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Uran aus RusslandAuf dem Weg nach Lingen

Angereichertes Uran aus Russland erreicht die Brennelementefabrik in Lingen. Mitten im Ukrainekrieg halten AktivistInnen das für ein „Unding“.

Protest von Umweltgruppen gegen Uranlieferungen aus Rußland in Lingen Foto: Lars Klemmer/dpa

Berlin taz | Mehrere Lastwagen, die angereichertes Uran aus Russland geladen haben, waren am Mittwoch auf dem Weg ins niedersächsische Lingen. „Wir rechnen damit, dass die LKW spätestens am frühen Abend in der Stadt ankommen“, sagte Matthias Eickhoff vom Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen am Mittag der taz.

Das Uran soll in der Lingener Brennelementfabrik zu frischen AKW-Brennstäben verarbeitet werden. Die Anlage wird von der Firma „Advanced Nuclear Fuels“ betrieben, einer Tochter des französischen Atomkonzern Framatome, und ist vom deutschen Atomausstieg ausgenommen.

Die Uran-Fracht war am Montag mit dem russischen Schiff „Mikhail Dudin“ im französischen Hafen Dunkerque eingetroffen. Dort erfolgte die Verladung auf LKW, die am Dienstag den Hafen verließen und nach Angaben von Greenpeace im Verlauf des Mittwochvormittag die deutsche Grenze bei Saarbrücken passieren sollten.

Von dort sei die Weiterfahrt auf der Autobahn durch Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen nach Niedersachsen geplant, hieß es. Ursprünglich sollte die „Mikhail Dudin“ bereits am Sonntag in Rotterdam entladen werden, doch nach in mehreren Orten angekündigten Protesten änderte das Uranschiff kurzfristig sein Ziel.

„Mitten im Ukraine-Krieg“

Anti-Atomkraft-Initiativen aus Deutschland, den Niederlanden und Russland bekräftigten am Mittwoch ihre Forderung nach sofortigem Abbruch der Uranlieferung und einem Ende aller Uran-Deals mit Russland. „Mitten im Ukraine-Krieg wieder Urangeschäfte mit dem russischen Atomkonzern Rosatom aufzunehmen, ist ein Unding“, sagte Eickhoff.

Rosatom sei unter anderem am Besatzungsregime im umkämpften ukrainischen AKW Saporischschja beteiligt und „definitiv kein normaler Handelspartner. Dass die Bundesregierung einen solchen Atomdeal für Lingen durchwinkt, ist das völlig falsche Signal“.

Rosatom ist bei allen Verarbeitungsschritten von Uran wie Konversion oder Anreicherung bei rund einem Viertel des EU-Bedarfs eingebunden. Auch betreibt der russische Staatskonzern weltweit Uranminen, unter anderem in Kanada und Namibia.

Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) hat im vergangenen Jahr mehrere Dutzend Atomtransporte aus Russland nach Lingen genehmigt. Für den 1. Oktober rufen zahlreiche Initiativen und Umweltorganisationen zu einer Anti-Atom-Demo in Lingen auf. Im Fokus steht dabei auch der Protest gegen eine mögliche Laufzeitverlängerung für das AKW Emsland unweit der Stadt.

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14 Kommentare

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  • Was den deutschen das russische Gas, ist den Franzosen russisches Uran. Worum es Macron, wenn auch nicht ausschließlich, in den Telefonaten mit Putin ging, war wohl die Aufrechterhaltung des Atomdeals. Für mich bemerkenswert ist, dass ausgerechnet im Land des Atomaustiegs eine Zwichenstation besteht, um diesen Deal aufrechtzuerhalten. Letztendlich ist Frankreich in die selbe russische Abhängigkeitsfalle wie Deutschland gelaufen.



    Ich habe großes Verständnis für die Demonstranten in Lingen. Auch weil Frankreich seinen gefährlichen Dreck wenigstens selbst verarbeiten könnte, um es nicht noch quer durch Westeuropa karren zu müssen.

  • Von Russland über Dunkerque und Saarbrücken nach Lingen - gehts noch? Von Russland über Emden nach Lingen wären 500 km weniger Seeweg und 900 km weniger Straße.



    Diesen atomaren Dreck brauchen und wollen wir nicht, sowieso!

  • Gas nehmen wir von Russland so viel wir bekommen, aber eine Uran Lieferung soll ein Unding sein?

    Was passiert wenn die französischen AKWs nicht laufen sehen wir ja gerade. Solange Frankreich und andere EU Länder ihre Kraftwerke weiterbetreiben muss auch Uran beschafft werden. Und wie beim Gas lässt sich der Lieferant nicht von heute auf morgen vollständig wechseln.

  • Wenn es um Uran geht, ist halt der Ukrainekrieg doch sekundär. Eigeninteresse, was nur den jeweils andere nicht so gerne zugestanden wird. .

  • 6G
    651741 (Profil gelöscht)

    Wenn man will, dass nun auch noch die restlichen Lichter ausgehen, ist der Protest genau die richtige Wahl ...



    Wenn man aber will, dass es irgendwie weiter gehen MUSS, dann bleibt man zu Hause ...

    • @651741 (Profil gelöscht):

      wenn man nicht wissen will wo Uran herkommt kann man schon für Atomkraft sein

  • „Mitten im Ukrainekrieg“ wird ein Stück Normalität gelebt, ein Brücke für die Zukunft gebaut, friedlicher Handel getrieben.

    Ein Unding ist, dass in dieser Zeit solches Tun sabotiert werden soll. Als gäbe es nicht schon genug Probleme. Die Entscheidung über französische Kernkraftwerke wird nicht durch ein paar deutsche Aktivisten getroffen. Das wäre so, als wenn kanadische Aktivisten den Bau von LNG-Terminals für den deutschen Export sabotieren.

    • @Taztui:

      machen sie hier comedy?

    • @Taztui:

      Und doch sind Proteste gegen diese Lieferungen von Fossiler Energie berechtigt. Auch in Kanada für LPG, oder Frakinggas. Schließlich gefährden diese Lieferungen nicht nur das Leben der Menschen in der Ukraine sondern unser aller Dasein auf unser aller einzigen Lebensgrundlage. Denn die Zeit für diese Technologie ist schon lange vorbei. Allein dickste korruptive Seilschaften sichern noch ihr Dasein auf unser aller Kosten und zum Vorteil von Oligarchen uns Diktatoren.

      • 6G
        651741 (Profil gelöscht)
        @Sonnenhaus:

        Fossile Energie und vorbei? Wohl kaum. Gas und Öl wird noch lange, sehr lange fließen. Übrigens kann man auch mehr daraus machen, als nur verbrennen. Besonders eben aus Öl. Und auch wenn grüne Energie zunehmen wird, steht diese in Konkurrenz zu fossiler Energie. Und wenn fossile Energie günstiger ist als grüne Energie, was so sein wird, dann gibt es auch interessierte Käufer.

        • @651741 (Profil gelöscht):

          Träumen Sie gerne weiter von günstigeren fossilen Energien gegenüber den erneuerbaren.



          Erneuerbarer Strom ist schon seit Jahren günstiger als Strom aus fossilen Energien. Das ist kein Zukunftsszenarium - das ist schon Realität - sie haben das vermutlich nur noch nicht bemerkt, da bei Ihnen der Strom noch immer aus der Steckdose kommt. Sie sollten sich endlich eine PV-Anlage anschaffen, um die Erfahrung von real existierendem kostenfreiem Strom erleben zu können. Das schaffen die fossilen Energien schon heute nicht außer Sie besitzen eine Ölquelle oder die Lizenz unseren Planeten zu zerstören.



          Für die Erdölprodukte die nicht der Wärme oder Stromproduktion zugeordnet werden gibt es ebenfalls schon Ersatzstoffe. Das mehr daraus machen geht auch erneuerbar. Auch hier benötigen wir keine fossilen Energien.

          • 6G
            651741 (Profil gelöscht)
            @Sonnenhaus:

            "Sie sollten sich endlich eine PV-Anlage anschaffen, um die Erfahrung von real existierendem kostenfreiem Strom erleben zu können."



            Ergänzend noch eine Frage, das mit dem "kostenfreiem Strom" müssen Sie mir mal erklären. Zwar habe ich sowohl Wind- als auch Solaranlagen, aber das mit dem "kostenfrei" ist mir völlig neu. Na ja, so ´ne Windmühle kostet je nach Größe derzeit so schlappe 13 Millionen € und 1 kWp kostet frei Dach derzeit auch um die 1.500 €. Nettopreise übrigens. Wie man da zu "kostenfreiem Strom" kommt, das hätte ich zu gern gewusst.

          • 6G
            651741 (Profil gelöscht)
            @Sonnenhaus:

            Ich bin Eigentümer von 130 kWp an diversen Solarprojekten. Ferner an etwa 30 weiteren Solarprojekten als Genosse, als Gesellschafter, als Kommanditist usw. Darüber hinaus an noch 7 Windparks (es waren mal 9) beteiligt.



            1. Ohne die EEG-Förderung hätte es weder Solaranlagen noch Windparks gegeben



            2. Die jetzigen, total überhitzten Preise, sichern auch den erneuerbaren Energien ein sehr gutes Auskommen



            3. Oben habe ich ja geschrieben, dass ich mal an 9 Windparks beteiligt war. Jetzt sind es noch sieben. Ein Windpark wurde zurückgekauft, weil der Projektierer uns sozusagen noch größere Windmühlen vor die Nase setzte. Das wurde juristisch ausgefochten und von uns teils gewonnen. Der andere WP war 20 Jahre alt. Repowering war und ist dort nicht möglich. Dann ging es um den Weiterbetrieb und die möglichen Einnahmen. Das sah eben vor 2,5 Jahren nicht so rosig aus. Preise von 3 Ct./kWh wären und sind eben nicht auskömmlich. Also wurde der WP an ein Tochterunternehmen der Stadtwerke München verkauft. Die haben sich auf die Fahnen geschrieben bis 2030 klimaneutral zu werden.



            4. Bei Solaranlagen habe ich es schon mehrmals mitmachen dürfen, dass diese wegen Dachsanierung, wegen Änderung der gesetzliche Auflagen (Dachrand freihalten usw.), dass diese Anlagen teils demontiert werden, zwischengelagert und dann wieder neu aufgebaut werden mussten. Die Folge: Die angedachte Rendite von ca. 3%, die vereinbarten EEG-Vergütungen der letzten Jahre, lassen bei so einem Vorgang die Rendite in weiter Ferne rücken.



            5. Erdöl und auch Gas sind derzeit weit entfernt von den Gestehungskosten. Russland verkauft sein Öl, an Indien zum Beispiel, weit unter den Preis den wir derzeit bezahlen. Trozdem verdienen sie mehr als je zuvor. Öl und Gas waren Anfangs 2021 deutlich günstiger als jetzt, trotzdem ist auch mit diesen Preisen Anfangs 2021 noch viel Gewinn eingefahren worden. Genauso wird es auch wieder kommen. Die Ölförderung ist real vorhanden. Die Gasförderung ebenso. Das wird auch so bleiben.

          • @Sonnenhaus:

            Erneuerbare Energie aus Wind, Wasser und Sonne sind an guten Standorten tatsächlich sehr günstig. Nur gibt es diese Standorte nicht so häufig in Deutschland. Die zusätzlich notwendige Netz- und Speicher-Infrastruktur ist überhaupt nicht günstig, es gibt diese in Deutschland auch nicht. Es wird wahrscheinlich nie genug erneuerbare aus Deutschland geben … die gepriesene Energiewende war die nächste. 20 Jahre voll auf billiges russische Gas kalkuliert.