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Verhandlungen zu TTIPDie Freihandelsuhr tickt

Ab Montag wird in Brüssel weiterverhandelt. Um neue Leaks zu vermeiden, soll es in Leseräumen Kameras geben.

Greenpeace projiziert geleakte TTIP-Texte auf das Reichstagsgebäude Foto: dpa

Berlin taz | Die US-Amerikaner sind bei TTIP offenbar noch immer nicht zu Kompromissen bereit. Frankreich ist eigentlich doch für das umstrittene Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Und die EU überlegt, wegen früherer Informationslecks versteckte Kameras zu installieren. Das zeigt ein erneuter TTIP-Leak.

Ab Montag beginnt die 14. Verhandlungsrunde in Brüssel. Die beiden Wirtschaftsblöcke wollen sich noch 2016 einigen. Der Endpoker wird im Herbst stattfinden – dann wollen die EU-Regierungen entscheiden, ob die bis nach der 14. Runde erreichten Ergebnisse genügen, um bis Ende des Jahres zu einer Einigung zu kommen. Deshalb ist entscheidend, was diese Woche herauskommt. Wie die EU-Delegation ins Rennen geht, zeigt das Protokoll einer internen Sitzung vom 1. Juli in Brüssel, das dem Recherchezentrum correctiv.org vorliegt.

Die europäischen Verhandler wollen eine Einigung vorantreiben. Selbst die französische Regierung hat entgegen öffentlichen Aussagen ihres Premierministers Valls intern ihre Unterstützung des Abkommens bekundet. Präsident Hollande habe sich „zu TTIP bekannt“, äußerte ein Vertreter Frankreichs in der Sitzung. Die öffentliche Ablehnung sei politisch motiviert gewesen. „Man müsse zwischen technischer Arbeit und politischen Forderungen unterscheiden“, heißt es im Protokoll.

Von den USA sieht die Kommission kaum Entgegenkommen, vor allem bei den umstrittenen Themen. Bei der Öffnung des US-Markts für europäische Produkte beispielsweise bleiben die Amerikaner hart, insbesondere, was öffentliche Aufträge angeht. Für die EU ist das ein wichtiges Thema. Sie hat den europäischen Unternehmen versprochen, die Auftragsvergabe für öffentliche Gebäude, Straßen oder die Beschaffung von Autos für die Polizei in den USA zu erleichtern.

Fortschritte gibt es nur im Kleinen

Beim öffentlichen Beschaffungswesen gebe es „weiterhin kein Zeichen, dass die USA ihr Angebot vor dem Endgame noch einmal zu verbessern beabsichtige“, steht im Protokoll vom 1. Juli. Aus einem anderen Protokoll geht hervor, dass es die EU ärgert, dass US-Vertreter zugleich in europäische Hauptstädte reisen und behaupten, „dass die USA im Beschaffungsbereich viel offener seien als die EU“.

Schwierig ist es auch mit der Mobilität von Arbeitskräften. Die EU will, dass Visabeschränkungen wegfallen. Die USA haben früh klar gemacht, dass das bei TTIP nicht verhandelt werden soll. Dennoch schlägt die Kommission nun vor, dass EU-Bürger 50.000 Visa mehr bekommen – zusätzlich zu den 65.000 Arbeitsvisa, die von den USA über das Green-Card-Programm jährlich international ausgelost werden. Die Europäer wollen hierfür mit Kongressabgeordneten direkt sprechen. Diese müssten ein Gesetz ändern. Es sei „kein einfaches Thema, aber der Einsatz hierfür könnte sich lohnen“, steht in einem internen Bericht der EU-Beamten vom 17. Juni.

Die AutorInnen

Justus von Daniels und Marta Orosz sind RedakteurInnen des unabhängigen Recherchezentrums CORRECTIV.

Fortschritte gibt es nur im Kleinen: Die Kommission berichtet laut Protokoll vom 1. Juli, der US-Verhandlungsführer habe angekündigt, dass man in Kürze einig werden könne, „Äpfel und Birnen“ leichter in die USA zu exportieren. Im Vergleich zu den Interessen der großen Industrien ist das ein ziemlich magerer Fortschritt.

Etwas optimistischer ist die EU, wenn es um gemeinsame Regeln geht. Die Kommission will für die großen Industriebereiche endgültige Vorschläge machen, wie Standards geschaffen werden sollen. Allerdings werden hier alle Industrien einzeln verhandelt. Das Ganze kann sich also ziehen. Die EU wird hier nach Informationen von correctiv.org auch ein Kapitel zur Erleichterung von Bank- und Versicherungsgeschäften vorlegen.

Verärgert sind die USA und die EU über die Weitergabe vertraulicher Dokumente. Die EU-Kommission schlägt deshalb „als konkrete Maßnahmen vor: bessere Kontrolle elektronischer Geräte insbesondere mit versteckten Kameras, eine zweite Begleitperson ab Anwesenheit von 6 Personen“. Die deutsche Regierung reagierte verhalten auf diesen Vorschlag. Im Mai hatte Greenpeace fast alle geheimen Vertragsentwürfe zu TTIP veröffentlicht. Die Quelle wurde bislang nicht entdeckt.

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9 Kommentare

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  • Was ganz sicher völlig problemlos sowohl mit den USA als auch mit den europäischen Regierungen gehen wird: Die demokratiefeindlichen Sondergerichte für Konzerne und Finanzindustrie zu etablieren (ISDS).

    Ich kann nur hoffen, dass wir Bürger mehr Wertschätzung für Demokratie aufbringen als unsere gewählten Vertreter und dagegen bis Herbst so viel Druck machen, dass der Einstieg mit CETA (die vorläufige Anwendung ist geplant - auch wieder ein demokratisches Unding!) insbesondere für die SPD unverdaulich wird.

  • Ooo my god ! Stellt euch vor : Noch in diesem Jahrhundert wird es zwischen Europa und den USA Handel geben , FREIEN Handel ! Wir hier auf dem zurückgebliebenen alten Kontinent werden endlich endlich auch die wunderbaren unvergleichlichen Jeep-SUV-2Tonner fahren können , stolze Besitzer von amerikanischen Waschmaschinen sein , können die BW - je nach Einsatzart - endlich mit zahllosen Typen von Handfeuerwaffen ausrüsten , ... um hier nur ein paar Beispiele von Millionen anderen zu nennen !

     

    Danke Danke vorab, euch da in Brüssel und allen LänderRegierungschefs , dass ihr über euren Schatten springt und euch der höheren Weisheit des amerikanischen Großkapitals anvertraut !

    Einfach : Schöne neue Welt !

  • Bananen"republik" EU.

     

    Politiker die so undemokratisch agieren, sind Verbrecher. Es ist unerträglich.

  • "Die öffentliche Ablehnung sei politisch motiviert gewesen. „Man müsse zwischen technischer Arbeit und politischen Forderungen unterscheiden“, heißt es im Protokoll."

     

    Irgendwie typisch für die Heuchelei von Regierungen, die den Menschen Dinge aufdrücken wollen.

     

    "Die Kommission berichtet laut Protokoll vom 1. Juli, der US-Verhandlungsführer habe angekündigt, dass man in Kürze einig werden könne, „Äpfel und Birnen“ leichter in die USA zu exportieren."

     

    So läuft es halt. Ein paar kleine Brocken für die EU und ansonsten läuft es nach dem Diktat der USA. Aber unsere Regierung will ja unbedingt abschließen. So verhält sich ein vorbildlicher Vasall.

  • Kameras in den Leseräumen ... um weitere Leaks zu vermeiden? Spinnen die? Hej, liebe linke Leute, liebe TAZler: diese ungeheure Arroganz, dieses antidemokratische Vorgehen (bei behaupteter Demokratie) ist die Wurzel des Rechtspopulismus! Es hilft gar nichts, hier immer wieder zu schreiben, wie bescheuert doch die AfDler und ihre Wähler seien. Damit stellt ihr euch auf seiten der angeblichen "Eliten", der "Gebildeten", die das Heft nicht aus der Hand geben möchten. Linke Kritik sollte gerade dies kritisieren! Bourdieu schon vergessen?

    • @Albrecht Pohlmann:

      Voll einverstanden!

  • Nach wie vor ein Trauerspiel. Im September geht's erneut zur Demo. Ich hoffe jeder von euch ist beim Finale dabei!

    • @Hans Ali:

      Letztes Jahr war es eine ziemliche Machtdemonstration der Bewegung. Das war die größte Demonstration, auf der ich je war - und das Bündnis war genau richtig aufgestellt. So hat man dann auch Hoffnung, dass man mal was reißen kann.

  • Macht es denn überhaupt Sinn ohne vollzogenen Brexit weiter zu verhandeln.

    Nicht das die Briten noch ein faules Ei hinterlassen.