sich um einen Mann, der „El Chuky“ genannt werde. Die Verdächtigen hätten zudem gestanden, dass 30 in den vergangenen Tagen festgenommene Polizisten ebenfalls in Diensten der Bande stünden. Die „Guerreros Unidos“ (übersetzt: Vereinigte Krieger) wurden einst als bewaffneter Arm des Drogenkartells Beltrán Leyva gegründet.

Die Polizei hatte am Samstag in Pueblo Viejo nordwestlich von Iguala mehrere Massengräber mit insgesamt 28 teils verstümmelten und verkohlten Leichen entdeckt. Ob sich unter den Toten vermisste Studenten befinden, ist unklar. Die Identifizierung werde bis zu zwei Monate dauern, sagte Staatsanwalt Blanco. Auch argentinische Forensiker sollen sich daran beteiligen. „Die Körper der Opfer wurden in den Gräbern auf Äste und Baumstämme gelegt. Dann wurden sie mit einem Brandbeschleuniger übergossen“, ergänzte Blanco.

Die Behörden suchen auch den Bürgermeister von Iguala, José Luis Abarca, von dem seit Mittwoch jede Spur fehlt. Er war vorgeladen worden, um zu den Vorfällen auszusagen.

Festgenommen und Verschwunden

Die Hochschüler sind seit einer Protestaktion am 26. September in Iguala verschwunden. Dabei hatten Lehramtsstudenten mehrere Busse gekapert. Bei einem Polizeieinsatz gegen die Demonstranten wurden zwei Studenten erschossen und 25 Menschen verletzt. Wegen des brutalen Polizeieinsatzes nahmen die Behörden 30 Beamte fest.

Das Lehrerseminar Ayotzinapa, zu dem die Studenten gehörten, gilt als politisch links und als besonders aktiv bei politischen Protesten. Die meisten Hochschüler stammten aus einfachen Verhältnissen und kamen aus Indigena-Gemeinden.

Angehörige der Vermissten protestierten vor der Residenz von Guerreros Gouverneur Ángel Aguirre. „Warum ist Präsident (Enrique) Peña Nieto nicht hier? Es sind 43 und nicht zwei Opfer, und es sind keine Straftäter, sondern Studenten“, kritisierte der Vater eines Studenten.

Guerrero gilt als der gefährlichste Bundesstaat Mexikos. Mit statistisch gesehen fast 62 Morden je 100 000 Einwohnern liegt die von der Drogenkriminalität erschütterte Region, in der sich auch der beliebte Ferienort Acapulco befindet, noch weit vor den Rauschgifthochburgen Sinaloa, Michoacán und Tamaulipas.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!