Europäische Zentralbank senkt Leitzins: Noch billigeres Geld für Europa

Die EZB verschärft ihren Krisenkurs. In einem historischen Schritt machen die Währungshüter das Geld im Euroraum billig wie nie.

Noch ein Effekt: der Währungskurs fiel damit auf 1,34 Euro. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Europäische Zentralbank hat am Donnerstag ihren Leitzins gesenkt. Statt bei 0,5 Prozent liegt er jetzt bei 0,25 Prozent. Der Leitzins ist der Zins, zu dem sich die Banken kurzfristig Geld bei der Zentralbank leihen können.

Der deutsche Aktienindex DAX reagierte sofort und sprang auf ein neues Rekordhoch von 9.193 Punkten. Der Euro stürzte dagegen um mehr als 1 Prozent auf 1,3365 Dollar ab. Auch gegenüber Yen, Pfund und Schweizer Franken gab der Euro deutlich nach.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins gesenkt, weil die Inflation in der Eurozone inzwischen extrem niedrig ist: Sie lag im Oktober nur noch bei 0,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Dies war die niedrigste Inflationsrate in vier Jahren.

EZB-Chef Mario Draghi kündigte an, dass der Leitzins nicht so bald wieder angehoben werde, denn man erwarte „eine längere Phase niedriger Inflation“.

Unerfreulich für die Anleger

Niedrige Inflationsraten sind immer ein Alarmsignal, weil sie signalisieren, dass die Wirtschaft auf dem Weg in die Krise ist. Denn die Preise fallen nur, wenn die Firmen nicht ausgelastet sind und sich Rabattschlachten liefern.

Niedrige Zinsen sind für Anleger natürlich unerfreulich – weswegen einige ihr Geld abzogen und in anderen Weltregionen investierten, so dass der Eurokurs nachgab. Dieser Effekt war durchaus erwünscht, denn vorher hatte der Eurokurs gefährliche Höchststände erreicht: Noch in der vergangenen Woche lag er bei über 1,38 Dollar.

Der Euro war immer teurer geworden, weil auch die japanische Zentralbank und die US-Notenbank Fed die heimischen Zinsen senken. Dabei gehen sie sogar noch radikaler vor als die EZB, indem sie systematisch die Staatsanleihen ihrer Regierung aufkaufen, um auch die Langfristzinsen nach unten zu drücken.

Anleger auf der Flucht

Der hohe Eurokurs gefährdete jedoch die Exportindustrie in den Euroländern – vor allem die Firmen in den Krisenstaaten waren auf dem Weltmarkt kaum noch konkurrenzfähig. Dieser Trend ist vorerst gestoppt, indem die EZB den Leitzins senkte.

Wenn die Zinsen fallen, sind die Anleger auf der Flucht in andere Vermögensanlagen, weil sie hoffen, dort höhere Renditen zu erwirtschaften. Also stieg der DAX sofort an, nachdem bekannt wurde, dass die EZB ihren Leitzins senken würde.

Die steigenden Aktienkurse haben mit der realen Wirtschaft jedoch nichts zu tun. In diesem Jahr wird die Wirtschaft in der Eurozone um 0,4 Prozent schrumpfen, wie die EU-Kommission kürzlich prognostiziert hat. In Deutschland sieht es zwar etwas besser aus, aber auch hier wird die Wirtschaft nur um 0,4 Prozent zulegen.

Von den niedrigen Zinsen profitieren auch die Regierungen in den Euroländern. Sie können sich jetzt ebenfalls billiger verschulden. Zehnjährige Staatsanleihen von Italien und Spanien werden jetzt nur noch mit rund 4 Prozent verzinst. Deutsche Papiere rentieren sogar nur mit knapp 1,7 Prozent.

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