Bothel fordert Gas-Moratorium: Erhöhte Quecksilberwerte

In der niedersächsischen Gemeinde sind auffällig viele Männer an Blutkrebs erkrankt. Die Anwohner drängen auf Konsequenzen.

Mehr als 100 Gasförderstellen gibt es im Landkreis Rotenburg (Wümme). Bild: dpa

ROTENBURG taz | Nachdem bekannt wurde, dass in der niedersächsischen Gemeinde Bothel auffällig viele Männer an Blutkrebs erkrankt sind, haben Anwohner am Montag ein Moratorium für die Erdgasförderung in der Region gefordert. Da im Umfeld mehrerer Förderplätze erhöhte Quecksilberwerte bestätigt wurden, halten sie es nicht für ausgeschlossen, dass hier die Ursache der Erkrankungen liegt.

Der Landkreis Rotenburg wollte bei einem Infoabend die in der vergangenen Woche veröffentlichten Ergebnisse der Studie des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) erklären. Die Studie bestätigte, was viele hier längst ahnten: In der Samtgemeinde Bothel erkranken Männer deutlich häufiger an Blutkrebs als anderswo – vor allem am multiplen Myelom, am Non-Hodgkin-Lymphom und an Leukämien.

Für die Jahre 2003 bis 2012 haben die Statistiker bei Männern 21,3 Neuerkrankungen erwartet. Tatsächlich wurden 41 Männer krank.

„Das ist höchst auffällig und sehr selten“, sagte Joachim Kieschke, der Leiter der EKN-Studie. „Solche Ergebnisse kennen wir nur aus Regionen, in denen die Männer in belasteten Berufen arbeiten“, sagte Kieschke. Im Landkreis Rotenburg gibt es mehr als 100 Gasförderstellen, an denen Lagerstättenwasser austritt, das mit in der Natur vorkommenden Giften wie Quecksilber und Benzol belastet ist. Diese Stoffe können in hohen Dosen Krebs auslösen.

Der lokale Nabu-Verband hatte unweit zweier Förderplätze 40- bis 70-fach überhöhte Quecksilberwerte gemessen. Im Juli bestätigte das niedersächsische Landesbergamt die Werte – und forderte Betreiber Exxon Mobil zu weiteren Untersuchungen auf.

„Wir wollen aber nicht auf die Ergebnisse warten“, sagte Roland Meyer vom Nabu Rotenburg. Das Prinzip müsse umgekehrt werden: Exxon Mobil müsse so lange die Förderung einstellen, bis der Verdacht ausgeräumt sei.

Ursache noch unbekannt

„Die Zahlen des Krebsregisters sagen über die Ursachen der Erkrankungen nichts aus“, sagte dagegen Kieschke. Bis zu einer Gesetzesänderung beruhten die gemeldeten Fallzahlen auf Daten von Pathologen und auf freiwilligen Angaben von Betroffenen.

Bis Ende 2012 lagen dem EKN im Schnitt also nur rund 50 Prozent der Fälle über vollzählige und vollständige Meldungen vor. Zudem sind die Daten anonymisiert – über Wohnort oder Arbeitsplatz wisse man nichts, sagte Kieschke. Eine Möglichkeit wäre, dass sich die Betroffenen bei den Behörden melden.

„Die vielen Krebserkrankungen und die auffälligen Quecksilberwerte sollten für ein Moratorium reichen“, sagte die Ärztin Angela von Beesten. Rotenburgs Landrat Hermann Luttmann (CDU) sagte, da sei das Land zuständig. Er kündigte an, der Landkreis werde weiter nach der Ursachen für die Erkrankungen suchen – wenn möglich, auch über die Kreisgrenzen hinaus.

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