Vergabe von EU-Subventionen: Umweltorganisationen auf dem Kieker
Fördermittel an NGOs würden intransparent vergeben, bemängelt der EU-Rechnungshof. Konservative nutzen das zur Stimmungsmache gegen Umweltschützer.
Nach Ansicht der Rechnungsprüfer liegen „nur ungenaue und unvollständige Informationen über die EU-Förderung für NGOs vor, die sich in den internen Politikbereichen der EU engagieren“. Insgesamt gehe es um 7,4 Milliarden Euro. Was davon an NGOs geflossen ist, sei jedoch unklar.
Angestoßen wurde die Prüfung durch eine Korruptionsaffäre im Europaparlament, das so genannte „Katargate“ vor drei Jahren. Damals sollen Schmiergelder aus Katar über eine NGO in Brüssel geflossen sein, die ein ehemaliger Europaabgeordneter gegründet hatte.
Konservative und rechte EU-Abgeordnete nutzen die Prüfergebnisse nun, um eine schon länger laufende Kampagne gegen zivilgesellschaftliche Organisationen anzuheizen. Diese Kampagne zielt vor allem auf Umweltschützer – Bauernverbände und andere Lobbygruppen werden von der Kritik ausgespart.
CDU und CSU passt es nicht, dass Umweltorganisationen ihren Job machen
Es gebe schon seit einiger Zeit „berechtigte Fragen bezüglich der Transparenz von NGOs“, erklärte der Chef des Haushaltskontrollausschusses im EU-Parlament, Niclas Herbst (CDU). Dies hätten die Rechnungsprüfer nun bestätigt. Es fehle auch eine Kontrolle, „ob entsprechende NGOs überhaupt unsere EU-Werte teilen“.
Daran hatten CDU und CSU immer wieder Zweifel gesät. Einige Umwelt- und Klimaschützer lehnten die soziale Marktwirtschaft ab und schlössen Gewalt nicht aus, hieß es. Zudem werde das von der EU-Kommission ausgezahlte EU-Geld von den NGO genutzt, um in Brüssel für immer schärfere Umwelt- und Klimaziele zu lobbyieren.
Das ist allerdings ihr Job. Problematisch wird es erst, wenn die Brüsseler Behörde die NGO selbst dazu anhält, möglichst viel Druck zu machen. In der letzten Woche hatte die Kommission eingeräumt, dass es zu „spezifischen Interessenvertretungsmaßnahmen und unzulässigen Lobbytätigkeiten“ gekommen sei und dass „zusätzliche Maßnahmen“ ergriffen würden, um dies in Zukunft zu verhindern.
„Grundlegende Mängel bei der Vergabe von EU-Geldern“
Darauf angesprochen, wollten sich die EU-Rechnungsprüfer nicht äußern. Man kümmere sich lediglich um die korrekte Haushaltsführung und mache keine Politik, erklärte ein Sprecher in Luxemburg.
„Wir haben nur ein unscharfes Bild, welche Summen an NGOs fließen“, kritisierte Laima Andrikienė, die den Rechnungshofs-Bericht vorgelegt hat. Die Informationen über die Lobbygelder der NGOs seien häufig „weder zuverlässig noch transparent“.
Dasselbe gelte jedoch auch für Industrieverbände und Unternehmen, hält der auf Transparenzfragen spezialisierte Grünen-Abgeordnete Daniel Freund dagegen. „Es kann nicht sein, dass nun ausgerechnet Nichtregierungsorganisationen unter Druck geraten, weil es grundlegende Mängel bei der Vergabe von EU-Geldern gibt“, so Freund.
Die angesprochenen Missstände beträfen „zahlreiche Empfänger von EU-Fördergeldern“, auch in der Industrie. Doch das war nicht Gegenstand der Prüfung – und davor verschließen konservative Kritiker bisher meist die Augen.
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