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Vereidigung von US-Präsident TrumpTag der Schirmmützenträger

Washington ist eine Demokraten-Hochburg, doch zur Vereidigung haben sich viele Rechte eingefunden. Auf der Straße sorgt das für Konflikte.

Viele der Trump-Schirmmützenträger sind zum ersten Mal im „Sumpf“ von Washington D.C. Foto: ap

Washington taz | Am Ende des Tages, der nach Donald Trumps Willen den Anfang einer neuen Epoche markieren soll, fahren drei rote- „Make-America-Great-Again“ Schirmmützenträger – Vater, Mutter und Sohn – auf der Rolltreppe zur U-Bahn Chinatown herunter. Am Mittag haben sie Trumps Antrittsrede zugehört, in der er es geschafft hat, in 16 Minuten 35 mal „Amerika“ zu sagen und in der er allen, inklusive den „anderen Hauptstädten“, angekündigt hat, dass mit ihm ein anderer Wind wehen werde. Denn künftig gelte für alle Entscheidungen: „Amerika zuerst“.

Am Nachmittag, als Trump in einer schwarzen Limousine mit verschlossenen Fenstern über die Pennsylvania Avenue rollte, haben die drei Schirmmützenträger ihm erneut zu gejubelt. Ob er sie zurückgrüßte, war durch die dunkel getönten Fensterscheiben der Limousine nicht zu erkennen. Von der Rolltreppe, die nach oben führt, ruft ein Mann ihnen etwas zu. Die Familie glaubt an eine Freundlichkeit und winkt. Der Mann löst das Missverständnis umgehend auf. Er hält seinen Mittelfinger hoch und schreit von Rolltreppe zu Rolltreppe: „Fuck Yourself!“ Die drei ziehen die Köpfe ein. Hinter ihnen brandet Beifall für das Fluchen auf.

Schon gegen Ronald Reagan gab es Demonstrationen am Tag seiner Amtseinführung. Aber den 45. Präsidenten und seine Anhänger empfängt die US-Hauptstadt so feindselig wie keinen anderen. Die Washingtonians bleiben zuhause. Sie lassen die Schirmmützenträger bei der Amtseinführungszeremonie um zwölf Uhr mittags allein auf der Mall.

Acht Jahre zuvor war die lange Wiese, die sich bis zum Lincoln Memorial nach Westen zieht, schwarz vor Menschen, an diesem Tag klaffen große Lücken, während Trump in seiner Antrittsrede auf der Westseite des Kapitols das Land in so düsteren Farben beschreibt, als wäre es kriegszerstört, und er in Anwesenheit des scheidenden Präsidenten Barack Obama, und zahlreicher Kongressabgeordneter seiner eigenen republikanischen Partei vorwirft, sie hätte in ihre eigene Tasche gewirtschaftet, statt die Interessen der Öffentlichkeit zu vertreten.

Die Washingtonians bleiben auch der Pennsylvania Avenue fern, über die die Trumps sich am Nachmittag in Begleitung von 5.000 Militärs am Nachmittag ins Weiße Haus bewegen. Wenn Slogans längs der Paraderoute ertönen, stammen sie von linken Gegendemonstranten, die ihrerseits aus dem ganzen Land angereist sind. „Donald Trump verschwinde“, rufen sie, „Anti-Frauen, Anti-Arbeiter, Anti-gay“. Oder ganz einfach „Not my President“.

Wenn diese Rufe ihnen allzu zu laut werden, reagieren die Trumpisten mit „U-S-A“-Rufen oder dem Namen des neuen Präsidenten. Etwas anderes fällt ihnen nicht ein. Auch später am Abend, ist die Skepsis spürbar: beim Amtsantritt des 45. Präsidenten finden weniger Inauguration-Bälle statt und weniger Menschen nehmen daran teil. Euphorie fühlt sich anders an.

Im Bann des Präsidenten

Washington ist eine Hochburg der Demokraten, viele der Schirmmützenträger hingegen stehen so weit rechts, dass selbst Republikaner sich von ihnen fernhalten. Am Tag der Vereidigung gehört die Straße ihnen. Sie laufen in großen Gruppen, so wie die Busse und Züge sie ausgespuckt haben, herum. Viele sind zum ersten Mal in der Stadt, die ihr Präsident als „Sumpf“ bezeichnet, den er „austrocknen“ soll. Schon von weitem sind sie sowohl als Trump-Anhänger als auch als Provinzler zu erkennen.

„Kindisch“ nennt Benji Parent, der mit seinem Bruder aus Texas angereist ist, das Benehmen der Gegendemonstranten. Er habe zwar nichts gegen die Meinungsfreiheit, sagt er, aber Trump sei nun einmal gewählt und damit müssten sich nun alle abfinden. Bei Diskussionen mit Linken am Rand der Parade verteidigen er und sein Bruder Britt alles, was Trump gesagt und getan hat. Dass der sich bei einem Auftritt über die Behinderung eines Journalisten lustig gemacht hat, nennen sie: „aus dem Kontext herausgerissen“. Dass ein TV-Team die komplette Szene gefilmt hat und eine andere Geschichte erzählt, beeindruckt sie nicht.

Trumps Rassismus gegen Latinos und Muslime nennen sie „eine Manipulation von Journalisten“, obwohl Trump auch diese Äußerungen öffentlich gemacht hat. Und seine Prahlerei damit, dass er Frauen nach gusto begrabsche, nennen sie „normales Gerede aus Umkleidekabinen“.

Die Anhänger stehen so im Bann ihres Präsidenten, dass sie nicht bereit sind, dessen Schwachstellen zu erkennen. Selbst wenn die noch so offensichtlich sind. Gegen Journalisten hegen sie das Misstrauen, das Trump schon im Wahlkampf ausgenutzt hat, als er die Medien ausbuhen ließ und als er ankündigte, dass er sich als Präsident eher auf Twitter verlassen werde.

Auf der C Street, in der Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle vor dem Eingang zur Mall, fotografiert eine Trump-Anhängerin den Presseausweis, den die deutsche Journalistin um den Hals trägt. Im Interview spricht sie ihr dann Mitgefühl dafür aus, dass Deutschland ein „großes Problem mit Muslimen habe“. Und erklärt, dass Trump auch darüber mit Angela Merkel reden werde.

Einwanderung, der Generalverdacht gegen „die Politiker“ und gegen die Medien sowie eine Abscheu gegen „die Lügnerin“ Hillary Clinton, sind mehr als zwei Monate nach dem Ende der Wahlen immer noch die Themen, die die Schirmmützenträger verbinden. Auf die Aufforderung, positive Züge ihres Präsidenten zu nennen, kommen manche in Erklärungsnot und antworten damit, was Trump nicht ist. „Er ist nicht Hillary“, sagt eine Frau aus Buffalo. „Er ist kein Politiker“, sagt ein Mann aus Colorado. Zu Trumps positiven Zügen zählen seine Anhänger, darunter die zahlreichen Militärs, dass er das Militär stärken, die Steuern senken und eine Mauer längs der Südgrenze bauen will.

„Er ist das Establishment“

Andrew aus New Jersey, der an diesem Tag mit zwei Freunden seinen 24. Geburtstag feiert und schon mittags nach Alkohol duftet, setzt auch auf die Positivliste, dass Trump die Jobs zurückholen werde, „die niemand von uns machen will“. Ein Freund boxt ihn in die Seite : „pass auf, das könnte in die Zeitung kommen.“ Die Anhänger schätzen an dem Präsidenten auch, dass er direkt sage, was er denkt und dass er ein erfolgreicher Geschäftsmann sei. „Er ist Milliardär, er ist 70 und er hat eine wunderschöne Frau“, erklärt ein Trump-Anhänger aus Oklahoma: „er ist nicht auf uns angewiesen“.

Am Navy-Memorial, am Rand der Parade wehrt sich eine linke Demonstrantin gegen die Behauptung seiner Anhänger, Trump wäre geeignet, „gegen das Establishment“ anzugehen. „Trump ist kein Gegner des Establishments“, sagt sie, „er ist das Establishment“. Die Gegendemonstranten nutzen die Vereidigung, um sich warmzulaufen für die große „Women's March“, die am folgenden Tag stattfindet.

Sie haben Transparente mit Aufschriften wie: „Heil Twitler“ hochgehalten, sich gelbe Sterne an die Brust geheftet, um „Respekt“ für ihre jeweilige Minderheit gebeten und auf den Widerspruch hingewiesen, dass Trump, der gerade ein neues Hotel in Washington eröffnet hat, das komplett mit Möbeln und Accessoires aus Billiglohnländern ausgestattet ist, an diesem Tag erklärt: „Wir werden amerikanisch kaufen und Amerikaner beschäftigen.“ Der Neonazi Richard Spencer bekommt mitten in einem Interview einen Boxstoß auf die Nase. Und am Abend gehen in Washington mehrere Autos in Flammen auf und werden Schaufenster zerschlagen und die Polizei nimmte Dutzende Gegendemonstranten fest.

Ein paar Schritte von der U-Bahnstation Chinatown steht am Abend ein junger Mann aus San Francisco allein auf der Straße. Er trägt ein gelbes Schild mit der Aufschrift: „Ich habe Angst“. Trump-Anhänger strömen zu Tausenden auf dem Heinweg von der Parade an ihm vorbei. Manche sagen: „Angst? Wovor hat der Angst“. Aber sie sprechen Gabriel Diamond nicht an. Andere hingegen, darunter vor allem Frauen, die rosa Strickmützen mit Katzenöhrchen tragen, wie sie bei Trump-Gegnerinnen in Mode sind, kommen zu ihm, fotografieren ihn, sagen ihm: „Du bist nicht allein.“

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5 Kommentare

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  • Es ist eine Aufregung, als ob die Ankunft des Antichristen kurz bevor stünde. Angebracht wäre eine emotionale Mäßigung und verbale Abrüstung.

  • Ob er sehr stolz auf sich gewesen ist, der Stinkefingerzeigervon der Rolltreppe? Vermutlich. Wer anderen signalisieren kann, dass er sie ganz bestimmt nicht braucht, ist ja ein "großer" Mann.

     

    Die "Washingtonians", die all die "Schirmmützenträger" allein gelassen haben an ihrem ersten Tag in Washington, haben damit nichts anderes getan als all die Jahre und Jahrzehnte zuvor. Sie haben Menschen, mit denen sie nichts gemein haben wollen, sich selber überlassen, ihrem trostlosen Alltag und ihren wirren Gedanken. Ein demonstratives "Fuck Yourself" ist alles, was sie für sie übrig hatten.

     

    Die Amerikaner, scheint mir, sind alle miteinander Opfer. Opfer einer Ideologie, die jeden Einzelnen von ihnen zwingen will, sich "groß" zu fühlen. Hauptstädter müssen auf Provinzler herabsehen, Gebildete auf Ungebildete, Reiche auf Arme und Beschäftigte auf Arbeitslose. Die, die ganz "unten" sind, haben nur noch eins, worauf sie sich was einbilden können: ihre Nationalität. Sie müssen auf Einwanderer herabblicken bzw. auf den kleinen "Rest" der Weltbevölkerung. Amerika zuerst heißt in ihren Ohren: Lasst uns die kleinen Leute groß machen.

     

    Nein, Trump wäre auch nicht "mein Präsident". Nur verstehe ich nicht, was dieses besitzanzeigende "mein" bedeuten soll. Mag sein, dass seine Anhänger so im Bann des neuen Präsidenten stehen, dass sie seine Schwachstellen nicht sehen. Die Trump-Gegner allerdings scheinen mir noch immer so von sich selbst eingenommen zu sein, dass sie sich einblden, sie hätten keine Fehler (gemacht). Vielleicht haben sie sich einfach schon zu lange "groß" gefühlt auf Kosten "kleiner" Leute.

     

    Es stimmt, Trump ist nicht angewiesen auf seine Wähler. Er hat sie nur ein einziges Mal gebraucht. Am selben Tag wäre auch Hillary Clinton angewiesen gewesen auf die Stimmen dieser Leute. Ihr haben sie sich verweigert. Hillary Clinton nämlich hat nicht erkannt, was diese Leute mehr als alles andere gewollt haben: Sein, was sie sein sollen.

    • @mowgli:

      Es spricht absolut nicht für Sie, diesen Hassprediger nicht zu erkennen.

      Keiner muß sich für vollkommen halten, um diesen Typen zu kritisieren.

      Trump beweist nicht nur seine Radikalität gegen alle anderen, sondern seine totale Unfähigkeit.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "Washington ist eine Demokraten-Hochburg, doch zur Vereidigung haben sich viele Rechte eingefunden."

    ...

    "haben die drei Schirmmützenträger ihm erneut zu gejubelt. Ob er sie zurückgrüßte, war durch die dunkel getönten Fensterscheiben der Limousine nicht zu erkennen. Von der Rolltreppe, die nach oben führt, ruft ein Mann ihnen etwas zu. Die Familie glaubt an eine Freundlichkeit und winkt. Der Mann löst das Missverständnis umgehend auf. Er hält seinen Mittelfinger hoch und schreit von Rolltreppe zu Rolltreppe: „Fuck Yourself!“ Die drei ziehen die Köpfe ein. Hinter ihnen brandet Beifall für das Fluchen auf."

     

    Zivilisierte "Rechte" werden bedrängt von asozialen Liberalen? Dachte es sollte andersrum sein.

  • 3G
    33523 (Profil gelöscht)

    “Gegen Journalisten hegen sie das Misstrauen, das Trump schon im Wahlkampf ausgenutzt hat, als er die Medien ausbuhen ließ und als er ankündigte, dass er sich als Präsident eher auf Twitter verlassen werde.”

     

    Das ist kein Wunder nach der den Wahlkampf begleitenden Berichterstattung. Dabei waren die amerikanischen Medien weniger voreingenommen als die Deutschen und das mag schon was heißen.

     

    Es ist keine einfache Aufgabe Frau Clinton als optimale Kandidatin zu verkaufen, dennoch haben sich viele Medien zu einem von Hillary's Marktschreier machen lassen. Darüber das Clinton die Fragen zur Debatte mit Sanders vorab zugespielt bekommen hat wurde kaum gesprochen und weitere Trickserein um Sanders aus dem Rennen zu kegeln wurden auch eher halbherzig thematisiert. Dafür kamen aber auf jeden wichtigen Artikel der zu diesem Thema nicht geschrieben wurde zwanzig in denen hervorgehoben wurde wie wichtig es ist das nun eine Frau Präsidentin wird. Frau Clintons Skrupellosigkeit im Umgang mit Sanders hat ihr zwar den Sieg über Sanders beschert aber die Demokraten die Wahl gekostet. Das ist einer der Gründe für Trumps Sieg.

     

    Ein weiterer ist das Gebetsmühlenartige Wiederholen des Mantras: Trump hat keine Chance gegen Clinton! Ich wüsste gerne mal wie viele Menschen dieses Mantra davon abgehalten hat zur Wahl zu gehen, weil man nach Monatelanger Indoktrinierung überzeugt waren: Hillary schafft das auch ohne meine Stimme!

     

    Eine böse Absicht will ich Journalisten nicht generell unterstellen aber nur weil man eine gute Absicht hat heißt das nicht das man auch ein gutes Resultat herbeiführt. Der Weg in die Hölle ist wohl tatsächlich mit guten Absichten gepflastert.