piwik no script img

Verbrauch von Verpackungsmüll steigtDie Gurke mit Extrafolie

Trotz Recycling gibt es immer mehr Verpackungsmüll. Schuld daran: der Onlinehandel, kleinere Haushalte und Food to go.

Noch schlimmer ist nur, wenn der Müll gar nicht im Mülleimer landet. Foto: dpa

BERLIN taz | Verbraucher in Deutschland verursachen immer mehr Verpackungsmüll. Pro Kopf fielen im Jahr 2013 – das sind die aktuellsten Zahlen – 212,5 Kilo Verpackungsabfälle an. Das geht aus Zahlen des Bundesumweltministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor. Damit ist die Menge von Verpackungsmüll seit 2003 – mit Ausnahme eines konjunkturell bedingten Rückgangs nach 2008 – um gut 13 Prozent gestiegen.

Das Umweltministerium führt das auf eine Reihe von Ursachen zurück, darunter einen vermehrten Konsum von Lebensmitteln außer Haus, einen Trend zu kleineren Einheiten und einen zunehmenden Distanzhandel. Während Letzterer als Ursache vor allem ein Rückschluss daraus ist, dass zunehmend Verpackungen aus Kunststoff und Karton im Abfall landen, gibt es in anderen Bereichen konkrete Zahlen.

Den größten Anteil – an die 70 Prozent – von Verpackungen, die bei Verbrauchern anfallen, machen laut der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung die Hüllen um Produkte wie Nahrungsmittel, Getränke und Tierfutter aus. Und dort gibt es zwei Trends: Zum einen essen immer mehr Menschen außer Haus. Alleine 320.000 Einwegbecher schmeißen die Deutschen nach Angaben der Deutschen Umwelthilfe in den Müll – pro Stunde.

Zum anderen nimmt die Anzahl der Haushalte zu, in denen nur ein oder zwei Personen leben – ob es kinderlose Paare sind oder Senioren. Bei kleineren Haushalten steigt aber die Tendenz zur Fertiggerichten und zu kleineren Verpackungseinheiten. Laut dem Umweltministerium wirken sich diese Entwicklungen „stark erhöhend“ auf das Verpackungsaufkommen aus.

Abgabe auf Verpackungen gefordert

Das Umweltbundesamt machte in einer Studie vom Juli neben dem Trend zu kleineren Haushalten noch einen weiteren Faktor für die Zunahmen von Verpackungsmüll verantwortlich: die funktionalen Verpackungen. Zum Beispiel Tetrapak: Aus dem Quader, dessen Ecke man aufschneiden musste, ist mittlerweile eine komplexe Verpackung mit Schaubverschluss geworden. Der erleichtert zwar das Wiederverschließen, besteht aber aus Plastik und erhöht damit die Klimagasemissionen der Verpackung laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) um 20 Prozent. Zudem nehme das Gewicht der Getränkekartons zu. Das habe Auswirkungen bis hin zu höheren Emissionen beim Transport.

taz.ökobiz

taz.ökobiz beschäftigt sich gezielt mit Geschichten aus der nachhaltigen Wirtschaft – mit Analysen, Reportagen, Hintergründen. Regelmäßig auf taz.de und gebündelt auf einer Seite montags in der taz.die tageszeitung. Am Kiosk oder am eKiosk.

Die Grünen fordern finanzielle Maßnahmen, um den Berg von Verpackungsmüll erst gar nicht so groß werden zu lassen. „Wir brauchen Anreize, dass die Kaffeekapsel nicht dreifach verpackt ist und das jede Salatgurke noch einmal von einer Plastikfolie überzogen wird“, sagt der umweltpolitische Sprecher Peter Meiwald. Also: eine nach der Ökobilanz gestaffelte Abgabe auf Verpackungen. Je unökologischer, desto teurer.

Die Bundesregierung hält sich da bedeckt. Sie setzt vor allem auf die europäische Ebene und das neue Wertstoffgesetz, das schon in der vergangenen Legislaturperiode auf der Agenda stand. Derzeit sitzt man laut Umweltministerium an einem Arbeitsentwurf.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Nicht der becher ist das problem, sondern der kaffe an sich. Regenwald wird geopfert, transport........usw

  • Wer einmal in Asien weiß, wie viel da noch aufzuholen ist in Sachen Umweltschutz... Das ändert aber nichts daran, dass wir im Westen auch längst noch nicht am Ziel sind. Wenn die Politik da Anreize schafft, ist das doch nur zu begrüßen.

  • Die Grünen fordern finanzielle Maßnahmen, um den Berg von Verpackungsmüll erst gar nicht so groß werden zu lassen. „Wir brauchen Anreize, dass die Kaffeekapsel nicht dreifach verpackt ist ...

     

    LACHHAFT. Diese scheiß Kapseln und Kaffeeautomaten als solches gehören verboten!

  • 6G
    65572 (Profil gelöscht)

    13% seit 2003, das ist eine Steigerungsrate von nicht mal 1% pro Jahr.

    Ich hätte bei dem zunehmenden Onlinehandelwahnsinn schlimmeres erwartet.

  • herzlichen Dank, dass sich die TAZ dem wichtigen Thema widmet. Wir sorgen für eine Umweltverschmutzung in Dimensionen, die unsäglich sind.

    Vorschlag: Auf alle Becher, Tüten etc. ein Pfand in Höhe von 5,00 Euro erheben. Es muss richtig weh tun. Die Zigaretten sollten pro Schachtel 10,00 Euro kosten + Abfallentsorgung. Die Kippen landen achtlos auf der Straße.

     

    Hier der Nabu:

    ie gehören fast selbstverständlich zum Anblick in unserer Umgebung: herumliegende Zigarettenstummel. Doch was für viele eine Kleinigkeit ist, summiert sich im Ganzen auf die unglaubliche Zahl von 4,5 Billionen jährlich weggeworfener Kippen. Bei der Belastung der Umwelt durch Abfall spielen Zigarettenstummel damit zahlenmäßig die größte Rolle weltweit.

     

     

     

    Bis zu 4.000 schädliche Stoffe sind in einer Zigarettenkippe zu finden. Sie machen die kleinen Zigarettenreste zu Sondermüll, der keineswegs harmlos ist. So kann eine einzige Kippe mit ihrem Mix aus Toxinen zwischen 40 und 60 Liter sauberes Grundwasser verunreinigen oder das Pflanzenwachstum negativ beeinflussen. Beide Bestandteile eines Zigarettenstummels sind umweltschädlich: der Filter und der Tabakrest. Zigarettenfilter werden von vielen als harmlose Baumwollstückchen angesehen. Sie bestehen aber aus Celluloseacetat, das ein schwer abbaubarer Kunststoff ist. Es dauert viele Jahre, bis die Filter zerfallen.

     

    Eine Strafsteuer für die nichtmitdenkenden Raucher sollte zusätzlich auferlegt werden.

    • 6G
      65572 (Profil gelöscht)
      @Anna Lüse:

      Ich freu mich schon auf die die Beweisführung des Nichtmitdenkens.

      • @65572 (Profil gelöscht):

        Ich würde mich nicht als Nichtmitdenkerin bezeichnen, wenn ich( Nichtraucherin) die Zahlen von @ANI mal relativiere. 4,5 Billionen Kippen sind bei Annahme von 1g/ Filter 4, 5 Mio t Kunststoff. Ob jetzt weltweit oder in D und in welchem Zeitraum überhaupt kann ich @ANIs Ausführungen, sowie denen des Naturschutzbundes nicht entnehmen. Nur in D werden etwa 12 MIO t Kunststoff im Jahr verbraucht; Weltweit davon wohl ein hundertfaches.

        Sicher sind die Kippen weit mehr als nur ein umweltkosmetisches Problem, dass ich am liebsten noch heute verschwindend machen würde, doch die Prioritäten des Kunststoffmissbrauchs liegen woanders. Zu schnell sind durch solche unpräzisen, polemischen Verlautbarungen die Lieferanten von bspw ummantelten Gurken, Plastiktüten entlastet, auf dass der Nichtraucher wieder beherzt zugreifen kann.

        Die weggeworfene Kippe kann quantitativ nicht das größte Umweltproblem in Bezug auf Kunststoffe und Gifte sein; Es ist bloß das in unserem Alltag sichtbarste. Unsichtbar ist z.B. die geschätzte Menge Kunststoff von etwa 7 Mio t, die die riesigen Müllstrudel in den Ozeanen jedes Jahr füttert; Aus den Augen, aus dem Sinn.

        • @lions:

          Nachtrag:

           

          2014 wurden in D etwa 210 Mio versteuerte Zigaretten geraucht, wovon allerdings nicht alle frei in der Umwelt gelandet sein dürften. Das entspräche etwa 210 t Kunststofffilter pro Jahr in Deutschland, von denen ein beträchtlicher Teil in den Müllverbrennungsanlagen gelandet ist. Im Vergleich zum Gesamtkunststoffausstoß in D pro Jahr ist das nicht mal im Promillebereich.

    • @Anna Lüse:

      Bei allen Sorgen, die Sie der Filter wegen oder Gesundheitsgefahren für Raucher und Passiv-Raucher umtreiben, bin ich bei Ihnen. In Bezug auf den Umweltschaden( nicht gesundheitlichen des Rauchers) durch verbrannte oder unverbrannte Tabakreste halte ich ihre Denkschrift für Unsinn. Die Tabakpflanze ist eine Kreatur der Natur, wie alle Nachtschattengewächse, die meist Giftstoffe enthalten und im Kreislauf der Natur schnell abgebaut werden. Verbrennungsprodukte, wie Kohlenmonoxid, Formaldhyd, Acetaldehyd, Teer etc. entstehen auch bei der Verbrennung von bzpw. Laub oder Holz und sind deshalb keineswegs Sondermüll. Ein Beispiel aus der Familie der Nachtschattengewächse; Das giftige Kraut der Kartoffelpflanze ist außer Nikotin mit ähnlichen Verbindungen ausgestattet wie der Tabak. Früher hat man das Kraut verbrannt, um Pilzkrankheiten für das kommende Anbaujahr zu verhindern. Was Sie als problematische Stoffe für die Umwelt aus dem rohen oder verbrannten Tabak darstellen, ist nur durch direkte Zuführung problematisch für unseren Körper und im Zustand frei von Hilfsstoffen unbedenklich für die Umwelt.

      Die Filter gibt es von vielen Herstellern schon biologisch schnell abbaubar aus ungebleichter Zellulose, genau wie den Tabak frei von Zusatzstoffen, die die Tabakreste biologisch unbedenklich machen. Hier sollte der Gesetzgeber über ein Verbot ansetzen. Das Restrisiko bezieht sich dann lediglich auf die Gesundheit des Rauchers oder Passiv-Rauchers.

  • 6G
    677 (Profil gelöscht)

    Vielleicht bin ich ja anders als alle Anderen, aber ich verbrauche keinen Verpackungsmüll - ich produziere ihn eher.

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Man kann's ja auch übertreiben:

    "Zum Beispiel Tetrapak: Aus dem Quader, dessen Ecke man aufschneiden musste, ist mittlerweile eine komplexe Verpackung mit Schaubverschluss geworden. Der erleichtert zwar das Wiederverschließen, besteht aber aus Plastik und erhöht damit die Klimagasemissionen der Verpackung laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) um 20 Prozent. Zudem nehme das Gewicht der Getränkekartons zu. Das habe Auswirkungen bis hin zu höheren Emissionen beim Transport."

    Den letzten Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen und gleich danach die Transportauswirkungen von Milch-Mehrweg inklusive Leergutrückführung und Reinigung bedenken. Zudem fallen Weißblechdeckel und Papierschlamm an, die trotz Mehrweg recycelt werden müssen.

    Milch-Mehrweg hat leider keine gute Umweltbilanz vorzuweisen.