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Verdi kritisiert Verkauf von Post-Aktien„Schlussverkauf-Mentalität der FDP“

Nach dem Verkauf von Anteilen der DHL Group kritisiert Verdi Finanzminister Lindner. Die Bahn querzufinanzieren sei „geradezu absurd“.

Ab die Post: Ein Briefzusteller auf seinem Lastenrad Foto: Robert Michael/dpa

Berlin taz | Nach der Veräußerung von weiteren Anteilen an der Deutschen Post kritisierte die Gewerkschaft Verdi den Rückzug des Staates aus dem Brief- und Paketwesen. Im Auftrag des Bundesfinanzministeriums hatte die staatliche Förderbank KfW zuvor Aktien mit einem Gesamtwert von 2,17 Milliarden Euro verkauft und damit die staatliche Beteiligung von 20,5 auf 16,5 Prozent verringert.

Mit der Transaktion setze der Bund seine „verantwortliche Privatisierungspolitik von Unternehmen fort, an denen kein wichtiges Bundesinteresse besteht“, hatte das Finanzministerium erklärt. Die aktuelle Maßnahme folge früheren Privatisierungsschritten der Deutschen Post AG, erklärte ein Sprecher auf Anfrage der taz. Der Bund werde die Mittel einsetzen, „um das Eigenkapital der Bahn zu stärken und die Bahninfrastruktur in Deutschland zukunftsweisend auszubauen“.

Die DHL Group, vormals Deutsche Post, äußerte sich hingegen nur knapp: „Wir haben bereits seit Langem gesagt, dass wir einer weiteren Reduzierung der Bundesbeteiligung neutral gegenüberstehen“, so ein Sprecher. Die zuständige Gewerkschaft Verdi kritisierte den Schritt nun: „Was Bundesfinanzminister Christian Lindner vollzieht, ist ein haushaltspolitischer Offenbarungseid: Hier wird Tafelsilber verscherbelt, um selbstverschuldete Löcher im Bundeshaushalt zu stopfen“, so die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.

„Geradezu absurd“ sei es, damit Projekte zu finanzieren, die erst durch eine andere Privatisierung – die der Deutschen Bahn – nötig geworden seien. Zudem verzichte der Bund mit dem Verkauf auf Gestaltungsspielraum und auf Einnahmen durch Dividenden.

Fortschreitende Privatisierung der Post

1995 wurde die Deutsche Bundespost in Post, Telekom und Postbank aufgeteilt. Während die Postbank vollständig verkauft wurde, wurden Bundesanteile an der Telekom nur schrittweise reduziert. Auch die Beteiligung an der Post wurde immer weiter verringert. Durch die Ausweitung ihres Auslandsgeschäfts wuchs der Konzern währenddessen zu einem der größten Logistikunternehmen der Welt an.

Etwa ein Drittel der Mit­ar­bei­te­r*in­nen beschäftigt das Unternehmen heute in Deutschland, darunter knapp 155.000 Menschen unter der Marke Deutsche Post sowie 37.000 Mitarbeiter unter der Marke DHL. Nicht nur wegen der Arbeitsbedingungen und der schwachen Kontrolle von Subunternehmen in der Post- und Paketbranche wird das Unternehmen oft kritisiert, sondern auch wegen Filialschließungen und mangelnder Zuverlässigkeit der Lieferungen.

Das Wirtschaftsministerium legte deswegen im Dezember einen neuen Entwurf für das Postgesetz vor, der etwa langsamere Briefzustellungen sowie eine Überprüfungspflicht für Subunternehmen und die Einrichtung einer Beschwerdestelle für Ar­beit­neh­me­r:in­nen vorsieht.

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14 Kommentare

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  • BMFFFFF...



    Liebes Finanzmyterium, lies ma n Buch über Determinativkomposita: da lernste neeemlich, dass das zweite Wort durch das erste näher qualifiziert wird, nich andasrum. "Privatisierungspolitik" is also Politik, und is nich Privatisierung. "Politik von Unternehmen" kannst du, liebes BMF , ja nu aba numa nich betreiben. Das tun die schon ganzunga selba. Ne ?

    "verantwortliche Privatisierungspolitik von Unternehmen" - meine Fresse. Abitur ?

  • Das Geld sollte in einen Fonds investiert werden wie Norwegen. Wir müssen so etwas sowieso aufbauen aufgrund des demographischen Wandels.

  • "...Geradezu absurd“ sei es, damit Projekte zu finanzieren, die erst durch eine andere Privatisierung – die der Deutschen Bahn – nötig geworden seien...."

    Selten hat eine Gewerkschaft so einen Unfug zum Besten gegeben. Bevor die DB privatisiert wurde, war die gesamte Lohnsumme des Konzerns höher als der gesamte Umsatz. Und wer hat wohl dieses Saldo ausgeglichen? Verdi kann ja mal nachdenken.

  • unser "beste" Finanzminister ever, zeigt mal wieder wie es geht, die Schuldenbremse einzuhalten, eine Querfinanzierung zu ermöglichen und dabei Staatswerte zu verbrennen. Da muß er sich sonst nicht mehr hinstellen und sich aufrichtig für eine Schuldenbremse aussprechen, wenn er in anderen Bereichen durch sein Handeln Millionenschwere Werte vernichtet werden. Das Konzept wird dann wohl in wenigen Jahren mit der DHL wiederholt, wenn es darum geht den Laden irgendwie wieder zu retten, auf Kosten einer weiteren Staatsbeteiligung.



    Warum geht dieser Finanzminister nicht in die "private Wirtschaft" um zu zeigen das er es nicht kann. Warum leben diese Menschen ihren Narzismus auf kosten der Gesellschaft aus?

    • @Sonnenhaus:

      Ihren Vorschlag hat er schon lange hinter sich. Die Bilder vom Yuppie mit Köfferchen hätten seinen Werdegang eigentlich verhindern müssen, aber leider denken und erinnern sich die Wähler auch nur im 4-Jahres-Takt, wenn überhaupt...

    • @Sonnenhaus:

      Das ist in erster Linie nicht Narzismus, sondern Neoliberalismus 101.

      Siehe Verscherbeln von sozialem Wohnraum und anderem Volkseigentum.

      Alles was den Staat kleinhält (auch beliebt: schlechte Steuergesetzgebung- komplex, mit vielen Schlupflöchern und Ausnahmeregeln!) finden die Reichen gut.

      Zur Gewissensberuhigung dann ein paar Charity-Gala Dinner (mit Spendenquittungen!) über die die KKR- Medien dann gerne berichten (mit grinsendem Herrn Kubizki auf Seite 1)

      • @So,so:

        Zur Erinerung, das "Verscherbeln" von sozialem Wohnraum im Berlin erfolgte unter einem rot-roten Senat.

        Und seit dem Börsengang der Post hat der Bund seinen Anteil bereits mindestens ein duzend Mal abgeschlossen.

        Alles Schuld der FDP?

  • Die DHL ist schon lange weltweit in Konkurrenz mit anderen Logistikunternehmen. Worin nun ein relevantes Interesse an der Beteiligung durch den Bund liegen sollte, verrät verdi dem geneigten Leser leider nicht. Eine Kritik ohne jede nachvollziehbare Begründung mutet schon merkwürdig an.

    • @DiMa:

      Volle Zustimmung. Bei 100% Privatisierung ist ggf. eine andere Gewerkschaft zuständig? Alles Schelme.

  • Eine richtige Entscheidung, dann sollten aber auch die Privilegien der Post als bevorzugten Dienstleister für Postdienstleistungen gestrichen werden.Einfluss auf Strategien und das Tagesgeschäft hat der Staat ja sowieso nicht mehr. Einzig die Verwendung zur Subventionierung derBahn sehe ich kritisch. Da wäre der Erlös in einem zukunftsfähigen Staatsfonts mit ordentlichen Renditeerwartungen wohl besser aufgehoben.

    • @vieldenker:

      welche privilegien? welche bevorzugung? die öffentliche hand als größte förderin des niedriglohnsektors versendet doch schon lange nur noch via pin ag!

      • @Dee Kay:

        Das Postgesetz schützt immer noch die deutsche Post.

  • Das sind einmal mehr die libertären Tendenzen der FDP. Wie kann man nur seine notwendigen Infrastrukturen veräußern?

    • @Ice-T:

      Ist doch nicht seine Infrastruktur, das war mal unsere Infrastruktur.



      Jetzt könnte sie seinen Freunden gehören welche vermutlich nicht meine Freunde sind.



      Die gesamte Umverteilung von öffentlicher Infrastruktur an Privatinvestoren bei ständiger "Rettung" aus Spekulationsverlustkrisen durch uns Steuerzahler seit den 90er ist ein großes Trauerspiel. Leider sehe ich aber keine Zeichen für die notwendige Revolution irgendwo.