piwik no script img

Untersuchung zu KrebserkrankungenMehr Leukämieopfer in Bothel

Laut einer Studie sind Männer in einer niedersächsischen Gemeinde häufiger als gewöhnlich an Blutkrebs erkrankt. Ursache könnte die Erdgasförderung sein.

Der Exxon-Konzern betreibt Gasförderung in dem Dorf Söhlingen Bild: Reuters

HANNOVER taz | Der Verdacht, Erdgasförderung könne zu erhöhten Krebsraten führen, erhält durch eine Studie des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen neue Nahrung. Nachdem bekannt wurde, dass in der Samtgemeinde Bothel häufiger als gewöhnlich Leukämiefälle bei Männern auftreten, fordern Vertreter des niedersächsischen Landkreises Rotenburg an der Wümme weitere Untersuchungen. Seine Behörde werde „mit den Experten des Krebsregisters und des Landesgesundheitsamts über das weitere Vorgehen beraten“, sagte Landrat Hermann Luttmann.

Der Christdemokrat steht unter Druck: BürgerInnen des 1.400 Einwohner zählenden Dorfes Söhlingen in der Samtgemeinde Bothel glauben seit Langem an eine Krebsgefahr durch die Gasförderung, die der Ölkonzern Exxon dort betreibt. Die taz hatte Mitte August darüber berichtet.

Der Ort ist umgeben von Förderstellen, aus denen Lagerstättenwasser austritt. Dieses ist mit natürlich vorkommenden Giften wie Quecksilber und Benzol belastet, die in hoher Konzentration Krebs auslösen können. Das niedersächsische Bergbauamt sowie Exxon nahmen aber erst Proben, nachdem Umweltverbände massiv erhöhte Quecksilberwerte gemessen hatten.

Die jetzige Studie konnte den Verdacht der Gesundheitsgefährdung nicht vollständig ausräumen: Zwar erkranken auf dem Gebiet der Samtgemeinde Bothel nicht überdurchschnittlich viele Menschen etwa an Leber-, Lungen oder Brustkrebs. Bei Männern aber treten fast doppelt so viele Fälle von Blutkrebs auf wie im Landesdurchschnitt. Für die Jahre 2003 bis 2012 hatten die Statistiker 21,3 Neuerkrankungen erwartet. In der Gemeinde erkrankten jedoch 41 Männer an Blutkrebs.

Einen direkten Zusammenhang mit der Erdgasförderung aber will der Leiter des Kreisgesundheitsamts, Frank Stümpel, nicht ziehen: Weil anonymisierte Daten verwandt wurden, wisse er nicht, wo im Gemeindegebiet die Erkrankten wohnen – und ob gerade die Männer in Söhlingen besonders oft unter Leukämie leiden. „Aus den Zahlen kann nicht rückgeschlossen werden, was die Ursache der Krebserkrankungen sein könnte“, sagt Stümpel. Die Fachleute des Krebsregisters schlagen daher genaue Untersuchungen vor, bei denen auch Wohnorte und Arbeitsplätze der Erkrankten erfasst werden sollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wobei mir noch einfällt:

     

    Im LK Marburg-Biedenkopf gabs dazu auch mal eine Studie am dortigen Klinikum zur Häufung bestimmter Krebsarten die nach der Legende vom Land Hessen abgewürgt wurde.

     

    Kern der Problemzone lag in "Stadtallendorf", auch eine ehemalige Spengstofffabrik und Abfüllung die Heute fast völlig zivil überbaut ist.

     

    Und natürlich "sauber"!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • Ja das alte naturwissenschaftliche Problem: Kausalitätsanalyse.

     

    Korrelationen sind eben nur "Kindergarten", zumal zu den geogenen Problemen in Industriestaaten immer ein ganzer Cocktail an anthropogenen Substanzen kommt....

     

    Und manche Zusammenhänge werden bis Heute offiziell gerne ignoriert, wie es bei Krümmel offenkundig ist! Denn es "muss natürlich" das AKW sein, das dort über 4 Quadratkilometer eine Sprengstoffproduktion größten Ausmaßes stattfand, und noch immer "rotes Wasser" in die Elbe sickert, kann damit selbstverständlich nichts zu tun haben?

     

    Was gabs denn bei R./Wümme noch an Industrie/Militäranlagen?

     

    Glück auf!

     

    Karl