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Verschärfung des StrafrechtsBesserer Schutz vor Vergewaltigung

Das Kanzleramt gibt grünes Licht für eine Verschärfung des Vergewaltigungsparagrafen. Vorher hatte es diese monatelang blockiert.

„Nein“ heißt auch in Zukunft nicht Nein, bekommt aber mehr Gewicht. Foto: imago/Westend61

Freiburg taz| Das Kanzleramt blockiert die Verschärfung des Vergewaltigungsstrafrechts nicht mehr. Der lange schon vorliegende Gesetzentwurf von Justizminister Heiko Maas (SPD) wurde kurz vor Weihnachten an Länder und Verbände verschickt. Es handelt sich also nicht um eine Reaktion auf die Vorgänge von Köln – obwohl der Gesetzentwurf auch für derartige Übergriffe Relevanz haben kann.

Anlass für die aktuelle Diskussion ist die Istanbul-Konvention des Europarats, dem 47 Staaten angehören. Nach dieser Konvention aus dem Jahr 2011 ist jede „nicht einverständliche, sexuell bestimmte Handlung“ zu bestrafen. Deutschland hat den völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet, muss ihn also umsetzen.

Nach derzeitigem Recht gilt ein Geschlechtsverkehr nur in drei Konstellationen als Vergewaltigung: wenn er mit Gewalt oder mit bestimmten Drohungen erzwungen wird oder wenn der Täter eine schutzlose Lage ausnutzt. Es genügt also nicht, dass eine Frau eindeutig Nein sagt und der Mann dann trotzdem in sie eindringt. Dies wird von der Frauenbewegung schon seit Langem kritisiert.

Nach längerem Zögern hat Justizminister Maas im Juli 2015 einen Gesetzentwurf vorgelegt, der zumindest in die richtige Richtung geht. Anders als ein Gesetzentwurf der Grünen will Maas zwar nicht das Prinzip „Nein heißt Nein“ umsetzen, aber zumindest einige Schutzlücken schließen. Danach soll im Strafgesetzbuch künftig ein novellierter Paragraf 179 den sexuellen Missbrauch „unter Ausnutzung besonderer Umstände“ unter Strafe stellen. Angedroht sind jeweils Freiheitsstrafen zwischen 6 Monaten und 10 Jahren.

Gewalt nicht ausschlaggebend

Erfasst werden soll künftig etwa der Fall, dass die Frau Angst vor der üblichen Gewalttätigkeit des Mannes hat und deshalb den erkennbar abgelehnten Geschlechtsverkehr über sich ergehen lässt. Anders als bisher käme es nicht darauf an, ob der Mann in der konkreten Situation Gewalt anwendet oder androht.

Auch überraschende Griffe an die Brust sollen berücksichtigt werden

Ausdrücklich erwähnen will Maas im Strafgesetzbuch auch den Fall, dass das Opfer „aufgrund der überraschenden Begehung der Tat zum Widerstand unfähig ist“. Gemeint sind zum Beispiel überraschende Griffe an die Brust oder zwischen die Beine. Bisher wurde dies teilweise als Beleidigung bestraft. Dies ist umstritten, weil es nicht um Ehre, sondern um die sexuelle Selbstbestimmung geht.

Diese Änderung könnte auch für Übergriffe wie in Köln relevant sein. Eine rückwirkende Anwendung der Verschärfung ist allerdings rechtsstaatlich ausgeschlossen.

Gutes Timing

Das Kanzleramt hatte den Gesetzentwurf ohne Begründung seit Juli blockiert. Beobachter gingen davon aus, dass man dort die Verschärfung des Sexualstrafrechts als unpopulär einschätzte, weil vor allem sexuelle Übergriffe in Beziehungen betroffen wären. Die übliche Vorabanhörung von Ländern und Verbänden konnte deshalb bisher nicht stattfinden. Kurz vor Weihnachten gab Merkels Haus dann, wieder ohne Begründung, doch grünes Licht. Neben der SPD hatte sich auch die CDU-Fraktion für Maas’Gesetzentwurf eingesetzt.

Vor zwei Tagen verlangte Kanzlerin Merkel eine „harte Antwort des Rechtsstaats“ auf die Kölner Übergriffe. Glück für sie, dass ihr Haus kurz vorher im Konflikt mit Maas eingelenkt hatte.

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8 Kommentare

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  • Im Zusammenhang mit der Kriminalitätswelle in Köln und anderen Städten wird sogleich die Ausweisung der möglicherweise ausländischen Täter gefordert, obwohl aktuell jeder Jurist weiß, dass fast niemand nach Syrien oder Libyen ausgewiesen werden kann..

    Diese Welle der Empörung vereint fast unisono das Mehrheitsspektrum der Gesellschaft. Man fragt sich allerdings, wieso nicht die gleiche Forderung im Hinblick auf die Neonazis erhoben wird, wenn nahezu täglich Asylbewerberheime abgefackelt oder ausländisch Aussehende von diesen "eingeborenen Abendländern" zusammengeschlagen werden?

    Irgendwo in V. Orbans Puszta könnte man ein Reservat für diese "Abendländer" einrichten, damit sie sich wenigstens "verstanden fühlen". Orban wird denen bestimmt auch Sozialleistungen anbieten.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Das Zitat: 'Das Kanzleramt hatte den Gesetzentwurf ohne Begründung seit Juli blockiert. Beobachter gingen davon aus, dass man dort die Verschärfung des Sexualstrafrechts als unpopulär einschätzte, weil vor allem sexuelle Übergriffe in Beziehungen betroffen wären' deutet aber darauf hin, daß da männliches CDU/CSU-Gewohnheitsrecht betroffen war. In Beziehungen, wo gewöhnlich nicht angezeigt wird, wollten die CDU/CSU-ler gerne so weitermachen, wie seit Jahrzehnten.

  • Das Strafrecht schützt nicht vor Vergewaltigungen, es ahndet Vergewaltigungen.

     

    Schutz vor Vergewaltigungen wäre Präventionsarbeit. Für soetwas ist aber die Justiz nicht zuständig.

    • @Sascha:

      Naja, nach den Gedanken von Spezial- u Generalpraevention sehr wohl. Der Suenegedanke dagegen ist nicht mehr so beliebt.

    • @Sascha:

      Sehr richtig!!

  • Die Überschrift führt in die Irre. Der Gesetzentwurf schützt nicht "besser" vor Vergewaltigungen. Er setzt auch nicht die Istanbul-Konvention um - denn wie der Artikel schon beschreibt, sind die dort beschriebenen Fälle bereits strafbar.

    Wichtig wäre jedoch den Schutz gegen Falschanzeigen zu erhöhen. Aktuell sind die davon betroffenen Männer chancenlos - obwohl es einfache Wege gäbe, sie davor zu schützen ohne auch nur eine echt vergewaltigte Frau von ihrer Anzeige abzuhalten.

    Wichtig wäre

    a) Beweissicherung durch Videoaufnahmen ab der Erstaussage

    b) Sobald sich der Verdacht der Falschaussage erhärtet, nicht einfach das Verfahren einstellen, sondern ermitteln.

     

    Beides passiert nicht. Die aktuelle Praxis des Wegsehens diesbezüglich hat mit dem Schutz von Frauen vor Vergewaltigung nichts zu tun, sondern ist ideologisch motivierter Täterinnenschutz. Einen unschuldigen Mann zu bestrafen, verhindert keine künftigen Vergewaltigungen, sühnt auch keine begangene Vergewaltigung und schadet zudem den tatsächlich vergewaltigten Frauen, zerstört aber unschuldige Existenzen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit - scheint aber niemanden zu interessieren.

     

    Mit den Zahlen wir viel Schindluder getrieben. Es wird gesagt, dass nur eine von zehn Vergewaltigungen angezeigt wird. Auch wenn diese Zahlen alt sind und aus einer Zeit stammen, als Vergewaltigungen nicht ordentlich verfolgt wurden, so wäre dies kein Widerspruch zu anderen Zahlen, dass mehr als jede zweite angezeigte Vergewaltigung eine Falschanzeige ist. Das Problem ist einfach, dass traumatisierte vergewaltigte Frauen sich schwerer tun eine Anzeige zu erstatten, als Frauen, die sich für andere Dinge an ihrem Ex-Partner rächen wollen.

    Daher muss die Anzeige von Vergewaltigungen erleichtert aber gleichzeitig auch besser kontrolliert werden. Gerechtigkeit ist eben nicht einfach und kann nicht dadurch erreicht werden, dass eine Gruppe pauschal zu Tätern und die andere zu Opfer erklärt wird.

    • 6G
      64938 (Profil gelöscht)
      @Velofisch:

      Richtiger Einwand. Kachelmann (als prominentes Opfer) hilft das auch nicht mehr, und die Rolle von Fr. Schwarzer und der Bild wäre vielleicht auch noch ein Thema...

    • @Velofisch:

      wollen wir das "dass mehr als jede zweite angezeigte Vergewaltigung eine Falschanzeige ist" auch auf Köln anwenden oder ausnahmsweise mal nicht?