Urteil nach Totschlag in Jobcenter: Er wusste, was er tat
Wegen einer tödlichen Messerattacke ist ein 29-Jähriger zu zehn Jahren Haft verurteilt worden. Er muss auf unbegrenzte Zeit in die Psychiatrie.
Der Gutachter hatte einen verhängnisvollen Termin am 3. Dezember 2014 im Jobcenter Rothenburg nicht überlebt. Der Mitarbeiter des Bezirksklinikums Ansbach war von einer Arbeitsvermittlerin engagiert worden, die ratlos war, welchen Job sie dem damals 28-jährigen Verurteilten vermitteln sollte. Schließlich lag ihr ein Attest vor, worin dem Arbeitslosen eine schizophrene Psychose attestiert wurde.
T. befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem akuten Schub seiner Erkrankung. Die war zwar in der Vergangenheit erfolgreich behandelt worden, doch weil er regelmäßig Haschisch rauchte, verschlechterte sich sein Zustand, so der Vorsitzende Richter Körner in seiner Urteilsbegründung. T. gehört zu einer sehr kleinen Gruppe von Menschen – etwa ein bis zwei Personen der Bevölkerung –, bei der regelmäßiger Cannabiskonsum eine schizophrene Episode verursachen kann.
„Es muss jetzt einer dran glauben“, beschreibt Richter Körner die Gedankenwelt von T., er hatte „einen Tunnelblick.“ Er habe den Gutachter M. deshalb vorsätzlich getötet, so die Begründung. Weil bei dem Verurteilten mit weiteren erheblichen Straftaten zu rechnen sei, werde seine Unterbringung viele Jahre dauern. T. habe gewusst, so der Psychiater Michael Wörthmüller im Prozess, dass er etwas Unrechtes tue, als er mit einem Küchenmesser dreimal auf den Gutachter M. eingestochen habe. Mit dem dritten Stich durchbohrte er das Herz seines Opfers.
Es ist ein Prozess, in dessen Verlauf viele anfängliche Annahmen über den Haufen geworfen werden. Ein Streitgespräch im Jobcenter, das den Angeklagten T. provoziert haben soll, gab es laut Arbeitsvermittlerin S. nicht. Vielmehr habe lediglich der Angeklagte wie ein Wasserfall auf sie und den getöteten Psychologen M. eingeredet, so die Frau vor Gericht.
Geplant war ein Mitnahmesuizid
Das besagte Gutachten, von dem T. eine Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung befürchtete, soll überhaupt nicht zur Sprache gekommen sein. Vielmehr war sogar von einem Mitnahmesuizid, den T. plante, die Rede. „Er hat mich gebeten, ihn mit meiner Dienstwaffe zu erschießen“, sagt der Polizist Christoph L. aus Erlangen. Auch an anderer Stelle soll T. seinen Plan geäußert haben, jemanden „abzustechen und sich von der Polizei erschießen zu lassen.“
Und so wird im Lauf des Verfahrens das Bild eines Angeklagten deutlich, der sein Leben schon als Teenager nicht im Griff hatte, verursacht auch aufgrund seiner Erkrankung. Seit seinem 14. Lebensjahr kiffte er phasenweise sehr intensiv. Zwei Mal wurde er von der Polizei mit Marihuana im Gepäck erwischt, als er mit dem Zug von Holland an seinen damaligen Studienort Aachen unterwegs war.
Matthes Egger, Anwalt der Nebenklage, bezeichnet T. als einen Menschen, der nie in seinem Leben Verantwortung übernommen habe und bei Schwierigkeiten in den Drogenkonsum geflüchtet sei. Mit der Attacke auf M. habe er „einmal der Stärkere sein wollen“, ergänzt Eggers Kollege Bernhard Ixmeier.
Stark, so wirkt der T. vor Gericht nicht eine Sekunde. „Ich kann nur erklären, es tut mir leid“, murmelt T., als ihm zum letzten Mal das Wort erteilt wird. So leise und undeutlich, dass man es kaum hören kann.
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