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Verschärfung der AsylpolitikHauptsache, raus aus der EU

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Mit außereuropäischen Lagern für abgelehnte Asylbewerber will sich die EU der Menschen entledigen. Die USA verfolgen eine ähnliche Praxis.

Besuch von Bundesinnenminister Dobrindt im Dorf Polowce-Pieszczatka an der polnisch-Belarussischen Grenze Foto: Czarek Sokolowski/ap/dpa

E ine Zweckgemeinschaft zur Abschiebung und Abschottung – so stellt sich der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak offenbar die EU vor. Mit Blick auf das Innenministertreffen am Dienstag in Kopenhagen jubelte er, dass Deutschland „zurück in Europa“ sei und „nicht mehr im Bremserhäuschen, sondern jetzt in der Lokomotive an der Spitze“ sitze.

Was die Innenminister in Kopenhagen diskutieren, ist jedoch keineswegs neu, sondern wurde durchweg schon zu Ampel-Zeiten vorangetrieben. Am vergangenen Wochenende hatte CSU-Innenminister Alexander Dobrindt zur Vorbereitung des Gipfels die Amtskollegen einiger Nachbarstaaten zu einem Treffen auf die Zugspitze eingeladen. Auf der Tagesordnung: Grenzen zu, mehr abschieben. Am Montag besuchte Dobrindt Polen, das an der Grenze zu Belarus Asylanträge dem Europarecht zuwider nicht mehr entgegennimmt – Dobrindt applaudierte.

Thema in Kopenhagen: die sogenannten Return-Hubs, Lager für abgelehnte Asylbewerber, die nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben werden können. Stattdessen sollen sie künftig in beliebige Drittstaaten geschickt werden. Diese will sich die EU gefügig machen. Die aus Europa Abgeschobenen sollen dort – wohl unter haftähnlichen Bedingungen und auf noch unbestimmte Dauer – geparkt werden. Können sie irgendwann doch in ihr Herkunftsland gebracht werden, kommen sie dorthin, andernfalls wird man sehen – Hauptsache, sie sind raus aus der EU.

Ganz ähnlich praktiziert es die Regierung Donald Trumps bereits mit El Salvadors Diktator Nayib Bukele. Und wie zu hören ist, will Washington auch nach Südsudan und Libyen abschieben – wohlgemerkt Menschen, die nicht aus diesen Ländern stammen. Je schlimmer, desto besser, ist dabei das offenkundige Motto.

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Wer nun denkt, die EU-Innenminister hätten sich von den USA inspirieren lassen, irrt. Die Idee der Return-Hubs kursiert in Brüssel schon lange, seit Mai 2024 wird sie offiziell von der EU-Kommission verfolgt. Dass Deutschland dabei ernsthaft gebremst hätte, ist allein der Fantasie Ziemiaks entsprungen.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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2 Kommentare

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  • Wie soll man sie charakterisieren, diese "Politik"? Schändlich, dumm und feige fiele mir dazu ein.

  • Passt zu dem was ich neulich las, wie die CIA Nahost- und nordafrikanische Länder unter little Bush zur Folter genutzt hat. Was mal funktioniert hat, wiederholt sich mindestens in light, jetzt auch mit EU-Siegel.