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Urteil im NSU-ProzessZschäpes Verteidiger planen Revision

Nach dem Urteilsspruch gegen die Hauptangeklagte Beate Zschäpe kündigen ihre Anwälte an, in Revision zu gehen.

Zschäpe-Verteidiger Wolfang Heer (rechts) und Anja Sturm am Mittwoch im Gerichtssaal in München Foto: reuters

Für Richter Götzl ist der Prozess nicht zu Ende. Nach der mündlichen Verkündung muss er noch das schriftliche Urteil abfassen. Es wird erwartet, dass es einige hundert Seiten umfasst. Das Oberlandesgericht (OLG) München hat dazu 91 Wochen Zeit, denn die Frist verlängert sich mit zunehmender Prozessdauer.

Beate Zschäpes Verteidiger kündigten bereits an, Revision einzulegen. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe muss dann über die Revision entscheiden. Dabei wird der Prozess nicht neu aufgerollt, es werden keine Zeugen und Sachverständigen mehr angehört. Vielmehr geht es nur um Rechtsfragen.

Nicht nur die verurteilten Angeklagten, auch die Bundesanwaltschaft und – in beschränktem Maße – die Nebenkläger können gegen das Urteil Revision einlegen. Für die Nebenkläger (also die Angehörigen der Opfer) ist es zum Beispiel nicht möglich, in Revision zu gehen, weil sie das Strafmaß zu milde finden.

In der Revision wird geprüft, ob das OLG die richtigen juristischen Maßstäbe angewandt und die Gesetze der Logik beachtet hat. Auch Verfahrensfehler, auf denen das Urteil beruht, können gerügt werden. Der BGH muss aber die konkrete Beweiswürdigung und die Feststellungen des OLG zum Sachverhalt akzeptieren. Eine Aufhebung des Münchener Urteils ist daher nicht wahrscheinlich, zumal der Vorsitzende Richter Manfred Götzl penibel darauf geachtet hat, keine Verfahrensfehler zu machen.

Ob es beim BGH überhaupt eine mündliche Verhandlung gibt, ist offen. Wenn sich der fünfköpfige Senat einig ist, genügt in der Regel eine schriftliche Entscheidung.

Bei der Bundesanwaltschaft sind noch neun Ermittlungsverfahren gegen mutmaßliche NSU-Unterstützer anhängig. Bisher hat es in diesen Fällen nicht zur Anklageerhebung gereicht. Die Verfahren wurden bisher nicht eingestellt, weil man auf neue Erkenntnisse im Münchener Prozess hoffte. Nach dem OLG-Urteil will sich die Bundesanwaltschaft wohl aber nur ein Verfahren noch einmal genau anschauen, sagte Frauke Köhler, die Sprecherin der Bundesanwaltschaft. Um wen es sich handelt, wollte sie nicht mitteilen.

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