Verdeckte Ermittlerin „Maria Block“: Undercover-Einsatz bricht mit Tabus
Die Polizistin Maria B. ermittelte zwischen 2008 und 2012 nicht nur in der linken Szene Hamburgs. Auch Linke im EU-Parlament soll sie ausspioniert haben.
Maria Block war Ende September 2010 als verdeckte Ermittlerin zur Gefahrenabwehr mit Hamburgern zu einem NoBorder-Camp nach Brüssel gereist. Die linke Europa-Abgeordnete Sabine Lösing hatte die Hamburger Gruppe damals ins Parlament zu einem Gespräch mit der Fraktion eingeladen. An diesem Gespräch wollte auch Maria B. teilnehmen und nicht im Camp zurückbleiben, obwohl das Betreten des EU-Parlaments oder eine Datenerhebung über EU-Abgeordnete von ihrem Auftrag als Undercover-Agentin laut Hamburger Innenbehörde nicht gedeckt war.
„Eine Person, die nach eigener Aussage der deutschen Polizei angehört, und Teil einer Besuchergruppe war, wünschte das Parlament zu betreten“, schreibt Francesca Ratti vom „Deputy Secretary General“ im Auftrag von EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) an die heutigen Linkspartei-Europa-Abgeordneten Sabine Lösing und Fabio de Masi über den damaligen Vorgang. „Bei der Sicherheitskontrolle wurde diese Person vom Sicherheitsdienst darüber informiert, dass, im Sinne der Unverletzlichkeit der Gebäude Europäische Union, der Polizei kein Zutritt gewährt wird“.
Ende 2015 hatte der vorige Woche zurückgetretene Hamburger Innensenator Michael Neumann (SPD) in einem Brief gegenüber Lösing und de Masi behauptet, Maria B. habe zur Aufrechterhaltung ihrer Legende bei dem Besuch dabei sein müssen. Um nicht gegen bilaterale Grundsätze zu verstoßen, habe sie sich aber bei der Einlasskontrolle gegenüber einem Sicherheitsbeamten als verdeckte Polizeibeamtin geoutet. Um ein klärendes Gespräch ohne Beobachtung durch weitere Gruppenmitglieder führen zu können, habe sie mit dem Security-Mann die nahe gelegene Herrentoilette aufgesucht.
Lösing und de Masi halten diesen Sachverhalt für nicht glaubhaft. „Eine mit viel Aufwand in die linke Szene eingeschleuste Spionin will sich einem x-beliebigen Sicherheitsmann als Spionin zu erkennen gegeben haben? Warum?“, fragen sie.
Maria B. hatte das Gebäude nach 40 Minuten wieder verlassen und gegenüber der Gruppe damals angegeben, man habe bei ihrer Rucksack-Durchsuchung Gegenstände beschlagnahmt und ihr schließlich den Zugang zum Parlament verweigert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers