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Vergleich im Rechtsstreit über GlyphosatDie Zweifel der Bayer AG

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Ist sich der Konzern sicher, dass das Pestizid nicht krebserregend ist? Wohl nicht. Sonst würde Bayer kaum 11 Milliarden Dollar an die Kläger zahlen.

Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wird ausgespritzt Foto: Frank Hoermann/imago

A uch wenn Bayer und seine US-Tochterfirma Monsanto jetzt das Gegenteil behaupten: Der Vergleich des Chemiekonzerns mit mutmaßlichen Opfern seiner glyphosathaltigen Pestizide kann als Eingeständnis interpretiert werden, dass das Mittel möglicherweise doch Krebs verursacht. Denn wenn die Bayer-Manager ihrer Sache sicher wären, würden sie wohl kaum die legendär hohe Summe von 11 Milliarden Dollar zahlen an Kläger, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen. Bayer hat selbst eingeräumt, dass weitere Schuldsprüche denkbar seien.

Der Konzern beteuert dennoch, Glyphosat sei nicht krebserregend. Bayer habe die bisher drei US-Prozesse nur verloren, weil die Laienrichter keine Ahnung hätten. Nun, zur Jury im ersten Fall gehörten zum Beispiel mehrere promovierte Akademiker, ein Molekularbiologe und ein Umweltingenieur. Tagelang haben sie die Aussagen beider Seiten zu den diversen Studien gehört. So kamen nicht nur diese Geschworenen, sondern auch zwei weitere Jurys zu dem Schluss: Die Monsanto-Pestizide haben erheblich zu den Krebserkrankungen der Kläger beigetragen.

Dass die wichtigsten Zulassungsbehörden auf Bayers Seite stehen, bedeutet nicht viel. Denn diese Ämter arbeiten nach einem international ähnlichen, aber mangelhaften System: Immer wieder erlaubt es Pestizide, die sich später als zu gefährlich herausstellen. Der Insektenkiller Chlorpyrifos etwa war jahrzehntelang in der EU zugelassen, bis auch die Behörden begriffen, dass er Embryonen schädigt.

Ein Grund für solche Fehler ist, dass die Pestizidhersteller selbst die Studien in Auftrag geben, die im Rahmen der Zulassung die Sicherheit eines Stoffs überprüfen sollen. Die Unternehmen haben aber ein Interesse an „positiven“ Daten, und das beeinflusst zuweilen die Ergebnisse.

Der Fall Glyphosat sollte zwei Konsequenzen haben: Erstens muss das Pestizid schleunigst verboten werden. Zweitens müssen die Studien über die Sicherheit von Pestiziden künftig von einer Behörde in Auftrag gegeben werden – nicht von den Konzernen.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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3 Kommentare

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  • Es stört meine Vorstellung von Gerechtigkeit, wenn versucht wird alle Schuld dem Bayer-Konzern zu geben.

    Ich denke, dass so ein Konzern wie Bayer eine besondere und erhöhte Verantwortung trägt, wenn es um Herstellung und Zulassung von problematischen "Pflanzenschutzmitteln" geht.

    Dennoch muss auch folgendes benannt werden:

    Sehr viele Millionen Menschen treten indirekt (!) an Bayer



    oder ähnliche Firmen heran und beauftragen sie in etwa so:



    Bitte stellt "Pflanzenschutzmittel" her, auf dass die Landwirte "ertragreich" (maximales Ertragsgewicht pro Flächeneinheit)



    die Äcker bewirtschaften können und ich dann schließlich möglichst billig alle meine Lebensmittel kaufen kann.



    Und die Krebsgefahr und Gefahr für Grundwasser? Das betrifft eher die Anderen, aber nicht mich.

    Fazit:



    So ein Konzern kann nicht so viel ausrichten, wenn nicht eine große Masse an unkritischen Käufer/innen



    vorhanden ist, denen es sehr wichtig ist möglichst billige Lebensmittel zu kaufen!

    Würden (fast) nur Bio-Lebensmittel nachgefragt gäbe es BAYER so garnicht!

  • "Ist sich der Konzern sicher, dass das Pestizid nicht krebserregend ist? Wohl nicht. Sonst würde Bayer kaum 11 Milliarden Dollar an die Kläger zahlen"



    So geht Populismus und Unkenntnis wie eine Firma stabil wirtschaften kann. Mit dem Vergleich hat Bayer wieder Planungsicherheit und muss sich nicht durch mafiöse Abmahnvereine in der USA treiben lassen. Bei einem Produkt das weniger schädlich ist als schwarzer Kaffee, kann man nicht mehr testen.



    Der Einfluss auf die Umwelt ist ein anderes Thema und sollte nicht mit dem Vergleich bemangelt werden

  • "Zweitens müssen die Studien über die Sicherheit von Pestiziden künftig von einer Behörde in Auftrag gegeben werden – nicht von den Konzernen."

    Problem zur Zeit: unabhängige Studien gibts oft erst, wenn das Gift schon auf die Menschheit losgelassen ist, siehe Hawaii. Sozusagen als Feldstudie, mit Menschen als Versuchskaninchen:

    www.google.com/amp.../amp/idUSKBN1XW21N

    Was macht eigentlich der unsägliche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU), der 2017 die Verlängerung von Glyphosatgebrauch in der EU quasi allein entschieden hat? Hoffentlich wird 2022 im Interesse der Bevölkerung anders entschieden.