Unruhen in Äthiopien: Protest gegen Abiy Ahmed
Kaum bekommt Äthiopiens Regierungschef den Nobelpreis, erregt seine Politik Protest in der Heimat. 12 Menschen starben bei Unruhen.
Die Behörden verneinen das, aber Hunderte vor allem junge Anhänger Jawars gingen noch in der Nacht zu Mittwoch in seinem Wohnviertel in der Hauptstadt Addis Abeba auf die Straße und skandierten „Weg mit Abiy“.
Am Tag dehnten sich die Proteste auf mehrere Städte aus. Nach Angaben der Demonstranten wurden bis Donnerstagmittag zwölf Menschen getötet und Dutzende verwundet.
Bei den Protesten wurden auch Exemplare von Abiys Buch „Medemer“ verbrannt. Das Buch wurde publiziert und im ganzen Land verteilt, kurz nachdem Abiy vor zwei Wochen den Friedensnobelpreis zugesprochen bekommen hatte. Darin erklärt der für seine Friedens- und Reformpolitik prämierte Regierungschef seine politische Philosophie und seine Pläne für Äthiopien. Gegner von Abiy meinen, es sei ein Zeichen von Größenwahnsinn.
Keine ethnische Dimension
Jawar ist ein Journalist und Medienunternehmer, geboren in Äthiopien. Er zog unter der vorherigen autoritären Führung in die USA und nahm die dortige Staatsangehörigkeit an. Seit Abiy im April 2018 Ministerpräsident von Äthiopien wurde, hat er Tausende inhaftierte Regierungskritiker freigelassen und Oppositionsführer im Ausland gebeten heimzukehren.
Jawar, der sich in den USA mit kritischen Onlinepublikationen über Äthiopien einen Namen gemacht hatte, nahm die Einladung an, aber behielt auch nach seiner Rückkehr seine kritische Haltung.
Das reichte Abiy jetzt offensichtlich. Am Dienstag sagte er im äthiopischen Parlament: „Die Medienunternehmer, die kein äthiopischen Pass haben, wollen beides haben, auch wenn es nur eine Möglichkeit gibt. Wenn es Frieden ist, wollen sie hier sein – wenn es Schwierigkeiten gibt, sind sie nicht hier!“
Bemerkenswert ist, dass die neue Protestwelle keine ethnische Dimension hat. Sowohl Abiy als auch Jawar und die Jawar-treuen Demonstranten gehören zu Äthiopiens größter Volksgruppe der Oromo.
Jawar ist für Abiy ein einflussreicher Gegner gerade an seiner eigenen Basis, der Oromo-Jugend. Er hat 1,75 Millionen Follower auf Facebook und kann sehr schnell mobilisieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“