Urteil zu Hessendata: Kein generelles Verbot
Das Karlsruher Gericht sieht Nachholbedarf bei der Regelung für den Einsatz von Hessendata. Für die Zukunft bleibt das Gericht gnädig mit der Polizei.
D as Bundesverfassungsgericht hat die automatisierte Datenauswertung der hessischen Polizei mit dem Programm Hessendata für verfassungswidrig erklärt. Das Polizeigesetz sei viel zu weit formuliert, entschieden die Richter:innen. Das Urteil ist bundesweit relevant, weil andere Bundesländer ähnliche Regelungen haben oder planen. Die Karlsruher Richter:innen haben nicht die Praxis der hessischen Polizei beanstandet, sondern nur die gesetzliche Regelung.
Die bisherige Praxis von Hessendata war nämlich eher harmlos. So wurde lediglich die Durchsuchung bestehender Polizeidateien erleichtert. Es gab weder einen Einsatz künstlicher Intelligenz noch eine Auswertung des Internets oder ein „predictive policing“, also eine Polizeiarbeit, die Straftaten bisher unbekannter Täter:innen vorherzusehen versucht. Karlsruhe hat nur beanstandet, dass der hessische Gesetzgeber Derartiges weder ausgeschlossen noch adäquat geregelt hat.
Das aber war kein bedauerliches Malheur, sondern hat Methode. Denn bei der Einführung von Hessendata versprach Innenminister Peter Beuth, die Polizeiarbeit werde durch die Software „in ein neues Zeitalter gehoben“. Dass Beuth und der Hessische Landtag postwendend den „Big Brother Award“ bekamen, passt dazu. Aufschneiderei auf der einen Seite, Dramatisieren auf der anderen Seite. Das Karlsruher Verfahren hat die Diskussion nun rationalisiert.
Das Gericht zeigte auf, wie Hessendata bisher genutzt wird und vor allem wie das Programm bisher nicht genutzt wird. Für die Zukunft war das Bundesverfassungsgericht relativ gnädig mit der Polizei. Zwar wurden die aktuellen Regeln für verfassungswidrig erklärt. Aber nichts hat Karlsruhe generell verboten, auch nicht den fehlerträchtigen Einsatz künstlicher Intelligenz. Das Urteil hat ihn nur auf Fälle besonders großer Gefahr für besonders wichtige Rechtsgüter beschränkt.
Wenn die neuen Polizeimethoden aber zu konkreten Problemen führen, wird es neue Klagen und neue Entscheidugnen geben. Das Hessendata-Urteil war sicher noch nicht das letzte Wort aus Karlsruhe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!