VW-Aufsichtsrat nach Piëch-Abgang: Neue Frauen hat das Land
Nach dem Piëch-Abgang rücken zwei Frauen in den VW-Aufsichtsrat nach. Auch dank Quote, das zeigt aber auch: Wer sucht, der findet gute Frauen.
BERLIN taz | Die Besetzung von Aufsichtsräten ist in diesen Tagen ohnehin eine mathematisch etwas komplexere Angelegenheit, weil ab 2016 die 30-Prozent Frauenquote gilt. Bei Volkswagen war es nach dem Abgang des großen Patriarchen Ferdinand Piëch und seiner Ehefrau Ursula gleich doppelt kompliziert.
Schließlich muss der Aufsichtsrat bei VW nebst Quote auch noch die Machtstrukturen der Familien Porsche und Piëch ausbalancieren. Verschiedene Mitglieder der Clans halten neben dem Golfstaat Katar und dem Land Niedersachsen Anteile an dem Konzern.
Das gilt auch für Louise Kiesling, 57, eine der beiden Frauen, die in den VW-Aufsichtsrat nachrücken. Sie hält über die Porsche Holding SE rund 1,5 Prozent an VW, dem Konzern mit fast 600.000 Mitarbeitern, über zehn Millionen verkauften Fahrzeugen und 202 Milliarden Euro Umsatz.
Kiesling ist Unternehmerin, Nichte von Ferdinand Piëch. Sie studierte Modedesign, ist an mehreren Unternehmen beteiligt, unter anderem an der Textilmanufaktur Backhausen. Die zweite, die 34-jährige Julia Kuhn-Piëch, ist Juristin, Immobilienkauffrau und sitzt bereits im Aufsichtsrat der VW-Nutzfahrzeugtochter MAN. Wer den Vorsitz des Aufsichtsrates übernimmt, ist noch unklar.
Jünger, weiblicher
Kurzum: Der Clan verjüngt sich und gibt den Frauen eine Chance. Das hat auch mit der Frauenquote zu tun, glaubt Peter Ruhwedel, Chef des Deutschen Instituts für Effizienzprüfung. Er hat erst im April eine Studie die über die Frauenquoten in Aufsichtsräten von DAX-Konzernen veröffentlicht.
„Die Familien haben die Gelegenheit für einen Generationswechsel genutzt“, sagt er und ergänzt: „Zudem wird neben fachlichen Kriterien schon jetzt die Frauenquote berücksichtigt.“ Nach Ruhwedels Untersuchung wird nur knapp die Hälfte der 30 DAX-Unternehmen bis Ende 2015 die Frauenquote in Aufsichtsräten erfüllen. Spitzenreiter ist derzeit Henkel mit einem Frauenanteil von 43,8 Prozent, Fresenius und Fresenius Medical Care haben noch keine Frauen in ihrem oberste Kontrollgremium.
Die Frauenquote tritt Anfang 2016 in Kraft und ändert unmittelbar nichts an der Zusammensetzung von Aufsichtsräten. Sobald aber einer der Posten in einem DAX-Unternehmen frei wird, greift die Quote. Sollte sie unter 30 Prozent liegen, ist die Wahl eines Mannes unzulässig.
Zwei starke Frauen
Das gilt allerdings getrennt für Arbeitnehmer und Anteilseigner. Beide Seiten entsenden bei VW zehn Aufsichtsräte, von denen jeweils mindestens drei weiblich sein müssen. Bei VW hat ausgerechnet die Arbeitnehmerseite erst eine Frau im Aufsichtsrat.
Jutta von Falkenhausen, Juristin und Vizepräsidentin des Vereins Fidar, Frauen in die Aufsichtsräte, sieht in der Berufung von Kiesling und Kuhn-Piëch einen Beweis dafür, dass die Quote qualifizierten Frauen eine Chance gibt: „Es gibt viele tolle Frauen, wenn man sie sucht, findet man sie schnell. Jetzt haben die Familien Piëch und Porsche zwei starke Frauen in ihren Familien ausgewählt“, sagt sie.
Die Sache hat aber auch eine gewisse Ironie: Mit den beiden Frauen sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das Emirat Katar künftig einer seiner beiden männlichen VW-Aufsichtsratsmitglieder durch eine Frau ersetzen muss.
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