Verfassungsgericht prüft Eurorettung: Warnschuss für die EZB
Vor dem Verfassungsgericht klagen Konservative, dass die EZB bei der Eurorettung unerlaubt „politisch“ agiere. Bisher scheinen die Richter ganz auf ihrer Seite.
KARLSRUHE taz | Es läuft gut für die Kläger. Bei der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über die Euro-Rettung teilten die meisten Sachverständigen deren Sicht: Der von der Europäischen Zentralbank (EZB) angekündigte Kauf von Staatsanleihen sei keine Geldpolitik, sondern verdeckte Staatsfinanzierung.
Die EZB hatte im letzten September angekündigt, Staatsanleihen von hochverschuldeten Staaten „in unbegrenzter Höhe“ zu kaufen, wenn diese sich zu Sparpolitik verpflichten. Die Kläger (unter anderem Peter Gauweiler von der CSU) sehen darin eine Verletzung des Demokratieprinzips, weil der Bundestag den auf Deutschland zukommenden Milliardenrisiken nicht zugestimmt habe. Das Bundesverfassungsgericht will nun entscheiden, ob die EZB ihre Kompetenzgrenzen verletzt hat.
Laut den EU-Verträgen ist die EZB nur für Geldpolitik – also die Wahrung der Preisstabilität – zuständig. Staatsfinanzierung ist ihr ausdrücklich verboten. Doch die ökonomischen Sachverständigen, die das Verfassungsgericht geladen hatte, konnten überwiegend keine Geldpolitik erkennen. „Für mich ist es Finanzpolitik“, sagte Clemens Fuest, vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung. Auch Hans-Werner Sinn vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung sprach von „verbotener Fiskalpolitik“. Nur Marcel Fratscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung qualifizierte den Anleihenkauf als „geldpolitische Maßnahme“. Fratscher arbeitete früher bei der EZB.
Deren Direktoriums-Mitglied Jörg Asmussen versicherte in Karlsruhe: „Unser Ziel ist es nicht, die Insolvenz eines Staates in der Eurozone zu verhindern, denn das liegt außerhalb unseres Mandats.“ Die EZB könne auch keine Reformen in den Euro-Staaten bewirken, das sei Sache der Politik. Allerdings könne die Zentralbank durch ihre Aktionen Zeit für Reformen erwirken – und zwar durch die Senkung „nicht gerechtfertigter Zinsspitzen“.
Ganz im Sinne der Kläger
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erwiderte: „Es ist nicht Aufgabe der Geldpolitik, Zeit für Reformen zu kaufen.“ Er fürchtet um die „disziplinierende Wirkung“ hoher Zinsen, wenn die EZB zinssenkend eingreife. Im EZB-Rat hatte nur die Bundesbank gegen das Ankaufprogramm gestimmt.
Die Verfassungsrichter zeigten sich überwiegend skeptisch. Sie befürchten eine „Politisierung“ der EZB, wie Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle sagte, da Entscheidungen der Zentralbank letztlich an nationalen Interessen ausgerichtet werden könnten – zu Lasten Deutschlands. Ein enges preispolitisches Mandat der EZB könnte dies verhindern, so die Hoffnung der deutschen Richter.
Ganz im Sinne der überwiegend konservativen Kläger sehen sich die Richter als Nothüter deutscher Interessen, die von der unabhängigen EZB gefährdet werden. „Sie kann entscheiden, ohne politisch zur Verantwortung gezogen zu werden. Das ist für alle Beteiligten perfekt, bis auf diejenigen, die am Ende die Zeche zahlen müssen.“
Leser*innenkommentare
lowandorder
Gast
@von kannes
"…Es geht um die Verhinderung des Zusammenbruchs
der Bundesrepublik Deutschland, falls sie das noch
nicht mitbekommen haben!!! Mit allen Konsequenzen…"
Ham' ses nich'n bißchen kleiner?
Sie haben völlig recht - Oswald Spengler, die x-te führt nicht weiter!
Aber verstehen, was für Grundfragen unserer Gesellschaft europaweit
und vor allem in welcher Weise und durch wen
in Karlsruhe verhandelt und - vielleicht - entschieden werden schon.
Geschichtsvergessenheit aber führt zu dem Irrglauben
und bei den Aktören wie beim Publikum zu dem Irrglauben,
dabei werde das Rad ständig neu erfunden.
Und - mit Verlaub - eine Analyse ( die Sie ja zudem eh nicht liefern ~:-))
ohne politisch-rechtlichen Rahmen und die Klarheit über die
Machtverhältnisse - is a Schmarrn.
Das zeigt - nur so als Beispiel - der Unsinn des Herrn Sinn.
Niemand - auch Sie nicht - wird dabei
der interessengeleiteten Erkenntnis entgehen.
Also ist nur zu bewerkstelligen, daß den
demokratischen, rechtlichen, sozialen und
politischen Anforderungen, Genüge getan wird.
'Gerechte Materialisierung von Interessen durch Verfahren!'
Darin haben die Kläger völlig recht,
Frage ist nur - ob sie wie unsere Primadonnen
in K-town, Germany, dabei auf der richtigen Party sind.
Genau letzteres zweifeln aber nicht nur Bonse und Rath
mit guten Argumenten an.
ps: - sorry - aber ohne Humor hab' ich
mich solche tiefem Geläuf nie nähern können;
dazu ist's zu ernst
kannes
Gast
@lowandorder
Was für ein Geschwurbel! Was ist Ihre Grundaussage?
Was wollen Sie?
Jede geschichtsverstiegene und personenzentrierte
Argumentation ist bei Analyse volkswirtschaftlicher,
rechtlicher und sozialer, ökologischer
und staatstheoretischer Zusammenhänge falsch!!!
Es geht um die Verhinderung des Zusammenbruchs
der Bundesrepublik Deutschland, falls sie das noch
nicht mitbekommen haben!!! Mit allen Konsequenzen
für die Bürger des Landes, ihren Rechten, ihren
Wohlstand, ihren Zukunftsperspektiven!
Ihr nebulöses Gemobbe bringt dabei niemand weiter!
lowandorder
Gast
Und ewig grüßt das Murmeltier.
Politik vs Recht= wer hat die Macht?
Lief mal die Risslinie ab den 70ern zwischen Seminaren
Helmuth Ridder (Gießen)/Peter Häberle
(Marburg) - auch Wolfgang Abendroth
( Marburg).
So polterte es Onkel Herbert Wehner
mit den " vier Arschlöchern in Karlsruhe" auf den Punkt.
Und die schwedischen Abgeordneten-Besucher des Gerichts
sagten " Neje tak", als ihnen klar wurde, daß vier Hansels des Gerichts
den Reichstag, Sveriges riksdag, das schwedische Parlament,
aufheben könnten.
Nun also " Wir sind die Volksvertreter" von - der CDU!
( Fast wie bei Ernst Benda - als Ex-IMI/CDU und BVerfG-Präsi
beim informationellen Grundrecht;
der Schaum bei den IMIlern ist heute noch nicht trocken!)
Aber auf dem Spielfeld der Macht läuft vor allem aber noch der EuGH rum.
Also mal sehn, ob Karlsruhe die Retourkutsche wagt
und wenn - was dem EuGH dazu einfällt.
(EuGH-Präsi ist für Vossibär eh nicht mehr drin
- genau wie bei Benda; aber Prof isser ja schon)
Karlsruher Primadonnen wirken etwas verstiegen:
- seid wann, bitte, ist eine EZB " unpolitisch?"
Einfach mal bei Hermann Heller nachblättern:
" was gibt es materielleres als das Haushaltsgesetz?!"
- oder eben heute zudem das Handeln der EZB!!
Man wird aufgrund der Fragen leider
den Eindruck nicht los - die großen Räder,
die da - durchaus mit ungewissem Ausgang - gedreht werden,
sind ihnen fremd und - unheimlich.
Schlechte Voraussetzungen für einen kühlen Kopf.
Hermann Heller war als Kronjurist der SPD der Gegenspieler
von einem gewissen Carl ( "Der Führer schütz das Recht") Schmitt,
dem Kronjuristen der Nazis;
…der mit "Ausnahmezustand; Freund-Feind-Denken und 'Quasselbude' für Parlament"!
Voßkuhle wiewohl Prof in Freiburg,
ist zwar eher der Schmitt-Fronde zuzurechnen, aber - paßt schon.
Parlament - s.o. und Verblüffung - aber doch passend gegen EZB!!
("- da "quasseln"=politisch alle, auch die armen Länder mit und rein"!)
- paßt ebenfalls schon - im Ergebnis.
Zugrunde liegt der Irrglaube vieler Juristen - und ähnlich die
" Staatsbankrott-Befürworter" - es ließen sich Entscheidungen/Umsetzungen
solchen gesamtgesellschaftlichen Ausmaßes
"rechtlich sauber, rational, berechenbar etc
= " unpolitisch" = nicht unsachlich" herstellen.
That's a lie.
Als die legendäre Währungsschlange in Schieflage
- jedenfalls aus BRD-Sicht geriet,
antwortete ein Ökonom/Banker?
auf " Auflösen!!" etc:
" tja, wenn Sie einen Tiger am Schwanz haben und den loslassen,
weiß auch niemand, was passieren wird."
Es war der Verfassungsrichter Jürgen Kühling, der vor einem "Richterstaat" warnte, weil er eine
"Zen-mentierung" fürchtete.
Wünschen wir uns also Glück! - viel.