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Urlaub machen für wenig GeldDDR-Trip oder zu den Verwandten?

Jeder Sechste kann sich keinen Urlaub leisten. Doch es gibt kostengünstige Varianten, um mal zu verreisen. Wir haben da ein paar Ideen.

Mit Schnellreis und Gemüse kommt man gut über die Urlaubstage, ab und an ein Stockbrot schmeckt aber auch Foto: Daiga Ellaby/Unsplash

Jeder Sechste in Deutschland kann sich nicht mal einen einwöchigen Urlaub leisten. Darauf weist die Linkspartei hin und bezieht sich dabei auf Zahlen von Eurostat. Von den Alleinstehenden muss sogar jeder Vierte, unter den Alleinerziehenden sogar jede Dritte wegen Geldmangels zu Hause bleiben.

Nun ist es nicht lustig, wenn der Nachwuchs von Alleinerziehenden wegen Geldmangels nicht wegfahren kann und sich nach den Ferien die Schwärmerei der Klassenkameraden über Motorbootfahrten im Mittelmeer oder den Ponyhof in Österreich anhören muss. Immerhin aber gibt es Billigvarianten des Urlaubs, die Reisesehnsüchtige in Erwägung ziehen können. Dies lehrt ein Blick in die Freizeit- und Urlaubshistorie. Varianten sind:

1. Der Verwandtenbesuch

Der Verwandtenbesuch ist weltweit das verbreitetste Verfahren in der Freizeit- und Reisegestaltung und ein Grund, warum das Konzept „Urlaub“ mit teuren Aufenthalten in Hotellerie und Gastronomie in vielen Ländern unbekannt ist. Stattdessen fährt man mitsamt der Familie zu den Eltern, Onkeln, Tanten, Geschwistern, möglichst in schöneren Gegenden als dem Heimatort, lässt sich von den Angehörigen bekochen und bleibt eine ganze Weile. Viele türkischstämmige Deutsche leben vor, wie man dank der Verwandtschaft in der Türkei auf billige Weise viele Wochen in den Süden kommt. Aber Vorsicht: Beim Verwandtenbesuch gehen Gastfreundschaft, Pflichtgefühle und Blutsbande eine gefährliche Melange ein, die jederzeit explodieren kann.

2. Die Hippievariante

Wie zu Hippiezeiten halten Hartgesottene auch heute noch an der Autobahnauffahrt den Daumen in den Wind, ein selbstgemaltes Schild mit dem Namen des Urlaubsziels in den Händen und das Gepäck mit Schlafsack im Hintergrund. Man wird auch durchaus mitgenommen und sogar viel eingeladen – solange man unter 22 ist.

Populärer bei Reisehippies ist inzwischen aber die Web-Variante, das Couchsurfing bei Fremden, die man vorher über das Internet kontaktiert hat. Das ist billig und funktioniert, allerdings gilt das Gleiche wie früher beim Trampen und Schlafplatzsuchen: Man muss über PR-Qualitäten in eigener Sache verfügen, also gerne mit Fremden reden wollen und eine gewisse Grundwitzigkeit besitzen. Wer seine Ruhe haben will, für den ist die Hippie-Variante mit Schnorreranteil nicht das Richtige. Aber es gibt ja noch:

3. Die DDR-Variante

Für dieses früher im Osten bewährte Verfahren braucht man ein Fahrrad, ein Zelt und viel Muskelkraft. Sinnvoll wäre, sich vielleicht noch einen Fahrradanhänger für die Dauer des Urlaubs zu leihen. Die alte Ostmethode ist ein preisgünstiger und gesunder Weg, um mal rauszukommen. Kaum Geld, aber viel Beinkraft sind nötig, um es irgendwo an einen See zu schaffen. Mit Gaskocher, Schnellreis und Gemüse kommt man gut über die Urlaubstage, so ernähren sich weltweit viele Trucker. Unter Umständen ist das Zelten allerdings nur auf einem Campingplatz erlaubt. Dann ist das mit der Ruhe wieder so eine Sache. Aber es gibt ja noch:

4. Die „innere Reise

Die schönste und billigste Reise ist die innere Reise, das wissen nicht nur buddhistisch Beeinflusste. Holen Sie sich aus der Leihbücherei einen Bildband über Wüstennomaden, Himalajavölker oder Klöster der Welt. Dann setzen Sie sich irgendwo in den Park, blättern und suchen ein Lieblingsbild. Sie schließen die Augen und träumen sich in die Landschaft hinein, vielleicht noch mithilfe irgendwelcher Sphärenklänge im Ohr. Sie sind ganz weit weg – aber am Ende der inneren Reise kommen Sie wieder zu Hause bei sich an. Genauso wie Ihre Bekannten nach ihrem 3.000 Euro teuren Erlebnistrip in Asien.

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23 Kommentare

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  • Ein schöner und ironischer taz-Artikel, der die Armut in Deutschland aufzeigt, die von Jahr zu Jahr immer größer wird. Immer mehr Menschen sind von einem normalen Bürgerleben in diesem reichen Land ausgeschlossen, aber das ist unserer Regierung egal, denn solange es den Reichen in diesem Land gut geht ist alles in bester Ordnung.

    Hartz IV Empfänger müssen sich übrigens ihren "Urlaub" vom Jobcenter zunächst genehmigen lassen. Das ist sicherlich eine zusätzliche Demütigung für arme Menschen, die von dem kläglichen Existenzminimum eines Hartz IV Regelsatzes von einem echten Urlaub nur träumen können und Urlaub für sie nur bedeutet, mal einige Wochen im Jahr Zuhause in Ruhe sitzen zu dürfen, ohne vom Jobcenter schikaniert zu werden. Wenn dann der Hartz IV Regelsatz - wie in diesem Land leider immer noch möglich ist und das obwohl wir den Art. 1 GG und den Art. 20 Abs. 1 GG haben - von einer Behörde sogar noch sanktioniert wird, dann findet der Urlaub eben als Survival-Urlaub auf deutschen Straßen als Obdachloser statt.

    „Die großartige 'Gleichheit' vor dem Gesetz, verbietet den Reichen wie den Armen, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen.“



    (François Anatole Thibault, besser bekannt als Anatole France (1844-1924), französischer Literaturnobelpreisträger)

    • @Ricky-13:

      Gab es in der DDR Armut ? Oder was haben Sie gegen einen DDR-Trip? ;-) Wir machen dieses Jahr diverse DDR-Trips. machen Spaß!

      • @Rudolf Fissner:

        Dann wünsche Ihnen schöne Tage in Ihrem "DDR-Urlaub" und bedanke mich auch dafür, dass Sie diesen Artikel mit Ihrem Kommentar noch eine Weile auf „Meistkommentiert“ halten bzw. gehalten haben.

  • Der letzte Absatz hat mich schmunzeln lassen.



    Danke für die Kurzweil.

    Ich fahre mit meiner Familie gar nicht in den Urlaub.



    (Tagesweise zu Verwandten die man lange nicht gesehen hat, aber das reicht.)



    Weil in der Sommerzeit, ist es in meiner Heimatstadt schön menschenleer, aber es ist auch was los. Zoo, Museen, Badeseen von denen wir einige haben.



    Ich stelle mir immer vor, wenn ich nach "Malle" oder Italien fliegen würde, dann würden mir genau die Pissnelken auf den Geist gehen, die zur Urlaubszeit wegfahren.

    Ich bin lieber in meinem Garten oder haue mein Geld für gutes Essen aus dem Fenster.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @derSchreiber:

      Ich, ich, ich - was sagt aber die Familie?

      • @4813 (Profil gelöscht):

        Entschuldigung.

        Wir wir wir ;)

        Mein Kleiner will lieber im Sandkasten spielen, noch.



        Oder geht in den Zoo.

        Meine Frau vermisst ihre Familie die über ganz Norddeutschland verteilt ist, wir leben in Mitteldeutschland.

  • Ich führe eine Top Beziehung , habe einen super Freundeskreis und versuche den Arbeitsalltag so bund wie möglich und doch ausgeglichen zu bestreiten. Daher ist für mich der Ort an dem ich meine Urlaubszeit verbringe zweitrangig da ich mir es überall schön machen kann. Sehr hilfreich dabei ist es das Internet mal abzuschalten, seine innere Stimme zu finden und zu folgen und sich nicht ständig dem allgemeinem treiben hinzugeben !

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Die Obsession, einen gelungenen Urlaub planen und verbringen zu müssen. Weil schließlich alle es tun. Und wenn dann alles in die Binsen geht.....?



    Éric Rhomer hat das schon 1986 leicht schwermütig in "Das grüne Leuchten" / "Le Rayon vert" erzählt

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ich plädiere für ein gesetzlich verankertes Recht auf einen wenigstens zweiwöchigen Urlaub für jeden.

    Die Finanzierung für die, die ihn sich nicht leisten können, erfolgt über eine Abgabe für diejenigen, die hochpreisig reisen oder mehrere Reisen unternehmen.

    Mittelmeer für alle. Aber nicht auf einmal.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Am weltweiten deutschen Beitrag zur Klimazerstörung durch Reisen sollte jede Kartoffel ihren Beitrag leisten können!

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Sie meinen es sollte nur den wohlhabenden Kartoffeln vorbehalten bleiben.

        • @88181 (Profil gelöscht):

          Nö. Das meinen Sie, da nur Sie das per Frage geschrieben haben. Warum fragen Sie so etwas unsoziales?

          • 8G
            88181 (Profil gelöscht)
            @Rudolf Fissner:

            Dann habe ich es falsch verstanden.

            Mir geht es eigentlich nur darum zu sagen, dass Reisen für mich zu den wichtigsten Dingen in meinem Leben gehören.

            Die Welt erkunden, die Natur genießen, Sprachen, Kulturen und Menschen kennen lernen.

            Dafür verzichte ich gern auf einen PKW und mein ökologischer Fußabdruck ist gar nicht so übel.

  • Im Sommer machen wir fast immer Urlaub in Deutschland auf einem Campingplatz, ist doch doof woanders hinzufahren wenn hier schönes Wetter ist. Und man ist ruckzuck zuhause und es kommen Leute vorbei und machen ein zwei Tage mit Urlaub, dieses Jahr findet aber die Variante des Verwandten Urlaub statt. Angesichts der Massen von Touristen überall habe ich auch gar keine Lust auf Städtereisen oder sowas. Das mache ich in Frühjahr oder Herbst, wenn denn Geld da ist :)

  • Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Artikel witzig sein soll. Eigentlich finde ich ihn schon auch teilweise zynisch. Ja, Schwärmerei über Urlaub mit Luxusyacht anhören ist neben vielen anderen Sachen wohl blöd, wenn man 15 Jahre und arm ist. Gut, dass die reichen Kinder und Jugendlichen aufs Gymnasium gehen und die armen auf die Hauptschule. Da kriegen die das dann nicht so mit. Und ja, ist blöd, wenn man im Türkeiurlaub in den Sommerferien dann verheiratet wird. Ach so, liebe arme und/oder türkische Kinder und Jugendliche, ich persönlich war genau einmal mit meiner Mutter, Schwester, Tante und Cousinen in Urlaub (an der Nordsee). Mein Vater ist zu Hause geblieben. Der war Alki. Und so richtig arm waren wir eigentlich nicht. Aber das Haus musste halt abbezahlt werden...



    Nun ja, die Alternativen im Text kann man sich ja mal so vorstellen: innere Reise für drei- bis siebenjährige!? Trampen als alleinerziehende 20jährige mit Baby!? Prima. Ich habe die Alternative "Urlaub ohne Koffer" anzubieten. Die geht, ich verrate aber nicht, was es ist.

    • @Unmund:

      Der Artikel sollte auf keinen Fall witzig sein. Leider muss man bei Satire und Zynismus heutzutage wohl schon ein Schild hochhalten, sonst versteht der Bürger es nicht mehr.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Unmund:

      Frau Dribbusch meint es sicher gut - auch wenn es zynisch rüberkommt. Hoffe ich zumindest.

  • Ok, dann bin ich mit 54 noch ein Hippie. Jedenfalls klappte gestern das Trampen von Wasserburg am nach Lindau im Bodensee gut, sogar ohne Schild. Warum auf die 45 Minuten verspätete Bummelbahn warten?

  • Woher kommt eigentlich dieses Bedürfnis nach Urlaub, ich kann das nicht so richtig nachvollziehen. Klar, es ist immer schön, andere Orte zu sehen und Freizeit zu haben, aber dieses Zwanghafte finde ich nervig. Im Sommer muss stets klar sein, wer wie wohin fährt, und wenn derlei nicht geplant ist, wird man angeschaut als hätte man die Welt nicht verstanden.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @emanuel goldstein:

      Verstehe ich auch nicht, zumal der Urlaub bei vielen in Stress ausartet, also eine Fortsetzung des Berufslebens mit urlauberischen Mitteln darstellt. Noch weniger verstehe ich, wie man sich wochenlang in einer Hotelburg einquartieren und sich dem "dolce" far niente hingeben kann. so man rechtzeitig sein Handtuch auf der Liege plaziert hat.

      • @849 (Profil gelöscht):

        Ich kenn diesen Stress und das Arbeitsmäßige nur zu gut aus eigener Kindheitserfahrung und verstehe den Zwang dazu als eine Umtermauerung des sozialen Standes oder der Angst davor ein Niemand zu sein.

    • @emanuel goldstein:

      Na klar, denn das grenzt ja schon fast an Konsumverweigerung.

    • @emanuel goldstein:

      Im Sommer wegfahren ist bescheuert, viel zu heiß und zu teuer!