Unterhalt für Trennungskinder: Giffey will Väter besserstellen
Die Familienministerin will die Unterhaltsfrage neu angehen. Die aktuelle Regelung sei unzeitgemäß und bilde vielfach die Realität nicht mehr ab.
Aus Giffeys Sicht ist es eine gute Sache, dass nach Trennungen immer mehr Väter weiter die Erziehungsverantwortung tragen wollten. „Wir brauchen deshalb sowohl eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts als auch Änderungen im Unterhaltsrecht, die möglichst viel Flexibilität für verschiedene Betreuungsmodelle lassen.“ Der Staat könne dafür aber keine allgemeinverbindliche Lösung vorschreiben, sagte Giffey.
Sie sprach sich insbesondere gegen Forderungen der FDP nach einem sogenannten Wechselmodell für Trennungskinder aus, bei dem diese zum Beispiel eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater wohnen.
Nach einer Trennung der Eltern leistet der Elternteil, bei dem das Kind lebt, seinen Beitrag zum Unterhalt meistens durch Pflege, Betreuung und Erziehung, wie es auf der Seite des Familienministeriums heißt. Der andere Elternteil müsse dann seinen Beitrag „normalerweise dadurch leisten, dass er regelmäßig einen Geldbetrag zahlt“. Richtlinie für die Höhe des Unterhaltsanspruchs ist die sogenannte Düsseldorfer Tabelle, die nach Nettoeinkommen und Alter der Kinder differenziert. Sie ist jedoch für die Gerichte nicht bindend – mit Blick auf die Umstände des Einzelfalls kann dem Justizministerium zufolge davon abgewichen werden.
Das geltende Recht geht vom „Residenzmodell“ aus
Mütter und Väter, die ihre Kinder allein großziehen, leben häufig unter prekären finanziellen Bedingungen. Das Armutsrisiko von Alleinerziehenden liegt weit über dem Bevölkerungsdurchschnitt. Zahlt der andere Elternteil keinen Unterhalt, können Alleinerziehende vom Staat einen Unterhaltsvorschuss bekommen. Nur selten kann dieser vom säumigen Elternteil zurückgeholt werden.
Trennen sich heutzutage Eltern, ist es nicht mehr ausgemacht, dass das Kind bei der Mutter bleibt und der Vater Unterhalt zahlt („Residenzmodell“). Es gibt viele Zwischenlösungen und auch Trennungseltern, die sich die Betreuung des Kindes ungefähr hälftig teilen. Das Problem: Das geltende Recht geht vom „Residenzmodell“ als Leitbild aus.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), forderte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag), das Kindeswohl dürfe bei einer Reform des Unterhaltsrechts nicht vernachlässigt werden. Lösungen, bei denen Konflikte der Eltern auf dem Rücken der Kinder ausgetragen würden, müssten vermieden werden, sagte Frei. Er verwies auf den Koalitionsvertrag: Nach diesem wollten Union und SPD stärker berücksichtigen, dass zumeist „beide Elternteile nach einer Trennung oder Scheidung intensiv die Erziehung ihrer Kinder weiterhin mitgestalten wollen“.
Die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Katja Suding findet das Modell, wonach einer zahlt und der andere betreut, ebenfalls für viele „nicht mehr zeitgemäß“, wie sie den Funke-Zeitungen sagte. Sie forderte aber, es müssten neben dem Unterhaltsrecht auch das Sozialrecht, das Steuerrecht, das Rentenrecht sowie die Regelungen zur rechtlichen Vertretung des Kindes überprüft werden. Anpassungen seien da nötig, „wo individuelle Lösungen von elterlicher Betreuung und Kindesaufenthalt es notwendig machen“.
Die Familienministerin kündigte auch eine Reform des Elterngelds an, damit Väter mehr Zeit mit ihren Babys verbringen können. Zwar sei der Anteil der Männer, die sich zu Hause um ihre Neugeborenen kümmerten, seit Einführung des Elterngeldes vor zwölf Jahren von 3 auf heute über 35 Prozent gestiegen. Aber „das Rad dreht sich weiter, und mit ihm die Wünsche und Erwartungen von Eltern“, sagte Giffey. Ihr Vorschlag komme noch in diesem Jahr auf den Tisch.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Wohnungslosigkeit im Winter
Krankenhaus schiebt Obdachlosen in die Kälte