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Veganer entsetzt über Animal-Peace„Wir freuen uns nicht“

Der Jubel über den tödlichen Angriff eines Bullen auf einen Bauer führt zu Turbulenzen in der Veggieszene. Auch Tierschützer distanzieren sich.

Tierhalter haben bei einigen Veganern kein gutes Image Bild: dpa

BERLIN taz | Ein Kommentar der Organisation Animal Peace zum Tod eines Bauern, der von einem Rind tödlich verletzt worden war, sorgt weiter für Furore. Immer mehr Tierschützer distanzieren sich von dem Text. Der Vorsitzende der Veganen Gesellschaft, Christian Vagedes, sagte, er sei „schockiert“.

Auch die Tierrechtsorganisation Peta kann sich dem Artikel nicht anschließen. Der Tod eines Menschen dürfe niemals verherrlicht und für die Rechte von Tieren genutzt werden, sagt Lisa Wittmann, Peta-Expertin für Tiere in der Ernährungsindustrie. „Der Veganismus steht für das Leben, nicht für den Tod“, fügte sie hinzu.

Die Tierschützer von Animal Peace hatten unter anderem auf ihrer Internetseite viva-vegan.info offen ihre Freude über den Angriff des Rindes geäußert. Dort hieß es: „Wir verneigen uns vor dem Held der Freiheit. Mögen ihm viele weitere Rinder in den Aufstand der Geknechteten folgen.“

Auch nach starker Kritik verteidigte Silke Ruthenberg, die Verantwortliche für den Animal-Peace-Internetauftritt, den Artikel online. Er habe mehrere Strafanzeigen und Entrüstung provoziert – bis hin zu „Morddrohungen“, hieß es auf der Website.

Die ökologisch orientierte Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) hatte bereits am Montag mitgeteilt, sie habe Strafanzeige gegen die Verantwortlichen des Kommentars erstattet. Ruthenberg erklärte dagegen, Animal Peace habe „mit keinem einzigen Wort den getöteten Bauern verhöhnt“.

Auch die Kritik des konventionell ausgerichteten Bauernverbands, der Animal Peace „Menschenverachtung“ vorwirft, wies sie zurück: Der Verband benutze die trauernde Familie für seine Interessen und versuche, Animal Peace „rufmörderisch etwas unterzuschieben“.

„Wir dürfen doch nicht klatschen“

Doch Animal Peace entsetzt auch Veganer: Verbandschef Vagedes gab an, er schäme sich, dass der tragische Tod des Bauern instrumentalisiert werde: „Wir dürfen doch nicht klatschen, wenn ein Mensch ums Leben kommt.“

Ähnlich sieht es der Vegetarierbund Deutschland: Der Kommentar zum Unfall müsse als Meinungsäußerung akzeptiert werden. Es gebe in Bezug auf den Jubelartikel aber keine Schnittmengen zwischen ihnen und Animal Peace, erklärte Sprecherin Stephanie Stragies: „Wir sind auch Veganer, wir freuen uns nicht über den Tod des Bauern.“

Der freie Tierrechtsaktivist Daniel Schneider drückte es harscher aus: Die Tierliebe von Animal Peace sei „zur Menschenfeindlichkeit mutiert“. Die Gruppe vertrete nicht die Ansichten der Szene. Tierrechtler sein heiße nicht, automatisch alle Menschen zu hassen, die sich an der industriellen oder ökologischen Tierhaltung beteiligen.

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49 Kommentare

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  • Mancher Rabe wird ein alter Knabe.

    Und mancher alte Knabe wird ein weiser Rabe. ;-)

    und: vllt. gibt es ja bald einen i-Kea?

    • @lichtgestalt:

      sollte @Age Krüger

  • "top agrar" ist nicht "Bauernverband" das Magazin wird vom Landwirtschaftsverlag in Münster herausgegeben. Der durchscheinende Vorwurf das Magazin würdevom Bauernverband abhängig sein stimmt also nicht

     

    Danken kann man dem Magazin insofern, dass aufgezeigt wurde wie Animal Peace und somit Teile der Tierschutzbewegung so ticken, Das ist aber nur schlichter Jounalismus.

    • @Arcy Shtoink:

      → @RGAE ↓

      • @Arcy Shtoink:

        Der Landwirtschatsverlag in Münster besteht aus den Gesellschaftern "Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V.", "Raiffeisenverband Westfalen-Lippe" und der "Stiftung Westfälische Landschaft" (einer in der Person des Vorstands mit dem Verband übereinstimmenden Struktur). Zwei Drittel des Verlags werden als von einer Teilgruppierung des Bauernverbandes kontrolliert.

         

        Jeder Verband hat das Recht durch ein Verbandsorgan, ausgelagert in eine externe Verlagsgruppe, seine Meinungen in die Öffentlichkeit zu tragen. Nur sollte es eben transparent gemacht werden und top agrar, dies wird bei den landwirtschaftlichen Wochenblättern der anderen Verbände ja auch nicht verheimlicht.

  • Der Kommentar von Animal Peace, als auch der Artikel von Top-Agrar begünstigen sich ja wunderbar gegenseitig. Hier wird ein Unglück, dass weltweit jeden Tag stattfindet, insbesondere bei Völkern, die auf Tierhaltung für ihre Ernährung jeden Tag angewiesen sind, instrumentalisiert!

     

    Das bringt öffentlichkeit für eine radikale Nischenposition im Tierschutz und die Selbstbestätigung des Bauernverbands, dass Tierschützer "Menschenfeinde sind". Es passt auch noch hervorragend, die gesamten Organisationen die die Demo "Wir haben es Satt" verantworten, zu verunglimpfen. Da muss die TopAgrar (der Bauernverband) ja Frau Ruthenberg wirklich danken, dass sie geholfen hat, noch tiefere Gräben zu graben und sogar noch die AbL genötigt hat, sich zu äußern.

     

    Keine der Tierschutzorganisationen, die bei der Demo "Unterstützer" waren, lehnt Tierhaltung oder Fleischverzehr grundsätzlich ab, aber niemand wird wohl daran gehindert mitzulaufen (was bei manchen Blut und Boden - Ökos erforderlich wäre), dass heißt Beweisfotos lassen sich hier sicher immer finden.

     

    Ich kann mich erinnern, dass sich Animal Peace im ersten oder zweiten Jahr berufen gefühlt hat, die Demo zu stören und zu versuchen den Demoweg zu blockieren (ihr gutes Recht), aber das mit der Gegendemo hat ja jetzt der Bauernverband übernommen.

    • @rgae:

      Kann ich so komplett unterschreiben!

       

      Ähnlich wie der Anschlag in Paris fantastisch für Pegida war.

       

      Ist auch irgendwie seltsam, wie inkonsistent diese Position ist: Wir finden Tierhaltung blöd, weil Tiere leidensfähig sind und Leiden schlecht ist. Womit wir kein Problem haben ist, wenn ein anderes leidensfähiges Wesen zeimlich schmerzhaft stribt finden wir das toll. Hä?

      Die implizite Argumentation; "Angemessene Handlung des Rindes, weil Auflehnung gegen ein grausames System" geht ja eben nur durch, wenn das Rind sich tatsächlich gegen das System als solches auflehnt und das ist offensichtlich absurd.

  • Der Grund, warum man Tier nicht auf eine Stufe stellen sollte, ist der Humanismus. Extreme Ideologien (zuletzt z.B. IS, NSU, früher NS) bauen darauf auf, Menschen als Herden anzusehen, in denen der Einzelne nichts wert ist im Vergleich zur Gruppe, und in der Stammesfeinde ("Schädlinge") bekämpft werden. Der Humanismus ermöglicht uns aber, Kranke und Schwache nicht einfach dem Tod zu überlassen, sondern uns um sie zu kümmern, auch wenn Sie eine Herde nur belasten würden. Wenn wir uns der Bedeutung des Humanismus im Klaren bleiben, können wir uns auch davon ausgehend um das Wohl der Tiere kümmern.

  • Irgendwie erinnert mich das auch an den "Mescalero-Aufruf" (klammheimliche Freude).

    Aber zurück zu dem Grundirrtum militanter Veganer: Wer den Menschen mit dem Tier gleichsetzt, entwertet den Menschen. Der Mensch ist nicht bloß eine Variante eines Bullen oder eines Schimpansens. Entscheidend ist nicht das Bewusstsein von unserer Welt, sondern das Bewusstsein von uns selbst. Der Mensch ist das einzige Wesen, das für sich selbst zum Objekt seiner Betrachtung wird: Er existiert nicht nur, er weiß auch, dass er existiert; er handelt nicht nur, sondern reflektiert auch sein Handeln.

    Die Äußerungen von Animal Peace sind Ausdruck von Menschenfeindlichkeit!

    • @Nansy:

      Es gab Zeiten in denen Sklaven wie Tiere betrachtet wurden. Alles eine Sache der Perspektive. Über tierisches Bewusstsein ist im "Volksbewusstsein" oft wenig bekannt, aber es gibt viele Experimente dazu. Und Tier ist nicht Tier. Wer Tiere hat, zuhause oder im Stall, weiß: Tiere haben Persönlichkeit und Bewusstsein. Man muss kein Schamane sein der den Kontakt mit Tieren herstellt aber Tiere ausschließlich als (essbaren) Gegenstand zu betrachten ist nicht in Ordnung und entmenschlichend.

      • @Nur ein Kommentar:

        ROTFL.

        "Tiere als ... Gegenstand zu betrachten ist ... entmenschlichend."

        Ja.

        Genau.

        Das Problem, das zwischen sog. Tierrechtlern (oder auch manchen sog. Tierfreunden) und der Realität steht, ist und bleibt halt nunmal dieser unsägliche Anthropozentrismus.

    • @Nansy:

      Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind Menschen Tiere: http://de.wikipedia.org/wiki/Mensch

       

      Was sollten Sie auch sonst sein?

      • @Joseph Tannhuber:

        Aus physikalischer Sicht sind Menschen eine Ansammlung von Atomen.

         

        Was sollten sie auch sonst sein?

    • @Nansy:

      Der Grundirrtum der Schnitzelfraktion liegt darin, sich vom Selbst täuschen zu lassen in der Weise, daß es eine vollständige Trennung zwischen Subjekt und Objekt gäbe. Daß eine solche Trennung letztlich Illusion ist, wissen fernöstliche Weisheitslehren schon seit Jahrtausenden. Aber langsam kommt sogar das rückständige westlich-wissenschaftlich geprägte Bewußtsein auf den Trichter, wenn auch mit viel Geburtswehen - ist es doch schmerzlich, den eigenen Egoismus als letztlich fatalste Ursache allen Leidens erkennen zu müssen. Und dabei schmecken doch die Schnitzel so gut... daß man gar nicht mehr ohne sie leben will - oder kann...?

       

      Im Klartext: Es gibt faktisch keinen Menschen, der wertvoller wäre, als die Objekte seiner Umgebung, denn ohne seine Umgebung wäre er gar nicht existent.

       

      Übrigens: Schnitzel schmecken unabhängig davon, ob man sie täglich, wöchentlich, monatlich oder jährlich ißt. Insofern gibt es keinen Anlaß, den Konsum nicht zu beschränken.

      • @Dudel Karl:

        Der Grundirrtum der Grünkernfraktion (um mal bei ihrem Sprachgebrauch zu bleiben) liegt darin, Selbstbewusstsein mit Bewusstsein zu verwechseln. Kants Begriff des mündigen Subjekts lässt sich nur auf Menschen anwenden. Tiere schmieden keine Zukunftspläne, sie leben nicht in der Zeit wie wir Menschen.

         

        Im Klartext: es geht nicht darum, wer wertvoller ist, sondern darum, wer ein Selbstbewusstsein hat.

         

        Übrigens: Wann ich Pasta, Salat oder Schnitzel esse - täglich, wöchentlich oder monatlich - müssen Sie schon dem Einzelnen selbst überlassen. Konsumbeschränkungen sind eine fixe Idee von Verzichtsideologen.

        • @Nansy:

          Zunächst mal unterscheide ich da ganz gerne zwischen Selbstwahrnehmung und Selbstbewußtsein. Das erste ist artbedingt eine native Eigenschaft des Menschen, aber auch einiger Tierarten. Das zweite ist nicht angeboren, sondern muß vom Individuum entwickelt werden. Je weiter der Entwicklungsstand des Selbstbewußtseins eines Individuums, desto mehr löst sich das Selbstbewußtsein in einem universellen Bewußtsein auf. Doch das nur nebenbei.

           

          Zur Sache:

          "Im Klartext: es geht nicht darum, wer wertvoller ist, sondern darum, wer ein Selbstbewusstsein hat."

           

          Wenn Sie solche Unterscheidung machen, stellt sich Ihnen nicht nur die recht bequeme Frage, wer artübergreifend über ein höheres Bewußtsein verfügt, sondern auch die wesentlich unbequemere, wer innerhalb der eigenen Art über welchen Bewußtseinsstand verfügt.

           

          Ihre Logik entspricht zwar einem Bewußtseinsstand, der artbedingt dem von Tieren wohl etwas voraus haben mag, aber hinter jenem zurücksteht, der einem Menschen möglich ist, wenn er sein Bewußtsein voll zur Entfaltung bringt.

           

          Diesen Sachverhalt können Sie nicht in Abrede stellen, ohne Ihr eigenes Selbstbewußtsein zu hinterfragen. Es wird Ihnen nicht gelingen, dieser Frage lebenslang aus dem Wege zu gehen.

        • @Nansy:

          Woher wollen Sie wissen, was einem Tier bewußt ist? Waren Sie schonmal eines?

           

          Sie führen hier ein völlig willkürliches Kriterium an. Genau so gut könnte man behaupten, es geht nicht darum, wer wertvoller ist, sondern darum, wer Kleider trägt.

           

          Im Übrigen beweist Ihre irrige Annahme, daß es eine klare Trennung von Bewußtsein und Selbstbewußtsein gäbe, daß Sie meinen Kommentar überhaupt nicht begriffen haben und abermals eben jenem von mir beschriebenen Irrtum erliegen und Ihnen auch die grundlegende Struktur aller Existenz nicht bekannt ist.

          • @Dudel Karl:

            "Waren Sie schonmal eines?"

            Das ist nicht grad Stand der Wissenschaft, alles erst selber erfahren zu müssen, um zutreffende. realistische Schlüsse ziehen zu können, nicht?

            • @ioannis:

              Der Stand der Wissenschaft ist nicht unbedingt der Stand der Realität. Das Wissen von heute ist der Irrtum von morgen. Wenn Sie Ihrer eigenen Wahrnehmung nicht vertrauen: Bitteschön!

        • @Nansy:

          Die Zeitlosigkeit eines Tieres hält es frei von einer Angst vor dem Tod, wie wir sie kennen (also von Angst, die über akute Todesangst bei einer Bedrohung hinaus geht). Aber sie können leiden, und zwar auf einem sehr hohen Niveau, das über physischen Schmerz hinaus gehen kann. Es ist also das beschissene Leben vieler Millionen dieser Tiere, um das es geht. Dazu braucht man kein Selbstbewusstsein. Ein Körper und ein höheres Bewusstsein als es z. B. Pflanzen haben, reicht aus. Zumal man hier auch in Sachen Menschenrechte (Babys) ganz schön in die Bredouille kommt, wenn Selbstbewusstsein und Zeitlichkeit die entscheidende Schwelle sein soll.

          Dass man jedem selbst überlassen solle, wie viele Schnitzel er isst, schneidet die Handlung von ihren Voraussetzungen (z. B. Massentierhaltung) ab und ist daher als Argument dafür, sich nicht weiter mit Tierrechten zu befassen, untauglich. Dass ein staatlicher Eingriff in diese Entscheidung nicht mit unserem Freiheitsverständnis vereinbar ist, wäre hier der Punkt. Aber das ist eine andere Argumentation, die zunächst nichts mit der Frage nach Tierrechten zu tun hat.

          • @Karl Kraus:

            Wenn Sie die Massentierhaltung ändern wollen, dann setzen Sie sich doch dafür ein. Mein Schnitzelessen ist durchaus nicht zwangsläufig an die Handlungen der Fleischproduktion gebunden - sonst müsste ich viele Produkte meiden (z.B. Handy wg. der Produktionsbedingungen in anderen Staaten).

            Wann und wo ich mich mit Tierrechten und militanten Tierrechtlern beschäftige unterliegt meiner eigenen Entscheidung - auch das gehört zu unserem Freiheitsverständnis!

            • @Nansy:

              Auch unser aller Schnitzelessen ist dann zwangsläufig an die Produktionsbedingungen gebunden, wenn es einen bestimmten Umfang überschreitet. Das ist jetzt nicht so schwer zu verstehen. Auch die Sache mit den Handys ist richtig. Sie verweigern den Gedanken an die Herstellung von Gütern mit dem Argument, dass man dann ja viele Produkte meiden müsse. Das ist kein Argument, sondern eine einfache, aber leider sehr unangenehme Folgerung aus dem Gedanken. Dass das blöd ist, ist blöd, aber doch kein Argument. Es zeigt eher auf, dass wir in sehr vielen Bereichen unseren materiellen Wohlstand auf Kosten Dritter praktizieren. Wenn Sie das nicht in Zusammenhang mit sich selbst sehen wollen, dann geben Sie Ihr Unbehagen einfach zu.

              Auch das "dann setzen Sie sich doch dafür ein" gehört in die Schublade der Pseudoargumente. Das klingt wie ein Soldat, der durch die Gegend ballert und dem, der ihn als Mitverursacher von Leid darauf aufmerksam macht, sagt "Hey, setz dich doch bei der Waffenindustrie dafür ein, dass die nicht mehr so viele Patronen herstellen." Verständlich?

              • @Karl Kraus:

                Ich verweigere NICHT den Gedanken an die Herstellung von Gütern mit dem Argument, dass man dann ja viele Produkte meiden müsse. Ich bin nur nicht in der Lage, mein ganzes Handeln an den unzähligen Mißständen weltweit bei der Produktion von Waren ausrichten zu können. Wenn Sie dazu in der Lage sind, werden Sie wohl kaum noch Zeit zum Leben haben.

                Mein Argument "Wenn Sie die Massentierhaltung ändern wollen, dann setzen Sie sich doch dafür ein" bezog sich darauf, dass es den meisten Tierrechtlern gar nicht mehr um die Verbesserung der Produktionsbedingungen in der Massentierhaltung geht, sondern letztendlich um ein Tötungsverbot von Tieren allgemein - zumindestens das sollten Sie ehrlich zugeben...

    • 4G
      4932 (Profil gelöscht)
      @Nansy:

      Damit begeben Sie sich aber ganz schön aufs Glatteis.'ES' setzt niemand den Menschen mit dem Tier gleich, wie Sie schreiben, sondern der erwachsene Mensch mit Wahlrecht hat sich selbst zum einzigen Lebewesen ernannt, das über die Rechte kleiner Kinder, dementer Menschen und eben auch über die (kaum vorhandenen) Rechte der Tiere entscheiden kann. Dieser Mensch ist deshalb in keinem Fall etwas Besseres, sondern er hat sich dieses Recht einfach genommen. Da der Erwachsene für sich okkupiert, zu entscheiden, was richtig und falsch ist, erwächst für ihn automatisch die Verpflichtung, die 'rechtlosen' Lebewesen zu vertreten und im Zweifelsfall zu beschützen. Das ist so, wenn man die Verantwortung übernimmt. Ich bin dann übrigens auch Menschenfeind, da ich Kinderschänder, Sadisten, Mörder, Diebe, Steuerhinterzieher und Lügner nicht mag.

      • @4932 (Profil gelöscht):

        Irgendwie begeben Sie sich selbst aufs Glatteis, indem Sie indirekt über das was Sie unter "Menschenfeinden" verstehen (Kinderschänder, Sadisten, Mörder..), einen Zusammenhang mit Tierhaltern und Bauern herstellen. Deshalb erneut: Wer den Menschen mit dem Tier gleichsetzt, entwertet den Menschen!

        • 4G
          4932 (Profil gelöscht)
          @Nansy:

          Ich bin eben kein Kreationist, wie Sie und wie viele Amerikaner. Für mich ist der Mensch eines von vielen Lebewesen auf dieser Erde, das das gleiche Recht hat, hier zu leben, wie andere Lebewesen auch. Und: Wer ein Tier mißhandelt oder quält, entwertet sein Menschsein selbst.

          • @4932 (Profil gelöscht):

            Wie Sie zu der Ansicht kommen, ich würde dem Kreationismus (unmittelbarer Eingriff eines Schöpfergottes in natürliche Vorgänge) anhängen, können Sie wohl nur selbst nachvollziehen - aber vielleicht braucht es Unterstellungen, wenn einem die Argumente ausgehen?

            • 4G
              4932 (Profil gelöscht)
              @Nansy:

              Nansy, ich will dieses taz-Forum jetzt nicht verstopfen mit dieser Diskussion. Sie sollten aber noch über den ersten Satz in Wikipedia hinauslesen. Kreationismus ist auch die Annahme, der Mensch sei das Ebenbild Gottes, und stamme nicht vom Tier ab. Und Kreationismus hat viele gefährliche Fallen. Wenn der Mensch etwas Besseres ist, dann stehen auf diesem Menschenpodium neben Ihnen eine ganze Menge von Verbrechern und sehr bösen Menschen.

              Vielen Dank für das Gespräch.

              • @4932 (Profil gelöscht):

                Und wieder unterstellen Sie mir etwas (Kreationismus ist auch die Annahme, der Mensch sei das Ebenbild Gottes), was ich nicht behauptet habe. Der Mensch ist auch nicht etwas Besseres als das Tier, sondern einzigartig in seiner Fähigkeit ein bewusstseinsbegabtes, rationales Wesen sein zu können. Die Diskussion mit ihnen ist aber müßig, solange Sie mit Unterstellungen arbeiten...

                • 4G
                  4932 (Profil gelöscht)
                  @Nansy:

                  Vor 1 Stunde und 49 Minuten steht unter Ihrem Namen:

                  'Wer den Menschen mit dem Tier gleichsetzt, entwertet den Menschen!'

    • @Nansy:

      Der Mensch als einziges Wesen mit Selbstbewußtsein ?

      Ich erinnere an ein Experiment mit einem Raben, der einen roten Punkt auf die Stirn bekam, vor einen Spiegel gesetzt wurde und nach einiger Betrachtung seines Gegenüber versuchte, diesen Punkt loszuwerden.

       

      Dieser "Grundirrtum" ist wohl auch einer der nicht millitanten Veganer.

      • @lions:

        „ mit einem Raben, der einen roten Punkt auf die Stirn bekam, vor einen Spiegel gesetzt wurde und nach einiger Betrachtung seines Gegenüber versuchte, diesen Punkt loszuwerden..."

         

        Er wurde vor einen Spiegel gesetzt. Da war er schon noch passiv. Interessant wird es dann, wenn ein Rabe sich aus eigenem Antrieb vor einen Spiegel setzt um sein Bewusstsein zu reflektieren und sein Gefieder zu kontrollieren. Wurde sowas schon beobachtet?

         

        Aber grundsätzlich stimme ich Ihnen zu und die Sicht von Nansy in Bezug auf Bewusstsein und Selbstreflexion als Kriterium zur Abgrenzung zwischen Tier und Mensch ist nicht mehr haltbar.

        • @lichtgestalt:

          "Interessant wird es dann, wenn ein Rabe sich aus eigenem Antrieb vor einen Spiegel setzt um sein Bewusstsein zu reflektieren und sein Gefieder zu kontrollieren. Wurde sowas schon beobachtet?"

           

          Solche Experimente wurden mit diesen Keas gemacht, die nun wirklich ziemlich intelligent sind. Die nutzen aber ihre Fähigkeit, zu erkennen, dass sie selbst im Spiegel abgebildet wurden, nicht für die Frage nach einer Erkenntnis über sich selbst, sondern in erster Linie dazu, um an Futter zu gelangen.

          Erst kommt eben das Fressen, dann die Frage nach der Selbsterkenntnis. Das Sein schafft nur das Bewusstsein und Keas leben eben nicht ganz so lange wie Menschen und insofern steht das mit dem Bewusstsein nicht auf deren Prioritätenliste.

          Das dauert auch beim Menschen einige Jahre und einige Trotzphasen, bis er sich als das erkennt, was er ist. Wenn er es denn überhaupt schafft.

      • @lions:

        Selbstbewußtsein ist mehr als das Erkennen des gespiegelten Körpers als den eigenen. Sich selbst erkennen als Individuum, als handelndes, entscheidendes Subjekt, Reflektion, das Konzept von Zukunft des eigenen Lebens und damit Hoffnung (oder Verzweiflung - das ist es ja, was wir am Tod/Töten mit das Schrecklichste finden: Die Wegnahme von Lebenszukunft ).

        • @ioannis:

          Das bleibt Ihre Defintion ! Das Tier erkennt sich selbst, ob es einen Lebensentwurf daraus macht oder nicht.

          • @lions:

            Pure (und etwas kindliche) Vermenschlichung des Tieres, die außer Acht lät, dass

            -Rabenvögel ohnehin bemerkenswerte Problemlöser sind und

            -das Erkennen des Spiegelbildes als eigener Körper keineswegs eine Art Selbstbewusstsein oder Entscheidungsfähigkeit impliziert.

            • @ioannis:

              Etwas kindlich, zu vermuten, dass nicht mehr an Bewusstsein beim Raben möglich sei als das, was bisher beobachtet wurde.

               

              Vor dem Experiment mit dem roten Punkt hat Mensch das in seiner Allwissenheit ja auch nicht möglich gehalten. Aber es gibt doch tatsächlich Wissenschaftler, die überlegen, wie es zu schaffen sei, das Wissen über Erkenntnis- und Reflexionsfähigkeit von nicht-menschlichen Lebewesen weiter zu erforschen.

               

              Wissenschaftler eben.

              • @lichtgestalt:

                Es hieß doch nirgends "nicht möglich"! Bitte nicht immer derart interpretieren! Es ist lediglich in Struktur und Funktion des Rabenhirns und -Nervensystems nichts, kein Hinweis, zu finden, dass er etwas derartiges vermag. Und pure Spekulation dass grundsätzlich "alles" möglich sei, hilft beim Umgang mit der Welt auch nicht gerade.

        • @ioannis:

          Wenn wir uns der Ursache dieses Selbstbewusstseins zuwenden wird doch klar, dass dieses evolutionär entstanden sein muss. Das heißt gleichzeitig, dass diese Eigenschaft ebenfalls in einer "rudimentären" Form auch bei anderen Lebensformen vorkommt.(Etwa das Verhalten des Rabens oder bei Menschenaffen) Es ist also ein gradueller und kein kategorialer Unterschied in dieser Eigenschaft.

          • @PhiloPunk:

            "Wenn wir uns der Ursache dieses Selbstbewusstseins zuwenden wird doch klar, dass dieses evolutionär entstanden sein muss. .."

             

            Das menschliche (Selbst)bewusstsein hat natürlich mit Evolution nichts zu tun. Es fiel ja vom Himmel, wie wir alle "wissen".

          • @PhiloPunk:

            "ein gradueller und kein kategorialer Unterschied "

             

            Nichts in der Biologie selbst der Säugetiere, mit Ausnahme der Primaten, deutet darauf hin. Evolution ist nicht eine einzige Einbahnstraße.

            • @ioannis:

              Das ist eine interessante Diskussion, die ihr da führt. Ich glaube, sie geht an der Sache der Tierqual vorbei. Sagen wir mal, das mit dem Selbstbewusstsein von Tieren lässt sich nie zufriedenstellend auflösen (nur mal angenommen): Dann warten wir bis zum Sankt Nimmerleinstag darauf, wie wir uns in Sachen Tierquälerei verhalten sollen? Und sagen wir mal, die Tiere bekommen viel mehr mit, als wir glauben (nur mal angenommen): Sollen wir sie dann weiterquälen, weil sie es uns einfach nicht sagen wollen?

              Und wenn sie doch so unintelligent sind, wie wir glauben (n. m. a.): Wie wollen wir denn das wieder beweisen? Also mit unseren menschlichen Mitteln geht das nicht, denn Selbstbewusstsein ist ein menschlicher Moral-Parameter und daher als Zentrum der Fragestellung anthropomorph, sprich: kindlich naiv. Die Antwort brauchen wir für die moralische Dimension des Problems gar nicht abzuwarten. In jedem Fall aber wissen wir, dass wir ihnen Tag für Tag dauerhafte messbare Grausamkeiten (körperliche Schmerzen) zufügen. Wenn das nicht hinreichend relvant oder zumindest irgendwie peinlich ist, dann ist das eher ein Zeugnis der moralischen Entwicklung dessen, dem das scheißegal ist.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Wer Tiere kennt, wird wissen, wie wenig agressives Potential sie haben (Pflanzenfresser besonders). Wenn nun ein Bulle einen Bauern angegriffen hat oder sich gegen ihn gewehrt hat, hat das Tier bestimmt keine Schuld. Es hatte sich wohl gegen einen Zustand gewehrt, der nicht erträglich war. Wenn sich nun jemand 'dem Helden der Freiheit' näher fühlt und ein anderer dies gleich als 'Menschenfeindlichkeit' geißelt, dann sind das 2 Sichtweisen über den Unfall, die in der Tendenz ihre Berechtigung haben aber in ihrer Beschreibung reichlich überhöht sind.

    Und, wie ist das denn mit der Strafbarkeit, wenn ich mich freue, daß ein Hund sein Herrchen totgebissen hat, oder ein Tiger seinen Dompteur getötet hat oder ein Jäger ein aggressives Wildschwein niedergeschossen hat oder daß ein Steuerhinterzieher hinter Gittern gelandet ist? Man wird doch hoffentlich straffrei dazu eine Meinung haben dürfen, oder?

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Auf 100 m oder mit einem Elektrozaun dazwischen haben Bullen wohl ein unterschätztes Aggressionspotential, aber man darf nun mal nicht vergessen, dass in wilden Herden meistens nur ein Bulle überlebt, der Rest wird entweder vertrieben oder gleich als Matsch zurückgelassen.

       

      Da in der Tierhaltung der Mensch der Ranghöhere ist, ist er eben der der die "Aggression" des Bullen erleidet.

       

      Kühe dagegen tragen ihre Rangkämpfe meist ohne schwerere Verletzungen an Artgenossen aus, aber auch hier zieht der unvorsichtige Mensch gerne mal den kürzeren, da kommt man aber meistens mit blauen Flecken oder gebrochenen Rippen davon bzw. findet sich von einer Sekunde auf die andere auf der anderen Seite des Zaunes wieder.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Grundsätzlich haben auch pflanzenfressende Bullen ein nicht zu unterschätzendes Aggressionspotential. Dürfte bekannt sein.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Das Tier hat keine Schuld, weil es kein Mensch ist und Tiere einem abstrakten Konzept wie Schuld nicht unterliegen können, weil ihnen dafür schlicht der Verstand fehlt. Das Vieh hat sich auch nicht "gewehrt", weil irgendein Zustand unerträglich war, sondern weil irgendein Instinkt in diesem Moment die Reaktion auslöste. Keine noch so geschundene Legehenne hat sich je "gewehrt" oder wird das je tun und auch kein unterversorgtes Rindvieh wird dies je tun.

       

      Das kann jedem Bauern passieren. Dem Schinder genauso wie dem besten Öko-Bauern auffem Gnadenhof, der seine Viecher höchstens tot streichelt.

       

      An der ganzen Diskussion wird schön der Grundirrtum dieser veganen Bewegung deutlich. Da werden schlicht Tiere vermenschlicht, ohne jedes Verständnis für wirkliches tierisches Verhalten und Empfinden.

  • Der entsprechende Artikel auf Spiegel Online http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/bulle-toetet-bauer-radikale-veganer-erklaeren-das-tier-zum-helden-a-1015210.html führt aus, dass sich die Strafanzeigen gegen Ruthenberg auf Paragraf 189 des Strafgesetzbuches berufen: "Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft."

     

    Sollte das wirklich strafbar sein, das Andenken eines Verstorbenen zu verunglimpfen? Ist das nicht eine zu starke Einschränkung der Meinungsfreiheit? Kommt natürlich immer darauf an, auf was für Fälle man den Paragraphen anwendet. Letztlich ist die Aussage der Aktivistin gewaltverherrlichend, weil sie den Tod des Bauern preist. Weil sie Gewalt verherrlicht, darf die Aussage m.E. strafbar sein.

     

    Muss allerdings gleich eine Gefängnisstrafe für solche Aussagen möglich sein? Sollte eine Geldstrafe nicht ausreichen? Wieviel ist uns die Freiheit der Rede wert? Sie beschreibt ja gerade die Freiheit der Andersdenkenden, und eben auch die Freiheit, mal etwas nicht vollständig Durchdachtes zu sagen... Mit den US-amerikanischen Bürgerrechtlern, die auf Teufel komm raus jegliche extremistische Äußerung für legal halten, bin ich ausdrücklich nicht einverstanden. Aber Gefängnisstrafen für strafrechtlich fragwürdige Aussagen alleine finde ich dann doch erheblich übertrieben.

     

    Spiegel Online berichtet, dass die Aktivistin gegen die Strafanzeigen vorgehen will, wenn nötig bis zum Verfassungsgericht. Das wird noch spannend, wenn sie das tatsächlich tut. Auf diese Auseinandersetzung freue ich mich.

    • @Smaragd:

      "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Schon mal gehört?

       

      Unser (christliche geprägtes) Menschenbild geht davon aus, dass die Würde eines Menschen nicht mit seinem Tod erlischt. Also ist sie - als höchstes Gut unserer Rechtsordnung - auch dann immer noch verletzbar. Und die Würde anderer Menschen ist auch im Leben die wichtigste Grenze der Meinungsfreiheit. Der Verunglimpfungsparagraf ist nur ein Ausdruck dieser Wertung.

    • @Smaragd:

      Morddrohungen gegen die Aktivistin sind dann allerdings ebenfalls strafbar, nicht nur ihre Aussage.