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Verbraucherzentralen zur InflationGesundes Essen billiger machen

Die Verbraucherzentralen fordern, die Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse zu senken. Die Inflation zwinge arme Menschen sonst, sich ungesund zu ernähren.

Obst und Gemüse wird immer teuerer. Verbraucherzentralen fordern, hier gegenzusteuern Foto: Felix Kästle/dpa

Berlin dpa | Die Verbraucherzentralen dringen wegen hoher Preise im Supermarkt auf Steuerentlastungen für gesündere Lebensmittel wie Obst und Gemüse. Die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, verwies auf Vorschläge, die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte abzuschaffen, damit davon mehr gekauft werden könne. „Das wäre eine sinnvolle Maßnahme, gerade in diesen Zeiten, wo Lebensmittel tatsächlich mit ein starker Preistreiber geworden sind“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur.

Pop erläuterte: „Wir kennen aus Untersuchungen, dass gerade Haushalte mit wenig Einkommen vielleicht nicht an echtem Hunger wegen mangelnder Kalorien leiden, aber an einer Art verstecktem Hunger – weil die Lebensmittel, die sie konsumieren, nicht ausreichend gesund sind.“

Mit Blick auf die Diskussion um Preisaufschläge für Fleisch zur Finanzierung eines Umbaus der Tierhaltung hin zu höheren Standards sagte die Verbraucherschützerin: „Im Gegenzug kann man in anderen Bereichen wie bei Obst und Gemüse Preise über die Abschaffung der Mehrwertsteuer senken, um eine vernünftige Balance zwischen den Lebensmitteln hinzubekommen.“

Die Idee sei, Kosten, die alle versteckt zahlten, bei Lebensmitteln als echte Preise sichtbar zu machen. Gerade in der Tierhaltung sei das ein großes Thema, sagte Pop. „Wir kennen aus Untersuchungen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus bereit sind, auch mehr Geld für Fleisch auszugeben, von dem sie wissen, woher es kommt und wie das Tier gehalten worden ist.“

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Nachbesserungsbedarf sehen die Verbraucherzentralen bei der geplanten staatlichen Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch. „Beispielsweise beinhaltet das Kennzeichen nur einen bestimmten Abschnitt des Lebens, in dem die Tiere gemästet werden, und auch dort mit sehr engen Kriterien. Die Idee, von der Geburt bis zur Schlachtung alles anzuschauen, ist noch nicht richtig aufgegangen“, sagte Pop. Sinnvoll wäre es zudem, die Vorbereitungen mit Marktforschung zu begleiten, um wirklich ein gutes, transparentes, verständliches Logo zu haben.

„Vorherige Regierungen fanden es offensichtlich nicht so wichtig, die Kennzeichnung auf den Weg zu bringen. Wir sind froh, dass es jetzt passiert – im Sinne der Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucherinnen“, sagte Pop.

Die verpflichtende Kennzeichnung für inländische Erzeugnisse soll nach Plänen von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) im ersten Schritt 2023 mit frischem Schweinefleisch starten. Geplant ist ein System mit fünf Kategorien. Es beginnt bei der Haltungsform „Stall“ mit den gesetzlichen Mindestanforderungen. In der Stufe „Stall+Platz“ müssen Schweine unter anderem mindestens 20 Prozent mehr Platz haben, in der Stufe „Frischluftstall“ Kontakt zum Außenklima etwa durch offene Stallseiten. Geplant sind zudem die Stufen „Auslauf/Freiland“ und „Bio“.

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6 Kommentare

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  • 100 Prozent Fett-Zuckersteuer und dafür Gesundes ohne Steuer. Wie Kaviar. Herr Lindner übernehmen sie

  • Die Vergünstigung von pflanzenbasierten Lebensmitteln ist dringend notwendig in einer Welt, in der die Nutztierhaltung unser natürlichen Lebensgrundlagen zerstört.

  • Einen Inflationsausgleich sollte es durch die Erhöhung von Einkommen/Sozialausgaben geben. Bestimmte Produktgruppen zu vergünstigen ist einfach eine Bevormundung und hilft nicht zwangsläufig denen, die ggf. "mehr Vitamine bräuchten und sich aber nicht leisten können". Das ist Sozialromantische Verklärung, wie auch schon das massive Hochjubeln der Tafeln (ohne deren Arbeit schlecht machen zu wollen) ohne die Ursachen anzugehen.

    • @mike müller:

      "Bestimmte Produktgruppen zu vergünstigen ist einfach eine Bevormundung"



      Ach. Aber Steuern auf "Genussmittel" wie Tabak, Alkohol und Kaffee sind das nicht? Nicht falsch verstehen, ich bin ein großer Freund dieser Steuern, auch wenn ich selbst Kaffee trinke. Aber Steuern waren schon immer ein beliebtes Instrument, um Konsum in bestimmte Richtungen zu lenken. Neu ist das nun wirklich nicht. Und es wird auch niemand gezwungen, demnächst nur noch Linsen zu mümmeln anstatt Nudeln mit Tomatensoße - der absolute Renner in deutschen Haushalten, wie man allenthalben hört.

  • Mangel an Vitaminen und anderen wichtigen Nährstoffen führt zu Krankheiten und führt zu Kosten im Gesundheitssystem. Immer nur teurer machen hilft da nicht. Senkung der Mehrwertsteuer auf das oben genannte Grünzeug halte ich daher für äußerst sinnvoll.

  • G
    Gast

    In erster Linie müssten ungesunde und klimaschädliche Produkte teurer werden. Hohe Preise führen zu weniger Verbrauch, dies ist zu begrüßen.

    Alle gesellschaftlichen Schichten müssen ihren Konsum reduzieren und bei den Nicht-Reichen erreicht man das nunmal am besten über den Preis.

    Das funktioniert aber nur wenn der Preis auch persönlich weh tut. Wenn sich alle weiterhin den selben Verbrauch/Konsum finanziell leisten können wie bisher, wird es keine ausreichende Einsparung an Emissionen geben. Jede Ausgleichszahlung/finanz. Entlastung oder künstliche Preissenkung/-deckelung wirkt dem entgegen und ist klimaschädlich.

    Für Gas, Öl, Strom, Benzin, Fleisch, usw. gilt das in besonderem Maße; denn diese Produkte sind besonders schädlich für das Klima. Der Preis muss so hoch sein, dass es sich eben nicht mehr jeder im gewohnten Umfang leisten kann. Das trifft notwendigerweise einen großen Teil der Bevölkerung, denn der Reiche wird sich diese Dinge immer leisten können. Eine Klimapolitik nur zulasten der Reichen wird nicht funktionieren, erhebliche Einschränkungen im Lebensstil und Lebensstandard des größten Teils der Bevölkerung sind notwenig. Dieses Opfer muss es uns wert sein. Tun wir das nicht, wird der Klimawandel langfristig ein weiter so ohnehin unmöglich machen.