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Verhandlungen im Ukraine-KriegGipfeltreffen in Budapest?

Trump soll mit Orbán über Budapest als Verhandlungsort gesprochen haben. Für den ungarischen Premier stünde dabei einiges auf dem Spiel.

Könnte Schauplatz für das geplante Ukraine-Gipfeltreffen werden: Budapest Foto: Andrei Antipov/Zoonar/imago

Wien taz | Budapest also? Am Mittwoch kamen Gerüchte auf, dass die ungarische Hauptstadt Schauplatz für das geplante Ukraine-Gipfeltreffen werden könnte. Trump habe noch während des Treffens mit europäischen Spitzen mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán telefoniert, wie Bloomberg berichtet. Offenbar auf Wunsch der Regierungschefs, um Budapest zum Einlenken seines Ukraine-EU-Beitritt-Vetos zu bewegen. Orbán habe dabei Budapest als Ort für die Verhandlungen zwischen Putin und Selenskyj vorgeschlagen.

Trump dürfte ein solcher Vorschlag gefallen, pflegt er doch seit Jahren freundschaftliche Beziehungen zum ebenso illiberalen Orbán. Gleichzeitig unterhält Orbán beste Verbindungen nach Moskau – eine seltene Kombination. Der amerikanische Secret Service bereite ein Budapest-Treffen bereits vor, berichtet Politico unter Berufung auf Regierungsinsider. Das Weiße Haus bestätigte dies weder, noch dementierte es. Auch die ungarische Regierung schweigt vorläufig dazu.

Trump pflegt seit Jahren freundschaftliche Beziehungen zum illiberalen Orbán

Im April hatte Orbán bereits den umstrittenen israelischen Premier Benjamin Netanjahu in Budapest empfangen – trotz Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH). Orbán kündigte daraufhin Ungarns Ausstieg aus dem Internationalen Strafgerichtshof an. Formal ist der Ausstieg zwar noch nicht vollzogen, de facto setzt Ungarn ihn aber bereits um. Putin, gegen den seit März 2023 ein IStGH-Haftbefehl wegen unrechtmäßiger Deportation ukrainischer Kinder nach Russland besteht, hätte in Ungarn also nichts zu befürchten.

Orbán könnte sich verzockt haben

Noch vor den aktuellen Gerüchten zum Gipfeltreffen hatte Péter Magyar, Chef der derzeit wichtigsten ungarischen Oppositionspartei Tisza, Budapest als Verhandlungsort ins Spiel gebracht. Und zwar mit Berufung auf das Budapester Memorandum von 1994. Das Abkommen regelte Sicherheitsgarantien für die territoriale Integrität und Unabhängigkeit der Ukraine – doch 2014, als Russland die Krim annektierte und im Donbass einfiel, wurde es sozusagen mit Füßen getreten. „Jetzt sollte erneut eine tragfähige langfristige Vereinbarung hierzu erreicht werden“, schrieb Magyar Dienstagfrüh auf Facebook.

Entweder habe Magyar vorab Insiderinformationen erhalten oder ein gutes Gespür, wie er Orbán unter Druck setzen könne, sagt Politikanalystin Luca Flora Soltesz vom Thinktank Visegrad Insight. Für den seit 15 Jahren durchregierenden Orbán stehe in jedem Fall einiges auf dem Spiel: Er könnte sich verzockt haben, wenn der Gipfel doch nicht zustande kommt. Neben anderen Unwägbarkeiten müsse auch die Ukraine zum Treffen in Budapest bereit sein. Ungarn fährt seit Jahren einen moskaufreundlichen Kurs, setzt sich etwa konsequent gegen Russland-Sanktionen ein und ist somit alles andere als ein neutraler Boden.

Zudem instrumentalisiert die ungarische Regierung laut Soltesz systematisch das Thema der ungarischen Minderheiten in der Ukraine für anti-ukrainische Propaganda. Eine im ukrainischen Transkarpatien angezündete Kirche sei etwa von Orbán jüngst zur anti­ukrainischen Stimmungsmache benutzt worden. Während die nachbarschaftlichen Beziehungen bereits vor dem Krieg spannungsreich waren, spiele „die ungarische Regierung das aktuell sogar noch härter aus“, sagt Soltesz. Wenn Ungarn im Frühjahr 2026 wählt, dürfte die Ukraine am Ende aber ohnehin nicht wahlentscheidend werden – viel wichtiger sei die schlechte Wirtschaftslage Ungarns.

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