Unregelmäßigkeiten bei Organspenden: Uniklinik bleibt unter Beschuss

Das UKE gibt Aktenschlampereien zu, bestreitet aber vehement für mehr Lungentransplantationen manipuliert zu haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt

Schwere Vorwürfe: Wurden vor Jahren Transplantationslisten manipuliert? Foto: Sören Stache/dpa

HAMBURG taz | Die Staatsanwaltschaft ermittelt, die Gesundheitsbehörde prüft. Die von der NDR-Sendung Panorama 3 und der taz aufgedeckten Unregelmäßigkeiten bei der Dokumentation von Lungentransplantationen im Universitätsklinikum Eppendorf (UKE) und der Vorwurf, das UKE habe Patientenakten manipuliert, um mehr Organverpflanzungen durchzuführen, lösten in Hamburgs Behörden hektische Reaktionen aus. Der erste Tenor: Aktenschlampereien hat es gegeben, gefälschte Krankenbefunde aber nicht.

Am Dienstag veröffentlichten Panorama 3 und die taz die Ergebnisse eines offiziellen Prüfberichts über das Lungentransplantationsprogramm, bei dem das UKE mit der Lungenclinic Großhansdorf zusammenarbeitet. Die von der Ärztekammer bestellten Gutachter formulierten in ihrem Bericht schwere Anschuldigungen.

So sollen in 14 Fällen der Organ-Vermittlungsstelle „Eurotransplant“ vom UKE Falschinformationen über den Gesundheitszustand von Lungenpatienten übermittelt worden sein. Um an die begehrten Spenderorgane zu kommen, seien Blutwerte so korrigiert worden, dass diese auf eine akute Lebensbedrohung der Patienten hindeuteten. Krankenakten, die Aufklärung hätten bieten können, waren „unauffindbar“. Die Prüfkommission äußerte den Verdacht, „dass auf diese Weise systematisches Fehlverhalten der beteiligten Ärzte vor Entdeckung bewahrt werden sollte“.

Das UKE räumt zwar Dokumentationsfehler ein, verwahrt sich aber gegen den Vorwurf der Manipulation. Die Oberstaatsanwältin Nana Frombach teilte mit, ihre Behörde habe „gegen unbekannte Mitarbeiter des UKE ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterdrückung von Urkunden eingeleitet“. Geprüft würden auch die Manipulationsvorwürfe, hier stünden die Ermittlungen aber noch ganz „am Anfang“.

Über die Vergabe von Transplantationsorganen entscheidet allein die Koordinierungsstelle „Europlant“ – auf Grundlage der ihr von den Transplantationszentren zur Verfügung gestellten Patientenakten. Schwer kranke Patienten haben dabei Vorrang.

Bereits 2012 gab es einen bundesweiten Transplantationsskandal: Ärzte an mehreren Krankenhäusern hatten Patientendaten manipuliert und so die Vergabe von Spenderlebern beeinflusst. In Hamburg wurden keine Verstöße festgestellt.

Infolge des Transplantationsskandals brach die Bereitschaft, Organe zu spenden, bundesweit ein. Zusätzliche Kontrollen sollten Tricksereien verhindern.

Die Gesundheitsbehörde, der genau wie der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe seit Mitte Oktober bekannt sind, berichtet, sie habe die angeschuldigten Ärzte sofort einbestellt und um lückenlose Aufklärung ersucht. Die umfangreiche Stellungnahme des UKE werde derzeit ausgewertet. Auch die Behörde räumt Aktenschlamperei am UKE ein, nimmt aber bislang keine Stellung dazu, ob das UKE Befunde manipuliert habe.

Die Fraktionen von SPD und Grünen haben das Thema nun auf die Tagesordnung des Gesundheitsausschusses am 24. November gesetzt. Sie fordern, gemeinsam mit der CDU, eine „lückenlose und zügige Aufklärung“ der Vorwürfe. Denn nicht nur Deniz Celik (Die Linke) weiß, dass durch „solche Skandale die Spendenbereitschaft der Menschen weiter sinkt“.

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