Untersuchungsausschuss zur Diese eG: Vorwurf Vorkaufsrecht
Florian Schmidt und Jörn Oltmann verteidigen sich im Untersuchungsausschuss zur Diese eG. Die Opposition macht derweil Politik per Anzeigen.
Im Scheinwerferlicht der Anklage sollte Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) stehen, der 2019 in sechs Fällen das bezirkliche Vorkaufsrecht für die Diese eG ausübte. Mit anzuklagen galt es zudem Jörn Oltmann, Amts- und Parteikollege aus Tempelhof-Schöneberg, der ebenfalls ein Haus in die Hände der Genossenschaft brachte, die nach den Zuschlägen noch einige Monate um ihre Zahlungsfähigkeit bangen musste.
Und dann war auch noch Sandra von Münster geladen, wirtschaftsnahe Investorenanwältin, die mit einem wahren Feuerwerk aus Anzeigen und Beschwerden, vor allem gegen Schmidt und den Diese eG-Vorstand Werner Landwehr, als eigentlich Unbeteiligte zur eigenständigen Playerin im Diese-Komplex geworden ist – und als solche den CDU-Ausschussmitgliedern zuarbeitet.
Ihre Vorwürfe sind auch die der Parteienvertreter: Weil die Genossenschaft den Zuschlag für die Häuser erhielt, ohne bereits die notwendigen Finanzmittel zu haben, hätten die Stadträte rechtswidrig gehandelt, zum Schaden für die Bezirke.
Schmidt im Anzeigenfeuer
Während Oltmann sich minutiös befragen ließ und den Vorkauf der Gleditschstraße 39–43 im August 2019 als Mittel gegen die Spekulation und sein Handeln als Ermessensentscheidung rechtfertigte, verlas Schmidt ein ähnlich gelagertes Statement und verweigerte anschließend die Aussage. Damit wolle er sich schützen vor weiteren Anzeigen seitens von Münsters. „Wer politische Konflikte auf Grundlage der Kriminalisierung des politischen Gegners austrägt, muss sich nicht wundern, dass der ‚Beschuldigte‘ sich seiner Rechte bemüht“, sagte Schmidt. In einer früheren Sitzung hatte auch Werner Landwehr die Aussage verweigert.
Die folgende Befragung der Lobbyistin zeigte, dass Schmidts Befürchtung nicht unbegründet ist. Von Münster hat – weil sie das Geschehen in der Presse verfolgte – Anzeigen en masse gestellt, auch gegen mehrere Senator*innen, weil diese auf vorherige Beschwerden nicht reagiert hätten. Der Einstellung des Verfahrens gegen Schmidt und Landwehr widersprach sie mehrfach.
Dass dahinter womöglich nicht nur Querulantentum steckt, deutete der Grünen-Angeordnete Andreas Otto an: Er fragte nach einem Treffen von Münsters mit mehreren betroffenen Verkäufern. Ihr Dementi klang dünn – und widersprach nur dem Vorwurf, dort sei ein gemeinsamer Plan ausgeheckt worden, wie man Schmidt loswerden könne.
Das Verfahren gegen Schmidt ist eingestellt und auch der Untersuchungsausschuss bringt keine wesentlich neuen Erkenntnisse. Die Diese eG kaufte die Häuser mit Darlehen der Investitionsbank, Bankkrediten und mithilfe der Mieter*innen, die Genossenschaftsmitglieder wurden. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung auf vernünftigen Grundlagen stand“, sagte Oltmann. Ebenso wie Schmidt verließ er sich auf einen Beschluss des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses, in dem der Willen bekundet wurde, der Diese eG IBB-Darlehen zukommen zu lassen. Weil diese erst sechs Monate später zustande kamen, stand die Diese eG lange auf der Kippe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren
Wahlprogramm der FDP
Alles lässt sich ändern – außer der Schuldenbremse
Tod des Fahrradaktivisten Natenom
Öffentliche Verhandlung vor Gericht entfällt
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
Migration auf dem Ärmelkanal
Effizienz mit Todesfolge