Verfassungsgericht bleibt männlich: Keine Quote für Karlsruhe
Die Grünen wollten den Frauenanteil am Verfassungsgericht erhöhen. Im Bundestag scheiterten sie aber mit einem Schnellschuss-Antrag.
FREIBURG taz | Das Bundesverfassungsgericht wird nicht quotiert. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde im Bundestag vorige Woche mit den Stimmen der Großen Koalition abgelehnt.
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit je acht Richtern. Der Antrag der Grünen lautete: „In jeden Senat müssen mindestens drei Frauen gewählt werden.“ Es ging also um eine 37,5 Prozent-Quote. „Das ist nicht zu viel verlangt, nachdem wir jüngst eine Quote für Aufsichtsräte beschlossen haben“, argumentierte die grüne Rechtspolitikerin Renate Künast. Unterstützung bekam sie aber nur von der Linken.
Die SPD bezeichnete sich zwar als „Partei der Quote“, lehnte den „Schnellschuss“ der Opposition jedoch ab. Tatsächlich hatten die Grünen ihren Antrag erst zwei Tage vor der Abstimmung eingebracht – als dürfe möglichst niemand etwas von der Forderung mitbekommen.
„Warum sollen nicht auch andere Gerichte quotiert werden?“, fragte der SPD-Abgeordnete Matthias Bartke. Der CDU-Rechtspolitiker Volker Ullrich sagte: „Verfassungsorgane quotiert man nicht, man respektiert sie.“
Schneewittchen-Prinzip
Lange Zeit waren die Senate am Bundesverfassungsgericht nach dem Modell „Schneewittchen“ zusammengesetzt (Königstochter und sieben Zwerge = eine Richterin und sieben Richter). Am Ersten Senat war dies zuletzt 2011 der Fall. Derzeit liegt der Frauenanteil bei immerhin fünf von sechzehn RichterInnen. Dem Ersten Senat gehören an: Susanne Baer, Gabriele Britz. Im Zweiten Senat sitzen: Monika Hermanns, Sibylle Kessal-Wulff und Doris König. Schuld am niedrigen Frauenanteil ist vor allem die Union, die in mehr als sechs Jahrzehnten erst zwei Frauen nominierte.
Anlass des Grünen-Antrags war eine Änderung des Wahlverfahrens für die acht Verfassungsrichter, die vom Bundestag bestimmt werden. Bisher war hierfür ein zwölfköpfiges Wahlgremium zuständig. Künftig soll das Gremium nur noch Vorschläge machen und die Wahl im Plenum des Bundestags stattfinden. Das werde dem Wortlaut des Grundgesetzes, in dem das Wahlgremium nicht erwähnt ist, besser gerecht.
Praktisch dürfte sich aber nicht viel ändern. Die Wahl wird weiter mit Zweidrittelmehrheit erfolgen und auch künftig soll die Wahl „ohne Aussprache“ stattfinden. Eine Frist für öffentliche Diskussionen ist weiterhin nicht vorgesehen. Theoretisch kann der Kandidat morgens bekannt werden – und schon mittags wird im Plenum gewählt.
Der gemeinsame Antrag aller Fraktionen, künftig im Plenum zu wählen, wurde in der Nacht von Donnerstag auf Freitag einstimmig angenommen.
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