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Verein will Whistleblower stärkenPolizist*in, bitte melde dich!

Ein Grundrechteverein will Whist­leb­lo­wer*­in­nen in der Polizei bestärken, dort Missstände offenzulegen. Auch die Ampel plant hier Schritte.

Könnte einer von ihnen Whistleblower sein? Berliner Polizisten im Einsatz Foto: Carioline Bock/ dpa

Berlin taz | Rechtsextreme Chatgruppen in der Polizei, überzogene Einsätze, Verletzungen von Dienstpflichten. Immer wieder fabriziert die Polizei solche Negativschlagzeilen – auf welche die Behörde oftmals mit einer Abwehrhaltung und internem Korpsgeist reagiert. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) will das mit einem Projekt nun durchbrechen – und Whist­leb­lo­wer*­in­nen innerhalb der Polizei motivieren.

Immer wieder würden Missstände in der Polizei nur deshalb bekannt, „weil mutige Menschen aus den eigenen Reihen die Stimme erheben“, erklärte Projektkoordinatorin Franziska Görlitz. Die Gesellschaft sei auf diese Meldungen angewiesen. Deshalb brauche es einen „starken Schutz“ für die Whistleblower*innen.

Die GFF schaltete deshalb am Mittwoch ein Onlineportal frei. Der Titel: „Mach Meldung! Starke Stimmen für die Polizei“. Durch Informationsangebote soll Whist­leb­lo­wer*­in­nen in der Polizei gestärkt und ihr Tun „erleichtert und normalisiert“ werden, so der Verein. Ab September sollen auch interne und externe Meldestellen aufgelistet werden, an die Po­li­zis­t*in­nen Missstände melden können. Bei Bedarf sollen Beamte auch individuell begleitet und „strategische Klagen“ geführt werden. Polizeibehörden will die GFF zudem Schulungsangebote unterbreiten.

In einer Begleitstudie sollen schließlich die Bedingungen für Po­li­zis­t:in­nen erforscht werden, um Verfehlungen innerhalb der Polizei zu melden. Dabei sollen auch potentielle Hindernisse identifiziert und Po­li­zis­t*in­nen befragt werden.

Whistleblowergesetz gerade in Kraft getreten

Die GFF stützt sich dabei auch auf das Whistleblowergesetz, das am 2. Juli in Kraft getreten ist. Damit sollen Hin­weis­ge­be­r*in­nen mehr rechtlichen Schutz erhalten und ihre Identität besser geschützt werden. Auch sind größere Unternehmen nun verpflichtet, Meldewege einzurichten. Die GFF verweist aber darauf, dass das Hinweisgeberschutzgesetz etwa für Geheimdienste nicht gelte und Whistleblower bei der Polizei bisher „ein hohes Risiko eingehen“, weil der starke Zusammenhalt unter den Be­am­t*in­nen das Melden von Verstößen erschwere und oft negative Konsequenzen habe.

Gerade für die Polizei aber sei es wichtig, weil diese mit ihren Maßnahmen tief in Grundrechte von Betroffenen eingreife und ein Benennen und Beseitigen von Missständen für das Vertrauen in die Behörde „von besonderer Bedeutung“ sei, so der Verein. Das Whistleblowing sei „nicht etwa Nestbeschmutzung, sondern ein wichtiger Beitrag zum demokratischen Gemeinwesen“.

Auch die Ampel-Regierung hat sich vorgenommen, gegen strukturelle Missstände in der Polizei vorzugehen – und will unter anderem dafür einen Polizeibeauftragten einführen. Nach der Sommerpause soll ein entsprechender Gesetzentwurf im Bundestag verabschiedet werden. Den Posten soll der SPD-Innenpolitiker und Polizist Uli Grötsch bekommen.

Auch eine Studie, die 2020 noch vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in Auftrag gegeben wurde und für die die Deutsche Hochschule der Polizei gut 50.000 Po­li­zis­t:in­nen befragte, konstatierte zuletzt Missstände. Laut Zwischenergebnissen vom April erklärten 6 Prozent der befragten Be­am­t*in­nen, sie würden „öfter“ Diskriminierung oder Mobbing in den eigenen Reihen bemerken. Zehn Prozent erlebten auch sexistische Äußerungen und sechs Prozent rassistische Äußerungen. Einige Befragte gaben an, dies Vorgesetzten gemeldet zu haben. Anzeigen dazu seien indes „fast nie“ gestellt worden, bemerkte die Studie.

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14 Kommentare

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  • Eine Gesellschaft wie in China, die auf Denunziantentum beruht will ich eigentlich nicht.

    • @Heidi Schneider:

      Interne Hinweisgeber auf Diskriminierung, Mobbing, Sexismus, Rassismus oder rechten antidemokratischen Gedankengut innerhalb der Gruppe die das Gewaltmonopol des Staates vertritt sind für sie Denunzianten? Was für ein Demokratieverständniss haben sie?

    • @Heidi Schneider:

      Frau Schneider, Denunziantentum ist, wenn der Staat mich dazu ermuntert oder sogar belohnt, wenn ich meinen Nachbarn ausspioniere. Whistleblower sind Menschen, die unter persönlicher Gefahr Missstände in Behörden etc. aufdecken bzw. publik machen. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

    • @Heidi Schneider:

      Denunzianten und Hinweisgeber/Whistleblower sind für Sie das Gleiche?

      • @Grauton:

        Heidi von Alm & dem Almöi & den Geißen vom Peter.

        kurz - Sie haben recht.



        “Dess schleckt die Geiß nit weg!“



        (sagt man im Engadin!)

      • @Grauton:

        Nun ja, wenn die Informationen meine Position verbessert ist es ein Hinweisgeber/Whistleblower....und wenn es meiner Position schadet ist es ein Denunziant ;)

        • @SeppW:

          Ach Gottchen Leevs Lottchen!

          Ein deMisère-Verschnitt! Woll.



          “ Im Mai 2014 bestätigte er die USA als „unseren wichtigsten Sicherheitspartner“ und bezeichnete Edward Snowden als Straftäter, der an die USA auszuliefern sei.“



          de.wikipedia.org/w...s_de_Maizi%C3%A8re



          & mal den Dr. Dieter Deiseroth -



          www.jstor.org/stable/23429773



          Richter am BVerwG Dr. Dieter Deiseroth, Düsseldorf und Professor Dr. Peter Derleder, Bremen



          Whistleblower und Denunziatoren*



          Die Mitteilung von Missständen aus Betrieben und Einrich- immunisiert) oder eine tragische Entdeckung mir weitrei- tungen kann notwendige Warnung und zugleich Loyalitäts- chenden Folgen machen, von denen niemand etwas wissen verletzung sein. Der Gesetzgeber plant insoweit eine Reform will. Muss nicht jede Gesellschaft auf Helden und Heldinnen zur Fixierung der Zulässigkeitskriterien. Die Autoren gehen



          dem Vorhaben in theoretischer und praktischer Sicht nach. bauen, um Katastrophen abzuwenden, also auf Personen, die ohne Rücksicht auf ihren persönlichen Nachteil entschlossen



          für die Gemeinschaft zu handeln bereit sind? & ff



          &



          Zivilcourage lernen Analysen – Modelle – Arbeitshilfen



          Dr. Dieter Deiseroth =>



          www.bpb.de/system/files/pdf/7NTX8Y.pdf



          &



          de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Deiseroth



          “Deiseroth orientierte sich an der wissenschaftlichen Haltung des Gießener Verfassungsrechtlers Helmut Ridder. Er wurde vor allem durch seine Stellungnahmen zum Whistleblowing, zu Fragen des Besatzungsstatuts und alliierter Eingriffsrechte nach 1945 und zu Fragen des Kriegsvölkerrechts sowie zur Täterschaft beim Reichstagsbrand 1933 bekannt.…“



          (Dr. Dieter D. Ein viel zu früh verstorbener Weggefährte & Freund)

  • Das ist uneingeschränkt zu begrüßen.

    Die politische Schickeria hat Problematik & Ursachen kontinuierlich unterschätzt und bis zur Kenntlichkeit entstellt - gedeckt.



    Dabei ist organisationssoziologisch hinlänglich für Orgs - die das staatliche Gewaltmonopol KONKRET UMSETZEN - bekannt - daß hinter dem Korpsgeistschutzschild es durchweg dieselben sind - die gelinde gesprochen!



    “Über die Zäune fressen!“ - d.h. als Polizisten fehl am Platze sind.



    Aber dennoch fahrstuhlmäßig gern trotz Dissis befördert werden!;((



    Ein brutalstmögliches Beispiel in der Kontinuität der Schmier (kölsch für Polizei) waren die PolizeiBataillone im Dritten Reich - in WK II hinter den Linien der Wehrmacht & der Waffen-SS die “Drecksarbeit“ machten: Partisanenerschießungen “Säuberungen“ etc..



    Und! Nach WK II wieder Streifendienst and the whole shit im normalen Polizeidienst in den Ländern machten. (Habe solche einschl. PolOffz gekannt!)



    Und Däh! Aus Berichten Erzählungen ist bekannt:



    Es waren immer dieselben - die sich innerhalb der Einheiten freiwillig zu Massakern meldeten - sich hervortaten! Von den PolOffz gedeckt •



    & wie anders -



    Sagte es doch mein gelegentlicher ☕️☕️ Gegenüber - Leiter der Moped-Staffel.



    “Namensschilder für Polizisten? Geht völlig in Ordnung!



    Hab ich jahrelang getragen. Ich hab nichts zu verbergen.



    Was ich mache - kann ich verantworten!“



    So! Wünscht frauman sich das doch! Newahr



    Normal Schonn •

    unterm——das 1. über das ich in den 70ern im Spiegel las



    de.wikipedia.org/w...izei-Bataillon_101



    &



    de.wikipedia.org/wiki/Polizeibataillon



    &



    www.lexikon-der-we...one/Gliederung.htm



    (War gut über 10Jährchen ++ für Dienstrecht zuständig.)

    • @Lowandorder:

      Das hänge ich mich mal ran.

      Nur noch ein Wort zur Bebilderung. Die Cops aufm Foto stehen vor dem Columbiabad in Neukölln.

      Das ist derzeit geschlossen, weil die Mitarbeiter von jugendlichen Badegästen nachhaltig bedroht, bespuckt und attackiert wurden.

      Für die paar Euro macht man so einen Scheiss nicht mit, sondern meldet sich logischerweise krank.

      Ich bin ja nun keine Wilmersdorfer Witwe, habe aber dennoch den Eindruck, dass das immer krasser wird.

      Das sind schon lausige Zeiten, wenn man nur noch baden gehen kann, wenn eine Hundertschaft dabei ist.

    • @Lowandorder:

      Und wenn schon keine Namensschilder (wofür z.B. im Bereich organisierter Kriminalität ja Argumente zu finden sind), dann doch wenigstens endlich eine bundesweite Kennzeichnungspflicht.



      Dieses unsägliche Generalverdachtsgeschwätz insb. aus Bayern wird von einer CSU Generation an die nächste vererbt.

  • Der Punkt ist doch, das Polizisten und Polizistinnen einen Amtseid auf die Verfassung abgelegt haben. Und nicht einen Eid auf Korpsgeist und Wegschauen.



    Ergo hat jede:r Einzele die Pflicht, auch nach Innen hin die verfassungsgemäße Grundordnung zu schützen und sogar zu verteidigen.

    Aber das tut offenbar niemand aus der Polizei.

    Und die Politik segnet das natürlich immer wieder ab weil man die Polizei ja auch als Unterdrückungsinstrument (miss)braucht.



    Siehe Hambacher Horst, Hamburger Kessel ...

    • @Bolzkopf:

      "Der Punkt ist doch, das Polizisten und Polizistinnen einen Amtseid auf die Verfassung abgelegt haben. Und nicht einen Eid auf Korpsgeist und Wegschauen."

      Wenn es im Einsatz "hart auf hart" kommt hilft die Verfassung nicht weiter, sondern eher der Korpsgeist. Beim Militär genau dasselbe. Schon immer so gewesen, weil die Einheit genau davon lebt.

      • @SeppW:

        VERZ

        POLIZEILICHES PRÜFSCHEMA

        VERHÄLTNISSMÄSSIGKEIT



        ERFORDERLICHKEIT



        RECHTMÄSSIGKEIT



        ZWECKMÄSSIGKEIT

        MEIN HEILPRAKTIKER -



        War mal MP - MilitärPolizist -



        Personenschützer ua bei Leber Schorsch

        Ehna in ehr Stammbuch!



        Wennse aber lieber in einer Räuberhöhle wohnen wollen. Bitte.



        Rechtsstaat aber - Ist Verfassungsgebot •



        &



        Ehre Persilscheinattitüde zeigt - wie wichtig Wistleblowing in solchen closed-shop vande Korpsgeist ist! Woll.



        Na aber Si’cher dat. Dat wüßt ich ever.



        Da mähtste nix.



        Normal.

    • @Bolzkopf:

      Das gesamte Leben findet zwischen Norm und Faktischem statt....