Verkehrsministerkonferenz in Duisburg: Proteste für preiswertes D-Ticket
Das Treffen der Verkehrsminister:innen hat begonnen – begleitet von Demos. Aktivist:innen und Verbände fordern eine sozial gerechte Verkehrswende.
Nötig sei eine „sozial gerechte Verkehrswende“, erklärten Aktivist:innen von Fridays for Future. „Klimaverträgliche Mobilität darf kein Luxus sein, sondern muss für alle bezahlbar bleiben“, forderte auch Andrea Büngeler, Vorständin des Paritätischen Wohlfahrtverbands NRW. „Entgegen den Behauptungen von FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing“ sei dafür durchaus Geld vorhanden, betonte Kerstin Ciesla, in NRW Vize-Landesvorsitzende des Umweltverbands BUND. „Statt Milliarden für klimaschädliche Subventionen und Straßenneubau zu verschwenden, müssen diese für Bus und Bahn genutzt werden“, forderte Ciesla.
Die Preiserhöhung müsse unbedingt zurückgenommen werden, erklärte auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) – und verwies auf eine Studie des Wissenschaftsverbunds Ariadne. Danach wurden seit der Einführung des 49-Euro-Tickets 30,4 Prozent mehr Kilometer mit der Bahn zurückgelegt. Die Länge der mit dem Auto zurückgelegten Strecken sank dagegen um 7,6 Prozent. Dadurch seien 6,7 Millionen Tonnen des Treibhausgases CO2 weniger in die Atmosphäre geblasen worden. Die angekündigte Preiserhöhung könne diesen Effekt fast halbieren, warnen die Ariadne-Forscher:innen.
Trotzdem ist nicht einmal sicher, ob es das Deutschlandticket, das aktuell von Bund und Ländern mit je 1,5 Milliarden Euro gefördert wird, über das Jahr 2026 hinaus überhaupt noch geben wird. „Auf Wunsch der Ministerpräsidentenkonferenz“ werde das Ticket „nach 2024“ evaluiert, erklärte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Mittwochmittag im Bundestag – bei der Verkehrsministerkonferenz sei sein Ministerium „auf Staatssekretärsebene“ vertreten, sagte eine Sprecherin.
„Zukunfts-Rave“ von Fridays for Future
In Duisburg machten die Länder deshalb Druck. Wissing müsse endlich ein Konzept für den von ihm vorgeschlagenen Infrastrukturfonds vorlegen, hieß es in einer Beschlussvorlage Nordrhein-Westfalens. Auch Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Hermann mahnte eine schnelle Lösung an. Der Infrastrukturfonds soll die Sanierung des maroden deutschen Straßen- und Schienennetzes dauerhaft finanziell absichern – und wohl die Schuldenbremse umgehen.
Empfohlener externer Inhalt
Eine bessere Finanzierung forderten auch die Gewerkschaften. „Schon heute gilt der Nahverkehr als unattraktiver Arbeitgeber“, sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Peter Büddicker der taz – dabei würden allein im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW in den kommenden Jahren ein Viertel der aktuell 40.000 Fachkräfte altersbedingt ausscheiden. Nötig seien deshalb nicht nur Lohnerhöhungen, sondern auch attraktivere Arbeitszeitmodelle.
Die Eisenbahnergewerkschaft EVG wandte sich gleichzeitig gegen die von den Verkehrsminister:innen geforderte „Trennung von Netz und Betrieb“ der Bahn: Auf Druck der Bundesregierung als Alleineigentümer war deren Infrastruktur erst vor kurzem in der Gesellschaft InfraGo gebündelt worden. „Bahnhöfe und Schienenwege wurden jahrzehntelang heruntergewirtschaftet, weil der Bund nicht die nötigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt hat“, kritisierte der EVG-Vorsitzende Martin Burkert. „Jetzt zu glauben, innerhalb von zehn Monaten deutliche Verbesserungen erzielen zu können, geht völlig an der Realität vorbei.“
Vor dem Konferenzhotel in Duisburg sollen die Proteste für eine klimafreundliche Mobilität am Abend noch einmal laut werden – ab 18:30 Uhr laden die Fridays for Future (FfF) dann zu einem „Zukunfts-Rave“ ein. Ziel sei ein „bezahlbares, für alle zugängliches Deutschlandticket“, sagte Yasin Hinz von FfF Duisburg: „Die Verkehrsminister:innen haben die Verantwortung, endlich einen nachhaltigen Wandel in der Mobilität zu gestalten.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Streit in der SPD über Kanzlerkandidatur
Die Verunsicherung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit