Verhandlungsstand der Klimakonferenz: Tage der Entscheidung
Nach zähem Ringen gab es am Donnerstagabend einen neuen Entwurf für ein Klimaabkommen. Angela Merkels Lieblingswort ist verschwunden.
Bis zum Samstag wird es noch viele Indabas geben. Zwar legte der Verhandlungschef und französische Außenminister Laurent Fabius bereits am Donnerstagabend den letzten Entwurf des Vertrags vor, doch der enthält noch zahlreiche strittige Punkte. Welche davon bleibt und welche gestrichen wird entscheidet, wie wirksam das Abkommen sein wird. Eine kurze Übersicht über das, was bereits entschieden ist:
Dekarbonisierung: Angela Merkel hat das Wort noch mit viel Verve in die Abschlusserklärung des letzten G7-Gipfels reinverhandelt, jetzt ist es weg. „Dekarbonisierung“ bedeutet der komplette Verzicht auf die Nutzung von Kohle, Öl und Gas. In einem Vertragsentwurf vom Mittwoch war es noch als Option enthalten, am Donnerstag fehlte das Zauberwort.
Zeitraum: Dafür soll die Welt nun Mitte des Jahrhundert „emissionsneutral“ werden, will heißen: Von 32 Gigatonnen CO2-Ausstoss in 2014 auf Null, irgendwann zwischen 2050 und 2100. „Diese Begrifflichkeit lässt eine scheunentorgroße Öffnung für schädliche Atomkraft und die unterirdische Kohlendioxid-Speicherung zu“, sagte der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland, Olaf Tschimpke. Sämtliche konkreten Zahlen, bis wann wie viel weniger CO2 ausgestoßen werden darf, sind gestrichen.
Überprüfungen: Bereits jetzt ist allen klar, dass in dem Abkommen vereinbart wird, dass verschiedene Länder ihre Treibhausgasemissionen senken. Klar ist auch, dass die Ziele nicht ausrechend sind, um einen gefährlichen Klimawandel einzudämmen. Wichtig ist deshalb, dass in dem Abkommen festgelegt wird, die globalen Klimaschutzziele regelmäßig anzupassen. Das zumindest ist im vorläufigen Text bereits enthalten: Ab 2023 sollen die Fortschritte alle fünf Jahre überprüft werden. Gut so, allerdings müsste man deutlich früher damit beginnen, meint Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
Der Erde droht der Hitzekollaps. Deshalb wollen die Staatschefs der Welt Anfang Dezember in Paris einen globalen Klimaschutz-Vertrag vereinbaren. Die taz berichtete vom 28. November bis zum 14. Dezember 2015 täglich auf vier Seiten in der Zeitung und hier auf taz.de.
Reduktionen: Man stelle sich vor, da sitzen 195 Staaten zusammen und alle wissen, dass ihre Pläne zum Klimaschutz nicht ausreichen, um katastrophale Folgen zu verhindern. Mehr wollen sie aber auch nicht machen. Was also tun? Nun, man schreibt in den Weltklimavertrag, dass alle wissen, dass sie zu wenig machen. Man „bemerke mit Sorge“, dass „wesentlich größere Anstrengungen zur Emissionsminderung nötig sei“, heißt es nun. Wow.
Temperaturen: Etwas Gutes zum Schluss. Der Text wird definitiv Formulierungen enthalten, dass sich die Welt Mühe gibt, den Temperaturanstieg im Schnitt unter 1,5 Grad zu halten. Der Weltklimarat soll bis 2018 einen Plan erarbeiten, wie das gehen könnte. Bisher war international stets vom 2-Grad-Ziel die Rede. Das bedeutete, dass die globale Erwärmung auf im Schnitt maximal 2 Grad über dem Level vor der Industrialisierung gehalten werden soll.
Aussichten: „Das ist wie ein Marathon, es sind die letzten Meter, die am schwierigsten sind“, sagte der Konferenzleiter, Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. „Das ab 2020 geltende neue Klimaschutzabkommen droht extrem schwach ausgestaltet zu werden“, sagt Hubert Weiger Chef des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. „Das ist ein starker und gut ausbalancierter Text“, sagt Michael Jacobs von der Organisation New Climate Economy.
Fazit: Es wäre falsch zu sagen, „Jetzt geht das zweiwöchige Ringen um ein globales Abkommen gegen die Erderwärmung zu Ende“. Genau genommen sind es über vier Jahre harten diplomatischen Ringens, bereits 2011 beschloss die Weltgemeinschaft, in diesem Jahr einen Klimaschutzvertrag verabschieden zu wollen. Seitdem wird daran gearbeitet. Am Samstag wird es dann ein Papier geben – dann geht die Arbeit erst richtig los: das Umsetzen.
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